Observieren â Sondieren â Regulieren - Institut für Philosophie ...
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Risiko-Managements und ggf. der gesetzlichen Regulierung (z.B. durch Produktkennzeichnungen)<br />
erst möglich macht. Ein derart gestaltetes gesetzliches Regulatorium ist damit erst<br />
das nachträgliche Ergebnis prozesshafter und ‚regulatorischer’ Praktiken, die weitgehend von<br />
den unterschiedlichen beteiligten Akteuren selbst organisiert werden und mit den Prinzipien<br />
klassisch-gesetzlicher Regulierung (wie Rechtssicherheit, öffentliche Aufsicht und politische<br />
Transparenz und Intervention) wenig gemeinsam haben.<br />
2.2.3. REACh als Vorbild einer erweiterten Regulierungskonzeption<br />
An der Diskussion um die Regulierung der Nanotechnologie durch REACh zeigt sich, welche<br />
Probleme eine Anpassung bestehender Regularien aufwirft; deutlich werden sowohl die Beschränktheiten<br />
gesetzlicher Regulierung als auch die Ausweitungen von Regulierungskonzepten,<br />
mit denen man den umfassenden Sicherheitsansprüchen an Nanotechnologien zu begegnen<br />
versucht.<br />
REACh wurde während des parlamentarischen Entscheidungsprozesses zwischen<br />
2005 und Ende 2006 kontrovers zwischen Politik, Industrie, Verbänden und NGOs diskutiert:<br />
Für die Befürworter stellt REACh ein neues innovatives Regulierungssystem dar, dessen Potenzial<br />
erstens darin liege, die Industrie zu einem eigenverantwortlichen Umgang mit chemischen<br />
Soffen bewegen zu können – im Sinne einer Risikominimierung durch die Herstellung<br />
bzw. Verwendung von unbedenklichen Stoffen. Dazu werde durch REACh die herkömmliche<br />
Beweislast umgekehrt: Nicht die Regulierungsbehörden müssten, bevor sie einen gefährlichen<br />
Stoff verbieten wollten, dessen Schädlichkeit nachweisen, sondern die „Stoffverantwortlichen“<br />
(in REACh die Hersteller und Importeure) dessen Unbedenklichkeit. Nach dem Motto:<br />
„Ohne Daten kein Markt“, hätten die Stoffverantwortlichen vor der Vermarktung eines Stoffes<br />
nicht nur umfangreiche Daten über den Stoff, sondern auch über seine Anwendungs- und<br />
Verwendungsmöglichkeiten in der gesamten Wertschöpfungskette zu liefern (vgl. z.B.<br />
Führ&Lahl 2005; Lahl&Hawxwell 2006). Hierzu müssten sie selbst Risikobewertungen<br />
durchführen und deren Ergebnisse gegenüber den Anwendern (Downstream Usern) kommunizieren.<br />
Da somit die durch REACh registrierten Daten auch Informationen über die Risiken<br />
bestimmter Stoffe bei bestimmten Anwendungen umfassen, produziere REACh bspw. bei den<br />
Anwendern schon aufgrund deren Haftung für gefährliche Endprodukte einen Substitutionsanreiz,<br />
auf unbedenkliche Stoffe anderer Hersteller auszuweichen (ebd.).<br />
Den zweiten Vorteil von REACh sehen die Befürworter deshalb in der in das Regulierungssystem<br />
integrierten Risikominderung. Im Gegensatz zur lückenhaften alten Altstoffregistrierung<br />
in EINECS liege der dritte Vorteil schließlich in der fortlaufenden und damit dynamischen<br />
Produktion von Daten über die Bedenklichkeit und Unbedenklichkeit von Stoffen<br />
in ihrer jeweiligen Verwendungsform und Produktverwendung (vgl. Umweltbundesamt-AT<br />
2006, Lahl o.J.). Diese Wissensgenerierung soll schließlich die Information über die Bedenklichkeit<br />
eines Produktes durch den Verbraucher (bis hin zum Supermarktkunden) ermöglichen<br />
(vgl. z.B. Führ&Lahl 2005; Lahl&Hawxwell 2006).