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Schriftliche Stellungnahmen der nicht geladenen Verbände und ...

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Ausschuss für Wirtschaft <strong>und</strong> Arbeit Ausschussdrucksache 15(9)707<br />

standort Deutschland. Insbeson<strong>der</strong>e zur Rechtfertigung von Steuer- <strong>und</strong> Abgabenerhöhungen verwendet <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eskanzler,<br />

Herr Gerhard Schrö<strong>der</strong>, nur allzu gerne das Argument „Bildung“, ohne dann aber diese Ankündigung konsequent<br />

in die Praxis umzusetzen. Der über alle Parteien hinweg bestehende Gr<strong>und</strong>konsens, Weiterbildungsangebote für<br />

diejenigen bereitzustellen, die vorübergehend o<strong>der</strong> länger keine Arbeit haben, scheint zumindest partiell aufgehoben.<br />

Von <strong>der</strong> Hartz-Kommission wurde das Thema bewußt ausgeklammert. Im Ersten Gesetz für mo<strong>der</strong>ne Dienstleistungen<br />

am Arbeitsmarkt findet sich lediglich eine Regelung zur Einführung von Bildungsgutscheinen, im übrigen wurden die<br />

Absätze <strong>der</strong> einzelnen Vorschriften lediglich etwas gestrafft <strong>und</strong> in ihrer Reihenfolge umgestellt. Im Entwurf eines<br />

Dritten Gesetzes für mo<strong>der</strong>ne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ist die „berufliche Weiterbildung“ an zahlreichen<br />

Stellen mittelbar betroffen; die angekündigte gr<strong>und</strong>legende Neuregelung bleibt bislang jedoch aus.<br />

In Zeiten hoher Haushaltsdefizite wird verstärkt eingewandt, Maßnahmen <strong>der</strong> beruflichen Qualifizierung verursachten<br />

nur vermeidbare Kosten. Kosten-/Nutzen-Analysen werden aber <strong>nicht</strong> erstellt, eine genaue Betrachtung unterbleibt.<br />

Rein volkswirtschaftlich betrachtet, rechnet sich die Investition in berufliche Qualifizierung. „Bildung <strong>und</strong> Qualifikation<br />

prädestinieren die Wachstumschancen von Volkswirtschaften“, sagte die Ministerin Bulmahn. 16 Weiterbildung ist<br />

gezielte Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung, <strong>und</strong> zwar <strong>nicht</strong> nur im Einzelfall, son<strong>der</strong>n gerade als Strukturför<strong>der</strong>ung.<br />

Eine erfolgreiche Bekämpfung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit steht zunächst unter <strong>der</strong> Annahme, daß sich <strong>der</strong> Staat <strong>nicht</strong> darauf<br />

beschränkt, für jeden Arbeitswilligen überhaupt nur (irgend)einen Arbeitsplatz bereitzustellen. Aus <strong>der</strong> Erweiterung<br />

des Wissenspotentials aller arbeitsfähigen- <strong>und</strong> -willigen Menschen läßt sich volkswirtschaftlicher Nutzen erst dann<br />

ziehen, wenn Arbeitsplätze geschaffen <strong>und</strong> so besetzt werden, daß entsprechend den individuellen Fähigkeiten eine<br />

möglichst hohe Wertschöpfung gewährleistet ist. In diesem Fall bleiben die Kosten <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit <strong>nicht</strong> auf den<br />

Ausfall von Sozialabgaben <strong>und</strong> Steuern sowie auf den Aufwand für etwaige Leistungen <strong>der</strong> Arbeitsför<strong>der</strong>ung beschränkt.<br />

Der weitaus größere volkswirtschaftliche Schaden liegt darin, daß Arbeitslosigkeit riesige Beschäftigungspotentiale<br />

brach liegen läßt. 17 Mit erfolgreichem Abschluß <strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahme erhält <strong>der</strong> einzelne Teilnehmer<br />

wie<strong>der</strong> Gelegenheit, seine Fähigkeiten <strong>und</strong> Kenntnisse zur Steigerung des Bruttosozialprodukts einzusetzen, anstatt<br />

weiter in Arbeitslosigkeit zu verharren o<strong>der</strong> eine gering qualifizierte Tätigkeit auszuführen. Bringt man die Wertschöpfung<br />

<strong>der</strong> künftigen Arbeitsleistung in Ansatz, so stellt sich schnell heraus, daß sie den Aufwand für Maßnahmekosten<br />

<strong>und</strong> Unterhaltsgeld rasch übersteigt.<br />

Diese Betrachtung verfängt möglicherweise dann <strong>nicht</strong>, wenn die Arbeitslosigkeit auf dauerhaft hohem Niveau verharrt.<br />

Wo <strong>nicht</strong> genügend Arbeitsplätze vorhanden sind, gebe es auch keine Beschäftigungschancen für Absolventen<br />

beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen, ließe sich einwenden. Der hohe Grad <strong>der</strong> Schwarzarbeit wi<strong>der</strong>legt den Einwand.<br />

Es gibt in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland genügend Nachfrage nach Arbeitsleistungen. Immerhin werden r<strong>und</strong><br />

ein Sechstel des Bruttosozialprodukts am Staate vorbei erwirtschaftet. Nur <strong>der</strong> Anreiz, aus <strong>der</strong> Schwarzarbeit heraus<br />

ein reguläres Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen, ist offensichtlich gering. 18 Umgekehrt verdeutlicht die Zahl, daß<br />

reguläre Arbeit in vielen Bereichen einfach zu teuer ist o<strong>der</strong> von den Beteiligten jedenfalls so empf<strong>und</strong>en wird. Hier ist<br />

<strong>der</strong> Staat gefor<strong>der</strong>t, geeignete Rahmenbedingungen zu setzen. Angesichts des Umstandes, daß die Grenzabgabenbelastung<br />

in dem Einkommensbereich jenseits des steuerlichen Existenzminimums 19 inzwischen 70 Prozent kaum noch<br />

unterschreitet, erscheint ein solcher Eindruck zumindest nachvollziehbar. 20 Die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse<br />

(sog. 400 Euro-Jobs) erleben <strong>der</strong>zeit einen rasanten Aufschwung, eben weil dort die Grenzbelastung um ein Vielfaches<br />

niedriger liegt. Die Belastung des Faktors Arbeit hat längst ihr Maximum erreicht, wie inzwischen sogar parteiübergreifend<br />

von Experten eingesehen wird. Mit weiteren Abgabenerhöhungen treibt <strong>der</strong> Staat immer mehr Menschen<br />

in die Schattenwirtschaft. Die Bemühungen, <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung, die Beiträge zur Sozialversicherung schrittweise zu<br />

reduzieren, bleiben solange kontraproduktiv, als <strong>nicht</strong> zu einer tatsächlichen Entlastung <strong>der</strong> Arbeitnehmer führen. Nominale<br />

Beitragssenkungen, die vom Beitragszahler mehr Eigenvorsorge abverlangen, werden von ihm als Mehrbelastung<br />

erkannt.<br />

D. Wettbewerb in <strong>der</strong> beruflichen Weiterbildung - Ausschreibungsverfahren<br />

In <strong>der</strong> beruflichen Weiterbildung ist Wettbewerb essentiell, um bei hohe Qualität durchzusetzen <strong>und</strong> den rationellen<br />

Einsatz <strong>der</strong> Ressourcen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit dauerhaft zu gewährleisten. Das ist die Überzeugung <strong>der</strong> freien<br />

Bildungsträger im Verband Berufliche Qualifizierung. Wettbewerb verlangt ständige Marktnähe, so wie sie in § 9 Abs.<br />

3 Satz 1 SGB III in dem Postulat nach „ortsnaher Leistungserbringung“ beschrieben wird. Damit verbieten sich zentralistisch<br />

orientierte Vergabesysteme, etwa bezogen auf die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland o<strong>der</strong> auf einzelne Landesarbeitsamtsbezirke.<br />

Entsprechendes gilt für die Systeme zur Qualitätssicherung. Hier muß es genügen, daß <strong>der</strong> Weiterbildungsträger<br />

eines von mehreren möglichen Qualitätssicherungssystemen anwendet. Bereits im Jahre 2003 hat die<br />

Vergabepraxis einzelner Arbeitsämter zu <strong>der</strong> Situation geführt, daß kleine Anbieter vom Markt verschwanden bzw.<br />

16<br />

Vgl.: Süddeutsche Zeitung vom 30. Oktober 2003.<br />

17<br />

So kostet allein <strong>der</strong> Vorruhestand, wenn man die Belastung <strong>der</strong> Sozialsysteme <strong>und</strong> den Ausfall an Wertschöpfung zusammenrechnet, im Jahr r<strong>und</strong> 60<br />

Milliarden Euro, vgl.: FAZ vom 2. Oktober 2003.<br />

18<br />

Stolz hat <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esminister für Wirtschaft <strong>und</strong> Arbeit, Wolfgang Clement, in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>estagsdebatte vom 26.9.2003 die Tatsache als Erfolg im Kampf<br />

gegen die Schwarzarbeit verbucht, daß sich seit Einführung <strong>der</strong> „Ich-AG“ r<strong>und</strong> 160.000 Personen aus <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit abgemeldet hätten, um eine<br />

selbständige Tätigkeit zu begründen. Ohne Erwähnung blieb hingegen, wie groß die Zahl <strong>der</strong>jenigen ist, die sich aus <strong>der</strong> Schwarzarbeit heraus ein reguläres<br />

Beschäftigungsverhältnis aufgenommen haben. Hierbei handelt es sich offensichtlich nur um eine zu vernachlässigende Größe, die <strong>der</strong> Erwähnung<br />

<strong>nicht</strong> wert ist.<br />

19<br />

Vgl.: Der Verfasser, Steuerreform-Konzeptionen im internationalen Vergleich, IFSt-Schrift Nr. 388, Bonn, November 2000.<br />

20<br />

Der Handwerker, <strong>der</strong> selbst 15,-- EUR netto pro Arbeitsst<strong>und</strong>e verdient (das entspricht einem monatlichen Nettoverdienst von ca. 2.500,-- EUR), müßte<br />

etwa das Vierfache aufwenden, um die gleiche Arbeitsst<strong>und</strong>e bei einem seiner Kollegen einzukaufen.<br />

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