Observieren â Sondieren â Regulieren - Institut für Philosophie ...
Observieren â Sondieren â Regulieren - Institut für Philosophie ...
Observieren â Sondieren â Regulieren - Institut für Philosophie ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
25<br />
2. Bestandsaufnahme: Debatten und Modelle zur Nano-Regulierung<br />
2.1. Die Debatte um die gesetzliche Regulierung der Nanotechnologie<br />
(Hintergrund)<br />
Die ‚offizielle’ Debatte über die gesetzliche Regulierung der Nanotechnologie setzt international<br />
zwischen 2002 und 2003 ein. Sie war eine Reaktion auf die Äußerungen grundsätzlicher<br />
Bedenken zu potentiellen Risiken von Nanopartikeln für Gesundheit und Umwelt durch<br />
NGOs – vor allem durch die kanadische Action Group on Erosion, Technology and Concentration<br />
(ETC). 4 Nach dem “Communiqué: No Small Matter! Nanotech Particles Penetrate<br />
Living Cells and Accu-mulate in Animal Organs“ vom Mai/Juni 2002 (ETC 2002) hatte die<br />
ETC im Frühjahr 2003 eine Studie mit dem Titel „The Big Down: Atomtech – Technologies<br />
Converging at the Nanoscale“ veröffentlicht (ETC 2003a). In dieser Studie warnt sie vor den<br />
Gefahren der Nanotechnologie, weist auf ein großes regulatorisches Vakuum hin und fordert<br />
unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip ein Moratorium für die kommerzielle Produktion von<br />
Nanomaterialien – mit der Begründung:<br />
“Given the concerns raised over nanoparticle contamination in living organisms,<br />
ETC Group proposes that governments declare an immediate moratorium on<br />
commercial production of new nanomaterials and launch a transparent global<br />
process for evaluating the socio-economic, health and environmental implications<br />
of the technology” (ETC 2003a: 72).<br />
Solchen Forderungen stehen in der Debatte Argumentationen entgegen, die Maßnahmen der<br />
Forschungs- und Anwendungsbegrenzung als kontraproduktiv und Innovationen verhindernd<br />
bezeichnen (z.B. Reynolds 2002).<br />
Kritische Stimmen von Toxikologen wie z.B. Vicki Colvin, Rice University, USA<br />
(ICON) fordern staatliche Förderungen der Risikoforschung zur Nanotechnologie ein (Dozier<br />
2006; Colvin 2002). Ebenso betont die Fallstudie des „Foresight and Governance“ Projekts<br />
des Woodrow Wilson International Centers for Scholars zur Brauchbarkeit des US-amerikanischen<br />
Toxic Substance Control Acts (TSCA) einen erhöhten toxikologischen Forschungsbedarf<br />
als Grundlage der gesetzlichen Regulierung (Wardak 2003). Im Sommer 2003 wird von<br />
der britischen Regierung die Royal Society und die Royal Akademie of Engineering mit einer<br />
Studie zu gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen der Nanotechnologie beauftragt, die<br />
auch eine Erforschung der Risiken und regulatorischen Erfordernisse beinhalten soll. Der im<br />
Juni 2004 – als Reaktion auf eine medienöffentliche Moratoriumsforderung durch Prinz<br />
Charles (z.B. Prince-of-Wales 2004) – erschienene und viel zitierte Bericht „Nanoscience and<br />
nanotechnologies: opportunities and uncertainties“ (RSRAE 2004) weist auf große Wissenslücken<br />
über die Gesundheits- und Umwelteinflüsse von Nanopartikeln im gesamten Lebens-<br />
4 Abseits der öffentlichen Debatte gab es vorher bereits ansatzweise Diskussionen in Fachzeitschriften und<br />
Verbänden. In diese Zeit fällt auch eine der ersten Anfragen im deutschen Bundestag (Bundesregierung 2001),<br />
bei der Sicherheitsaspekte und Regulierungsfragen angeschnitten werden. Ab 2002/2003 erfährt die Regulierungsfrage<br />
erhöhte Aufmerksamkeit (Forschungspolitik, Industrie, Forschung, Medien, etc.).