Observieren â Sondieren â Regulieren - Institut für Philosophie ...
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Das gesellschaftliche Vertrauen in diese Form der Selbstregulierung könnte befördert<br />
werden, wenn ein solcher Code nicht von der Industrie alleine, sondern aus einem Konsortium<br />
unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure entwickelt und die Einhaltung von einem als<br />
‚neutral’ wahrgenommenen Dritten überwacht würde. Doch gerade ein geeigneter Dritter<br />
scheint schwer bestimmbar zu sein. Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Selbstregulierung<br />
erscheinen als Zentralproblem der gesellschaftlichen Legitimierung der weitgehend in geschlossenen<br />
Expertengruppen erarbeiteten Codes, welche allesamt auch eine Verantwortungsabgabe<br />
des Gesetzgebers an Privatinteressen implizieren. Auch bei einer Überwachung der<br />
Einhaltung des Codes durch einen geeigneten Dritten verbleibt das Problem mangelnder öffentlicher<br />
Aufsicht. Eine politische Transparenz ist in diesem System nicht gewährleistet:<br />
unter anderem, weil die genauen Zielsetzungen der zahlreichen Varianten von Codes of Conduct<br />
sehr unübersichtlich sind und keinen einheitlichen Maßstab besitzen. Interventionsmöglichkeiten<br />
von außen bei Unzulänglichkeiten der Codes oder Nichtbefolgung sind sehr begrenzt.<br />
Zudem wird bei dieser Art wissensbasierter Selbstregulierung noch kein gesellschaftlich<br />
verantwortbarer Umgang mit – sich gerade im Produktionsprozess zeigenden – systematischen<br />
Wissensgrenzen (vgl. Kap. 1.2.) entwickelt. Unser Modell einer Raster-Sonden-Agentur<br />
(R-S-A) wird dagegen sowohl das in den Wissensgenerierungen der Codes of Conduct als<br />
auch das Wissen über systematische Wissensgrenzen in ein reflexives Urteilsverfahren integrieren<br />
(vgl. Kap. 3.3.).<br />
2.3.3. Dialog<br />
Zu einem am Vorsorgegedanken (vgl. Kap. 2.2.4.) orientierten Umgang mit Nanotechnologien<br />
werden national und international initiierte Diskursverfahren gerechnet, in denen sich<br />
Experten bzw. Stakeholder aus vielen gesellschaftlichen Bereichen – z.B. Wissenschaft, Industrie,<br />
Versicherer, Gewerkschaften, Behörden, Verbänden, NGOs, Konsumenten, Bürger –<br />
je nach Verfahren in unterschiedlicher Form über die Chancen, den Nutzen und die Risiken<br />
und ggf. notwendigen gesetzlichen Regulierungsmaßnahmen verständigen. 11 Diese Dialoge<br />
legitimieren die vor- und selbstregulatorischen Maßnahmen durch Observatorien und Codes<br />
of Conduct der Industrie.<br />
Beispiele<br />
a. Multi-Stakeholder-Dialoge<br />
Multi-Stakeholder-Dialoge sollen zum einen aufgrund des gegenseitigen Austausches von<br />
Fachwissen und Erfahrungen einer besseren Abschätzung der Chancen bestimmter Produktentwicklungen<br />
sowie der gesundheitlichen, umweltbezogenen und sozialen Risiken dienen.<br />
Zum anderen soll der Verständigungsprozess mit möglichst vielen Repräsentanten aus den<br />
11 Z.B. BMU 2007c; zu vorangegangenen BMU Stakeholderdialoge zu synthetischen Nanopartikeln vgl. Löchtefeld<br />
2005 und: www.dialog-nanopartikel.de; zu OECD-Workshops z.B. Dubbert 2005; zum VCI-Stakeholderdialog<br />
Grobe 2005; zu EU-Dialogen Grobe 2007; zur Bedeutung der Dialogverfahren im EU-Aktionsplan 2005-<br />
2009 Hellsten 2005.