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Editorial 17 - Zm-online

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26 Politik und Beruf<br />

die, die beweise, dass Zwangsfortbildung<br />

von Nutzen sei. Es gebe keine Notwendigkeit,<br />

vom Konzept einer verpflichtenden<br />

freiwilligen Fortbildung abzuweichen, wie<br />

es bereits heute durch Heilberufsgesetze<br />

und Berufsordnung vorgegeben sei.<br />

Reglementierungswut<br />

War nach der Präsentation des Konsenspapiers<br />

bei der Zahnärzteschaft noch freundliche<br />

Skepsis vorherrschend, so machte sich<br />

spätestens nach Bekanntwerden des ersten<br />

Arbeitsentwurfs – dem Vernehmen nach<br />

von Beamten gefertigt und von der Politik<br />

noch nicht abgestimmt – nüchterne Enttäuschung<br />

breit. Die Bundeszahnärztekammer<br />

unterstrich, dass es sich dabei um eine Fortsetzung<br />

der Reglementierungswut der letzten<br />

zehn Jahre auf 435 Seiten Papier handele.<br />

Der Entwurf erhalte erhebliche Unschärfen.<br />

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer,<br />

Dr. Dr. Jürgen Weitkamp,<br />

machte aus seiner Verärgerung keinen<br />

Hehl. „Das eklatante Misstrauen im Schatten<br />

einer ausufernden Überwachungsmentalität<br />

den Ärzten und Zahnärzten gegenüber<br />

lebt in diesem Entwurf in einem<br />

wahren Regelungsrausch fort.“ Und: „Bei<br />

näherem Hinsehen bin ich geneigt, von<br />

einer regelrechten Usurpation des Gesundheitswesens<br />

durch die Politik zu sprechen“,<br />

kritisierte er. Die Gedanken von kostentreibender<br />

Kontrollmentalität, Beschneidung<br />

der Therapiefreiheit von Ärzten und<br />

Zahnärzten und ein zunehmender Vorschriftendschungel<br />

ziehen sich wie ein roter<br />

Faden durch den Papierstoß, heißt es bei<br />

der BZÄK. Eines schaffe nach ihrer Einschätzung<br />

der Entwurf keinesfalls, nämlich<br />

„die grundlegenden Schwächen eines abgetakelten<br />

Systems zu überdecken.“<br />

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung<br />

hat unter enormem Zeitdruck den<br />

ersten Arbeitsentwurf analysiert und bewertet.<br />

Vor allem die geplanten Regelungen<br />

zum Festzuschusssystem beim Zahnersatz<br />

stießen auf massive Kritik. Zwar sei im<br />

Entwurf die Rede von „befundbezogenen<br />

Festzuschüssen“, die vorgeschlagene<br />

Ausgestaltung widerspreche aber der in<br />

den Eckpunkten formulierten Zielsetzung,<br />

so die KZBV. Denn<br />

hier würde sich<br />

in der augenblicklichen<br />

Bezuschussungspraxis<br />

durch<br />

die Krankenkasse<br />

auf Basis des Bema<br />

nichts ändern. Es<br />

fehle an einer differenzierteren<br />

Ausgestaltung der Festzuschüsse<br />

auf Basis wirtschaftlicherer Versorgungsformen,<br />

in die auch der Versicherte<br />

einbezogen werde. Das im Arbeitsentwurf<br />

vorgesehene Festzuschusssystem belasse<br />

die zahnprothetische Versorgung weiterhin<br />

in vollem Umfang in der Vertragszahnheilkunde.<br />

Gleiche Startbedingungen für PKV<br />

und GKV seien nicht gegeben.<br />

Der Streit geht weiter<br />

In der Politik und in der gesundheitspolitischen<br />

Öffentlichkeit wird weiter um Konsens<br />

gerungen, wobei sich jedoch immer<br />

mehr Dissens herauskristallisiert. Die FDP ist<br />

inzwischen nicht mehr bereit, die Regelungswut<br />

mitzutragen und ist aus den Verhandlungen<br />

ausgestiegen. Wie sie gegenüber<br />

der Presse erklärte, will sie sich im parlamentarischen<br />

Verfahren „mit Anträgen zu<br />

einer wirklichen Reform engagieren“. Und<br />

weiter: „Das von der FDP angemahnte<br />

deutliche Umsteuern in Richtung kapitalgedeckter<br />

Versicherungsformen bei Zahnmedizin,<br />

privaten Unfällen und Krankengeld ist<br />

lediglich beim Zahnersatz angedacht worden.<br />

Und auch dort ist zurzeit nicht erkennbar,<br />

dass tatsächlich die Bereitschaft besteht,<br />

den Zahnersatz ganz aus der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung auszugliedern.<br />

Private Unfälle, die zahnmedizinische Behandlung<br />

sowie das Krankengeld bleiben<br />

nach wie vor in der GKV.“<br />

Die Union wirft der Regierung vor, dass sie<br />

mit dem geplanten Gesetzesentwurf vom<br />

gemeinsamen Eckpunktepapier abweiche.<br />

Sie verlangt Korrekturen und droht andernfalls<br />

mit einer Ablehnung im Bundesrat. Unmut<br />

gibt es aber auch innerhalb der eigenen<br />

Reihen: In der unionsinternen Kommission<br />

zur Zukunft der Sozialsysteme wächst laut<br />

Zeitungsberichten die Kritik am Kurs von<br />

Foto: MEV<br />

CDU und CSU. Die Experten der<br />

so genannten Herzog-Kommission<br />

fordern in einem Eckpunktepapier<br />

weitere Reformen, die die<br />

Opposition in den Konsensgesprächen<br />

mit Rot-Grün noch abgelehnt<br />

hatte.<br />

Die Grünen wollen sich nicht<br />

mit dem ausgehandelten Kompromiss<br />

zufrieden geben und setzen sich für<br />

weitere Änderungen ein, fordern zum Beispiel<br />

die Abschaffung der Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen.<br />

Ulla Schmidt geht in die Gegenoffensive: sie<br />

will die Gesundheitsreform so umsetzen,<br />

wie mit der Opposition vereinbart, der Gesetzentwurf<br />

werde vorgestellt wie geplant.<br />

Sie dementierte einen Pressebericht der<br />

Bild-Zeitung, wonach künftig Sonderbeiträge<br />

für Zahnersatz und Krankengeld<br />

schon früher geleistet werden sollten. Die<br />

Veränderungen für Zahnersatz seien erst für<br />

2005 vorgesehen. Sie appellierte an die<br />

GKV-Versicherten, jetzt nicht voreilig Behandlungen<br />

beim Zahnersatz in die Wege<br />

zu leiten.<br />

Die Vertragsärzte warfen der Regierung vor,<br />

mit ihren neuen Plänen den erzielten Parteien-Kompromiss<br />

wieder brechen zu wollen.<br />

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung<br />

kritisierte vor allem den geplanten Ost-<br />

West-Transfer zur Angleichung der Arzteinkommen<br />

in den neuen Länder und die Erhebung<br />

der geplanten Praxisgebühr.<br />

Heftige Kritik an der Zahnersatz-Plänen formulierten<br />

die privaten Krankenversicherer.<br />

Anders als im Kompromisspapier vorgelegt<br />

sei so kein Wettbewerb zwischen GKV und<br />

PKV bei Zusatzversicherungen für Zahnersatz<br />

möglich.<br />

Ganz neue Allianzen zur Gesundheitsreform<br />

formieren sich in einer Ecke, in der man es<br />

kaum für möglich gehalten hätte. Der Vorsitzende<br />

des Deutschen Gewerkschaftsbundes,<br />

Michael Sommer und Arbeitgeberpräsident<br />

Dr. Dieter Hundt fordern Nachbesserungen<br />

und haben sich in einem gemeinsamen<br />

Konzeptpapier für mehr Wettbewerb<br />

in der GKV ausgesprochen. Stärkerer Wettbewerb<br />

sei eines der wirksamsten Mittel, um<br />

die Ausgabenentwicklung in der GKV zu begrenzen.<br />

pr<br />

zm 93, Nr. <strong>17</strong>, 1. 9. 2003, (2070)

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