13.11.2014 Aufrufe

Editorial 17 - Zm-online

Editorial 17 - Zm-online

Editorial 17 - Zm-online

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

35<br />

handlungsalternativen vorschlagen<br />

und die individuellen Lebensumstände<br />

mit einbeziehen.<br />

Wenn es allerdings an die Therapieentscheidung<br />

geht, sieht die<br />

Sache schon anders aus: Nur in<br />

30 bis 40 Prozent der Fälle werden<br />

die Patienten hier beteiligt –<br />

ein „ungenügender Anteil“, so<br />

das Urteil des „Gesundheitsmonitors“.<br />

Tiefes Misstrauen: Patienten erwarten „nur Schlimmes”.<br />

Aber warum?<br />

Patientenbeteiligung sei nicht nur „eine zunehmende<br />

medizinische Notwendigkeit“,<br />

sondern auch „erklärtes Interesse beider<br />

Seiten“. Allerdings sei das, was in der Theorie<br />

gewollt ist, bislang noch nicht konsequent<br />

Da ein Patient die Notwendigkeit einer Wiederholungsuntersuchung<br />

in der Regel fachlich<br />

nicht beurteilen könne, müsse man fragen,<br />

wie er zu diesem Urteil kommt. Laut<br />

Borgers liegt ein möglicher Grund für diese<br />

in die Praxis umgesetzt. „Die relativ Zweifel darin, dass Patienten „einen<br />

starke Verbreitung eines Dissenses in Behandlungsfragen<br />

gibt für sich allein betrachtet<br />

noch keinen Grund, am Funktionieren<br />

der Arzt-Patienten-Kommunikation<br />

zu zweifeln“, so die Autoren. Problematisch<br />

sei vielmehr, dass rund zehn Prozent der<br />

vom „Gesundheitsmonitor“ befragten Patienten<br />

es verschweigen, wenn sie einen<br />

Behandlungsvorschlag des Arztes eigentlich<br />

ablehnen. „Solche Vorgänge gefährden<br />

das notwendige Vertrauensverhältnis und<br />

letztlich den Behandlungserfolg“, meinen<br />

Streich, Klemperer und Butzlaff.<br />

schlechten Eindruck von der kollegialen<br />

Kommunikation zwischen den behandelnden<br />

Ärzten“ haben.<br />

Es stelle sich hier die Frage, ob die Verbesserung<br />

an den so genannten „Schnittstellen“<br />

zwischen ambulanter und stationärer Behandlung<br />

zu einer Verbesserung der Versorgung<br />

führen könne. Eine rein technische<br />

Aufrüstung der Kommunikationsmöglichkeiten<br />

– beispielsweise per elektronischer<br />

Krankenakte – ist nach Ansicht des „Gesundheitsmonitors“<br />

jedoch kein probates<br />

Mittel, um Mehrfachuntersuchungen zu<br />

drosseln. Denn wenn es sich hierbei um ein<br />

rein technisches Problem hielte, gäbe es<br />

Doppelt gedoktert<br />

Nach Beobachtung von Prof. Dr. Dieter<br />

Borgers vom Universitätsklinikum Düsseldorf<br />

werden aber auch durch Kommunikationsdefizite<br />

an anderer Stelle im Gesundheitssystem<br />

Ressourcen vergeudet. Gemeint<br />

sind Doppeluntersuchungen bei Behandlungen,<br />

an denen unterschiedliche<br />

Ärzte beteiligt sind. Rund ein Viertel der<br />

vom „Gesundheitsmonitor“ befragten Patienten<br />

war im zurückliegenden Jahr ambulant<br />

bei mehreren Ärzten in Behandlung;<br />

hiervon haben knapp 40 Prozent „eine Wiederholung<br />

von Untersuchungen erlebt“ –<br />

Blutentnahmen, Blutdruckmessungen oder<br />

Röntgenuntersuchungen. Zwei Drittel der<br />

Patienten sind zwar der Meinung, die Wiederholungen<br />

seien notwendig gewesen.<br />

Aber immerhin jeder Siebte ist sich sicher:<br />

Sie waren unnötig.<br />

Patient und Arzt: Partnerschaft statt<br />

Paternalismus<br />

Foto: EyeWire<br />

heutzutage bereits genügend<br />

Möglichkeiten, um es aus dem<br />

Weg zu räumen – von Telefon<br />

über Fax bis zur E-Mail.<br />

Wie sehr sich die Wahrnehmung<br />

von Patient und Arzt unterscheiden<br />

kann, zeigt sich an einem<br />

klaren Beispiel des „Gesundheitsmonitors“:<br />

Danach liegt aus<br />

Sicht der Krankenversicherten in<br />

Deutschland das derzeit größte<br />

Problem im Gesundheitswesen nicht in den<br />

Kosten, sondern in der unterschiedlichen<br />

Qualität der einzelnen Ärzte. Nach Ansicht<br />

der breiten Bevölkerung, so der „Gesundheitsmonitor“,<br />

müsse demnach eine Debatte<br />

um Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen<br />

geführt werden, da die Kostendämpfungspolitik<br />

der vergangenen<br />

Jahre „allenfalls zu kurzfristigen Effekten<br />

geführt und damit ihre Glaubwürdigkeit<br />

verloren hat“.<br />

Allen kleinen Unstimmigkeiten und Gegensätzlichkeiten<br />

zum Trotz: Es gibt nach<br />

wie vor einen breiten Konsens für das Solidarprinzip<br />

in der Gesetzlichen Krankenversicherung.<br />

Rund 80 Prozent aller Befragten<br />

stimmen der Unterstützung älterer und<br />

kranker Menschen durch jüngere und gesunde<br />

uneingeschränkt zu; und zwar sowohl<br />

„Nutznießer“ als auch „Geber“. Die<br />

„solidarische Unterstützung kinderreicher<br />

Familien“ durch „kinderlose Singles“ wird<br />

von etwas mehr als 60 Prozent für gerecht<br />

gehalten. „Eine flächendeckende Einführung<br />

privater Risikovorsorge in der Krankenversicherung“,<br />

so der Tenor, „findet nur<br />

bei einer sehr kleinen Minderheit Zustimmung.“<br />

Immerhin: Die Einführung von<br />

Grund- und Wahlleistungen stößt bei jedem<br />

Dritten auf Sympathie.<br />

Und eines verschweigt der „Gesundheitsmonitor“<br />

genauso wenig wie es die<br />

Zahnärzteschaft bereits seit längerem tut.<br />

Die „hektische“ und „intransparente“ Budget-<br />

und Kostendämpfungspolitik im Gesundheitswesen<br />

hat zu einem tiefen Misstrauen<br />

der Deutschen geführt: Zwischen 60<br />

und 70 Prozent der Bevölkerung erwartet<br />

von ihr „nur Schlimmes“. Da wird’s wohl<br />

Zeit, dass auch die Politik ihren Blick endlich<br />

schärft.<br />

■<br />

zm 93, Nr. <strong>17</strong>, 1. 9. 2003, (2079)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!