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gwf Wasser/Abwasser Wasserzähler auf dem Prüfstand (Vorschau)

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| INTERVIEW |<br />

Wollte man das Niveau angleichen,<br />

also beispielsweise in Marokko<br />

deutsche Standards durchsetzen,<br />

müsste man sich zuerst fragen, was<br />

sinnvoll und nachhaltig ist. Ist es<br />

wirklich der Weisheit letzter Schluss,<br />

eine kosten<strong>auf</strong>wändige Infrastruktur<br />

<strong>auf</strong>zubauen, um dann <strong>Wasser</strong>,<br />

das in solchen Ländern ein knappes<br />

Gut ist, in Trinkwasserqualität zum<br />

Bewässern und Toilettenspülen zur<br />

Verfügung zu stellen?<br />

<strong>gwf</strong>: Ist es also gar nicht sinnvoll,<br />

überall die gleichen wassertechnischen<br />

Standards einführen zu wollen?<br />

Graß: Doch, aber nach meinem Verständnis<br />

ist es wichtig, mit Rücksicht<br />

<strong>auf</strong> die regional unterschiedlichen<br />

Voraussetzungen und Erwartungen<br />

saubere und argumentativ<br />

begründete Lösungen zu finden.<br />

Wir müssen ein neues Gleichgewicht,<br />

eine zukunftsweisende Balance<br />

zwischen den verschiedenen<br />

gesellschaftlich geprägten Verhaltensmustern<br />

und Anforderungen<br />

herstellen, ohne einfach immer wieder<br />

in das Muster nationaler Regulierung<br />

zu verfallen.<br />

Dies ist keine Einbahnstraße: Bei<br />

näherer Betrachtung wird man<br />

überraschende neue Konstellationen<br />

entdecken – etwa dass Schwellenländer<br />

ganze Entwicklungsphasen<br />

überspringen. Nehmen Sie zum<br />

Beispiel andere infrastrukturgebundene<br />

Technologien wie die Telekommunikation:<br />

Kein Mensch käme<br />

heutzutage <strong>auf</strong> die Idee, in einem<br />

sich entwickelnden Land ein flächendeckendes,<br />

fest verdrahtetes<br />

Telekommunikationsnetz <strong>auf</strong>zubauen.<br />

Dort wird gleich hochleistungsfähige<br />

Mobilkommunikation<br />

installiert, mit einem teils deutlich<br />

dichteren Netz als in Deutschland.<br />

In einigen technologisch sehr fortschrittlichen<br />

Ländern wird beispielsweise<br />

im <strong>Wasser</strong>bereich intensiv<br />

an weitgehend geschlossenen<br />

Trinkwasserkreisläufen gearbeitet –<br />

ein Thema, gegen das es sicher bei<br />

uns noch gewisse Vorbehalte gibt.<br />

Umgekehrt haben wir bei der Kreisl<strong>auf</strong>führung<br />

von Industriewasser in<br />

den letzten Jahren weltweit Vorbildliches<br />

geleistet. Wichtig ist, sich<br />

solchen Entwicklungen zu öffnen,<br />

<strong>auf</strong>geschlossen gegenüber neuen<br />

Ideen und Partnerschaften zu sein<br />

und dabei mögliche Risiken auch<br />

als Chancen zu begreifen.<br />

<strong>gwf</strong>: Auf der einen Seite sind dies<br />

mögliche Chancen für die deutsche<br />

Wirtschaft <strong>auf</strong> internationalen Märkten.<br />

Sehen Sie andererseits die Notwendigkeit,<br />

dass sich auch der deutsche<br />

<strong>Wasser</strong>markt den Aktivitäten internationaler<br />

Unternehmen öffnen<br />

sollte?<br />

Graß: Das ist eine absolut legitime<br />

Frage – gerade angesichts der aktuellen<br />

Diskussion um die deutschen<br />

Exportüberschüsse. Schließlich haben<br />

wir ja in den letzten 30 Jahren<br />

enorm davon profitiert, dass ganz<br />

Europa deutsche Autos fährt und<br />

deutsche Maschinen einsetzt. Wir<br />

können nicht von unseren Partnerländern<br />

erwarten, dass sie es akzeptieren,<br />

wenn wir bestimmte Teilmärkte<br />

verschlossen halten. In Europa<br />

gibt es sehr viele gut qualifizierte<br />

Menschen und sehr viele erfolgreiche<br />

Unternehmen, die auch einen<br />

Teil vom Kuchen haben wollen.<br />

<strong>gwf</strong>: Die <strong>Wasser</strong>branche sollte sich<br />

also <strong>dem</strong> Wettbewerb stellen …?<br />

Graß: Für die Industrie hat dieser<br />

Wettbewerb ja durchaus etwas<br />

Sportliches. Statt zu klagen, sollten<br />

wir uns lieber mit den Spielregeln<br />

vertraut machen und unseren Beitrag<br />

zur Entwicklung dieser europäischen<br />

und internationalen Spielregeln<br />

leisten. Sonst besteht die<br />

Gefahr, an Wettbewerbsfähigkeit zu<br />

verlieren.<br />

Eines der großen Probleme beim<br />

Export deutscher <strong>Wasser</strong>technik besteht<br />

aber darin, dass Kunden nicht<br />

nur Produkte k<strong>auf</strong>en, sondern auch<br />

das Know-how für deren Einsatz er-<br />

Dipl.-<br />

Wirtschafts-<br />

Inge nieur<br />

Gotthard Graß,<br />

Hauptgeschäftsführer<br />

der Bundesvereinigung<br />

der<br />

Firmen im<br />

Gas- und <strong>Wasser</strong>fach<br />

e.V.,<br />

figawa, Köln.<br />

© Christine Ziegler<br />

▶▶<br />

April 2014<br />

<strong>gwf</strong>-<strong>Wasser</strong> <strong>Abwasser</strong> 373

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