Observieren â Sondieren â Regulieren - Institut für Philosophie ...
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Sicherheitsforschung der Nanotechnologien zu leisten, konstant gehalten. Zugrunde gelegt<br />
wird der in der naturwissenschaftlich-technischen Risiko- und Sicherheitsforschung übliche<br />
Begriff von ‚Risiko = Gefahr x Exposition’ (vgl. Krug 2006). In der Praxis müsste sich ein<br />
reflexives Urteilsverfahren jedoch auch mit den unterschiedlichen Risikokonzepten auseinandersetzen,<br />
die je nach gesellschaftlichem Bereich – z.B. Versicherungen, Investment, Medienöffentlichkeit,<br />
Natur- und Sozialwissenschaften – verwendet werden. Die soziologische<br />
Risikoforschung hat darauf hingewiesen, dass es einen wesentlichen Unterschied bedeutet, ob<br />
z.B. ‚Risiko’ wie in der technischen Sicherheitsforschung das Gegenteil von ‚Sicherheit’ bedeutet;<br />
ob ‚Risiko’ z.B. in Politik und Wirtschaft vorrangig eine ‚Entscheidungskategorie’ ist;<br />
oder ob ‚Risiko’ für die von den Entscheidungen Anderer betroffenen, an ihnen aber nicht<br />
beteiligten Bürger immer eine potentielle ‚Gefahr’ darstellt (vgl. z.B. Japp 2000; Luhmann<br />
1993; Krohn&Krücken 1993). Diese Unterschiede in den Risikokonzeptionen können zu Störungen<br />
von Verständigungsprozessen führen. Die Dominanz der einen – naturwissenschaftlich-technischen<br />
– Risikokonzeption gegenüber anderen Konzeptionen kann auch für die Herstellung<br />
von Bürgervertrauen in Innovationen und Regulierungen hinderlich sein. Durch eine<br />
nur zusätzliche Berücksichtigung ‚gesellschaftlich-subjektiver Risikowahrnehmungen’ bei der<br />
Vermittlung ‚wissenschaftlich-objektiver Risiken’ wird diese Asymmetrie nicht aufgehoben<br />
(kritisch dazu Wynne 1993; zu Alternativen Felt&Wynne 2007).<br />
1.4. <strong>Observieren</strong>, <strong>Sondieren</strong> und <strong>Regulieren</strong> (neue Anforderungen)<br />
Die Bestandsaufnahmen zur Regulierungsdebatte und bestehenden Regulierungsinitiativen im<br />
zweiten Kapitel arbeiten Erweiterungen der gesetzlichen Regulierung durch drei sich ergänzende<br />
Vorsorgemodelle heraus:<br />
Projekte permanenter Observation wissenschaftlich-technischer Entwicklungen (Modell<br />
Beobachtung; vgl. Kap. 2.3.1.),<br />
Initiativen zu einem Code of Conduct der Industrie (Modell Selbstregulierung, vgl. Kap.<br />
2.3.2.) und<br />
Multi-Stakeholder-Dialoge (Modell: Dialogverfahren; vgl. Kap. 2.3.3.).<br />
In der Analyse der drei Modelle zeigt sich deren Begrenztheit im Umgang mit den in den<br />
Problemdiagnosen (vgl. Kap. 1.2.) dargelegten systematischen Wissensgrenzen. Betont wird<br />
u.a. die Unzulänglichkeit der Modelle für die Erzeugung von Bürgervertrauen in Innovationsprozesse,<br />
bei denen Unsicherheiten im Vorfeld nicht ausgeschlossen werden können (vgl.<br />
Kap.2.4.). Dagegen kann ein reflexives Urteilsverfahren die Begrenztheiten dieser Modelle<br />
integrativ durch die Einrichtung einer Raster-Sonden-Agentur (R-S-A) als einer ansprechbaren<br />
Instanz öffentlicher Aufmerksamkeit, politischer Transparenz und Möglichkeit der Intervention<br />
in Innovationsprozesse überwinden (vgl. Kap. 3.).