Observieren â Sondieren â Regulieren - Institut für Philosophie ...
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men somit ausschließlich auf die Stoffproblematik, die nur eine von vielen Dimensionen des<br />
Gesamtphänomens ‚Nanotechnologie’ darstellt (dazu Kap. 2.2.1. sowie 1.2.). Eine am ‚Vorsorgegedanken’<br />
orientierte Nano-Regulierung würde – vergleichbar dem Vorbild REACh –<br />
das regulierungsrelevante Wissen fortlaufend und begleitend zum Forschungs-, Entwicklungs-<br />
und Herstellungsprozess generieren. Dies würde durch freiwillige oder erzwungene<br />
Datenablieferung der Industrie nebst zentraler Auswertung erreicht (vgl. dazu auch die<br />
Ziele des Stewardship-Program der US-amerikanischen Environmental Protection Agency<br />
(EPA): http://www.epa.gov/oppt/nano/#stewardship; vgl. in Groß Britannien:<br />
http://www.defra.gov.uk/environment/nanotech/policy/). Dieses Wissen würde in Kooperation<br />
zwischen Forschung, Politik und Industrie produziert und seine Nutzung durch eigenverantwortliches<br />
Handeln der Industrie (Risikominimierung z.B. durch Substitution) abgesichert.<br />
Da aber aufgrund des enormen Nicht-Wissens zukünftige Risiken nicht nur nicht ausgeschlossen,<br />
sondern erst gar nicht quantifiziert werden können, müssten in diese Maßnahmen<br />
gesellschaftliche Verständigungsprozesse (Stakeholder-Dialoge) eingebaut werden, die eine<br />
weitere industrielle Umsetzung hoch-unsicherer Nanotechnologien gesellschaftlich legitimieren<br />
und akzeptabel machen (vgl. z.B. Wilson 2006; Schomberg 2006). Mit Regulierung haben<br />
diese – sich über den Vorsorgegedanken legitimierenden – Maßnahmen jedoch wenig zu tun.<br />
Sie vollziehen sich innerhalb eines regulatorischen Rahmens, in dem nur die Ergebnisse der<br />
Maßnahmen anhand der Datensammlungen transparent sind. Die Praxis der Maßnahmen<br />
selbst bleibt politisch und öffentlich untransparent.<br />
Die am Beispiel REACh diskutierten Maßnahmen einer ‚hybriden’ Governance sind<br />
als Maßnahmen einer ausgeweiteten gesetzlichen Regulierung einzustufen. Sie werden im<br />
Fall der ‚Nanotechnologie’ seit Kurzem teilweise koordiniert, teilweise separat im internationalen<br />
Kontext praktiziert. Permanente Wissenserweiterung und Wissens(neu)bewertung, flexible<br />
Selbstregulierung der Industrie und Legitimation erzeugende Dialogverfahren werden<br />
als vom ‚Vorsorgegedanken’ geleitete Maßnahmen präsentiert. Eine Anwendung des Vorsorgeprinzips<br />
stellen sie ebenso wenig dar wie Instrumente der Regulierung. Wir bezeichnen sie<br />
als Maßnahmen einer ‚erweiterten Regulierungskonzeption’.<br />
Maßnahmen einer erweiterten Regulierungskonzeption<br />
1. Erstens werden Observatorien als Orte des Erwerbs, der Systematisierung und<br />
Standardisierung des Wissens eingerichtet. Sie sollen in der Lage sein, den schnellen<br />
Wandel der nanotechnologischen Entwicklungen auf allen Ebenen seiner Chancen und<br />
Risiken zu überblicken und für bestimmte Zielgruppen aufzubereiten.<br />
2. Zweitens werden Modelle der Selbstregulierung entwickelt und erprobt. Sie sollen entgegen<br />
den schwerfälligen staatlichen und ordnungsrechtlichen Regularien flexibles Reagieren<br />
und Agieren der gesellschaftlichen Akteure – vor allem der Industrie – gewährleisten<br />
und staatliche Stellen entlasten.