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Observieren – Sondieren – Regulieren - Institut für Philosophie ...

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Während der Verhandlungsprozesse wurde REACh von Umweltorganisationen und<br />

Verbraucherbehörden wegen der zu erwartenden Wissensgenerierung und der Übertragung<br />

von mehr Verantwortung auf die chemische Industrie begrüßt (z.B. BUND 2005). Seitens der<br />

Industrie und ihrer Verbände wurde dagegen diese Verantwortungsübernahme (eigenes ‚Risk-<br />

Assessement’ und ‚Risk-Management’ in der Kette) als zu hoher bürokratischer Aufwand<br />

kritisiert; man forderte stärkere ordnungsrechtliche Steuerungen durch eine ansprechbare Instanz<br />

in Form einer prüfenden und entscheidenden Zentralbehörde (Führ&Lahl 2005: 9; VCI<br />

2005). Der Kompromissbeschluss von Ende 2006 versucht durch eine Mischform aus klassisch-regulatorischen<br />

und selbst-regulatorischen Elementen beiden Ansprüchen entgegen zu<br />

kommen (Lahl 2006c).<br />

Politik- und rechtswissenschaftliche Diskussionen zu REACh heben gerade diese<br />

Mischform als Innovation einer ‚hybriden Governance’ in der Chemikalienregulierung hervor<br />

(z.B. Hey et al. 2006). Das neue Governance-Modell REACh kombiniere Mechanismen öffentlicher<br />

Risikokommunikation und obligatorischer Selbstregulierung der Produzenten mit<br />

einem traditionellen regulatorischen Kern: Verpflichtung der Datenübermittlung und Sanktionen<br />

sowie kooperative Prozeduren und Abläufe (ebd.: 6). REACh wird als Vorbild einer<br />

neuen Form der Regulierung diskutiert, die herkömmliche Formen der gesetzlichen Regulierung<br />

bei Weitem überschreite: Das Modell REACh basiere auf kooperativen und fortlaufenden<br />

Wissensproduktionen der beteiligten Akteure. Gesichert würden diese Wissensproduktionen<br />

nicht so sehr durch die Androhung gesetzlicher Sanktionen, sondern durch das eigenverantwortliche<br />

Handeln der Akteure und die Überwachung ihres Handelns durch sie selbst<br />

(Marktgesetze). Die Registrierungen und Zulassungen durch die Kontrollbehörde stellten lediglich<br />

einen äußeren gesetzlichen Rahmen dieser Aktivitäten dar (ebd.).<br />

Am Beispiel des UBA-Rechtsgutachtens wurde bereits gezeigt, dass die Anwendbarkeit<br />

und Anpassungsnotwendigkeit von REACh bezüglich der Regulierung von Nanomaterialien<br />

ein wichtiges Thema der Debatte zur Regulierung der Nanotechnologie ist (vgl. 2.2.2.;<br />

vgl. auch Gergely 2007). Eignen soll sich REACh prinzipiell aufgrund seiner Registrierungspflichten<br />

in der gesamten Wertschöpfungskette und der durch diesen Wissenserwerb zukünftig<br />

ermöglichten Einschätzung von Risiken eines chemischen Stoffes in verschiedenen Nanoformaten<br />

(z.B. Beyerlein 2006a+b, Berger 2007). Gegenwärtig gilt REACh jedoch als ungeeignet<br />

(z.B. Claus&Lahl 2006; Gergely 2007; Lahl 2005). Wie bereits anhand des UBA-<br />

Rechtsgutachtens dargelegt, kann die in REACh angelegte Kombination von Gesetz, Wissenserwerb,<br />

Selbstregulierung und Verständigung noch nicht greifen. Denn im Vergleich zu<br />

makroskopischen Chemikalien, die unter REACh registriert werden, ist – u.a. aufgrund des<br />

Fehlens einer nanospezifischen Nomenklatur, fehlender einheitlicher Standardisierungsverfahren,<br />

fehlender geeigneter toxikologischer Tests als Grundlage zur Ermittlung der Exposition<br />

von Partikeln in Mensch und Umwelt – nicht einmal der Gegenstand definiert, der unter<br />

REACh reguliert werden könnte (vgl. die unter 2.2.2. diskutierte CAS-NP Problematik). Das<br />

Vorbild REACh bleibt somit unerreichbar.

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