Editorial 17 - Zm-online
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Fotos: MEV<br />
<strong>Editorial</strong><br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
unser deutsches Gesundheitswesen könnte<br />
ja so gut sein, gäbe es da nicht diese Heilberufler:<br />
Diese Grundhaltung liegt – jenseits<br />
ihrer ironischen Überspitzung – für die Gedankengänge<br />
so manchen Gesundheitspolitikers<br />
gar nicht all zu<br />
fern. Oft scheint die Auseinandersetzung<br />
mit Ärzten und<br />
Zahnärzten in der politischen<br />
Diskussion schlicht unbequem.<br />
Vergessen wird dabei immer<br />
wieder, dass gerade diese Berufsgruppe<br />
sich das über Jahrzehnte<br />
anhaltende leidige Reformdebattieren<br />
nicht als Profession ausgesucht hat.<br />
Auch wenn ihr inzwischen durch tausende<br />
von Verordnungen, Regelungen und Gesetze<br />
verhagelter Praxisalltag keine Alternative<br />
zum konstruktiven Gegensteuern lässt:<br />
Eigentlich wollen Heilberufler – der Name<br />
sagt es bereits aus – vor allem eins: heilen.<br />
Ihr gewünschtes Gegenüber ist der Patient,<br />
nicht die Gesundheitsministerin.<br />
Insofern führt die Einschätzung des Heilberufes<br />
über die öffentlichen, oft unfair unter<br />
die Gürtellinie zielenden Medienattacken<br />
wohl weniger zur richtigen Einschätzung<br />
dessen, was Patienten und Ärzte tagtäglich<br />
erleben, was sie beschäftigt, was sie notwendigerweise<br />
wollen und brauchen.<br />
Genau diese Partnerschaft zwischen Patient<br />
und Arzt ist seit nunmehr fast zwei Jahren<br />
Forschungsgegenstand des von der unabhängigen<br />
Bertelsmann-Stiftung initiierten<br />
Gesundheitsmonitors, einer über diesen<br />
Zeitraum durchgeführten intensiven Arztund<br />
Patientenbefragung. Und die vom beauftragten<br />
Bremer Zentrum für Sozialpolitik<br />
erhobenen Daten bestätigen weder den<br />
■ Immer mehr<br />
verdrängt Politik die<br />
Partnerschaft von Arzt<br />
und Patient als zentralen<br />
Gedanken des deutschen<br />
Gesundheitswesens.<br />
ehemals klischierten „Halbgott in Weiß“<br />
noch den in jüngerer Zeit immer wieder<br />
in der öffentlichen Anfeindung bemühten<br />
„Abzocker“. Die gibt es in solch radikalisierter<br />
Reinform wohl doch nur in den Märchen<br />
medialer Agitation.<br />
Denn das Bild, das Patienten und Ärzte von<br />
einander haben, ist anders: Der eigene –<br />
und für den Patienten ausschlaggebende –<br />
Arzt genießt großes Vertrauen. Dass das gesellschaftliche<br />
Fremdbild „der Ärzte“ anders<br />
ausfällt, ist wohl eher mit der vor der Haustür<br />
der kolportierten öffentlichen Meinung<br />
abgelegten persönlichen Einschätzung des<br />
Einzelnen zu begründen.<br />
Also ist zwischen Ärzten und Patienten alles<br />
in Ordnung? Diese Einschätzung wäre zu<br />
viel des Guten, die Angelegenheit ist komplexer.<br />
Allerdings sind die tatsächlichen<br />
Probleme zwischen Patient und Arzt nicht<br />
durch laute Politik lösbar, sondern nur<br />
durch optimierten Umgang zwischen Patient<br />
und Arzt. Dazu gehört eine gute und<br />
richtig eingesetzte Kommunikation des<br />
Arztes ebenso wie die passende Atmosphäre<br />
in der Praxis. Dazu zählt der Wunsch<br />
des Patienten nach möglichst umfassender<br />
Aufklärung durch den Arzt, auch der<br />
Wunsch nach einer Beteiligung an der Therapie-Entscheidung.<br />
Für Zahnärzte ist diese Form des Umgangs<br />
mit den Patienten kein Neuland. Dennoch<br />
ist das, was Bertelsmanns Gesundheitsmonitor<br />
erhellt, spannend für den Praxisalltag.<br />
Der Patient wünscht sich einen Arzt auf gleicher<br />
Augenhöhe, eine Partnerschaft, die ein<br />
gemeinsames Ziel hat: Heilung. Es bedarf<br />
keiner Politik, die diesen<br />
Prozess immer mehr verkompliziert.<br />
Egbert Maibach-Nagel<br />
zm-Chefredakteur<br />
Mit freundlichem Gruß<br />
zm 93, Nr. <strong>17</strong>, 1. 9. 2003, (2045)