Editorial 17 - Zm-online
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zm-Info<br />
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Fotos: Ingram<br />
können oder wegen allgemeiner „Befindlichkeitsstörungen“.<br />
Was bedeutet das aber<br />
für die Effizienz der ambulanten Versorgung?<br />
Lotsen ohne Sonderstatus<br />
Nach Ansicht des Sachverständigenrates<br />
leidet diese insbesondere darunter, dass bereits<br />
„bei unkomplizierten Erkrankungen“<br />
Fachärzte in Anspruch genommen würden<br />
– was meist „unangemessen sei“. Dieses Patientenverhalten<br />
habe zur Folge, dass medizintechnische<br />
Leistungen in der Diagnostik<br />
übermäßig erbracht werden, ohne eine<br />
bessere Versorgungsqualität zu erreichen.<br />
Aus dieser Beobachtung resultiert auch die<br />
Forderung, die Rolle des Hausarztes zu stärken,<br />
so wie es das SGB V in § 73 fordert:<br />
Durch seine längerfristige Betreuung und<br />
intensivere Kenntnis eines Patienten kann er<br />
sich besser zwischen Diagnosemaßnahmen<br />
und Therapien entscheiden, „welche dem<br />
hohen Anteil unspezifischer Symptome<br />
und dem Ziel der Vermeidung<br />
von Medikalisierungen“<br />
gerecht werden.<br />
Zahnärzte seien hiervon allerdings<br />
ebenso auszunehmen wie<br />
Internisten, Frauenärzte oder Augenärzte.<br />
Ihnen ist, so Streich, aufgrund ihrer medizinischen<br />
Tätigkeiten ein „Sonderstatus“ einzuräumen.<br />
Anders verhielte sich das jedoch<br />
bei Hals-Nasen-Ohren-Ärzten, Orthopäden<br />
und Urologen. Dass direkte Facharztkontakte<br />
ohne Überweisung hier längst<br />
nicht immer zwingend oder medizinisch<br />
begründet seien, zeige sich<br />
etwa daran, dass ihr Anteil mit der sozialen<br />
Schichtzugehörigkeit der jeweiligen<br />
Patienten steige.<br />
Ein Primärarztsystem – in dem der<br />
von Ulla Schmidt geforderte „Lotse“<br />
die entscheidende Rolle spielt –<br />
könne auf die aktuelle Situation einen<br />
nicht unerheblichen Einfluss haben,<br />
wie Streich ausführt: Insgesamt<br />
suchten 44 Prozent aller befragten<br />
Patienten mindestens einmal<br />
jährlich den direkten Weg zu einem<br />
Spezialisten. Der Anteil derjenigen, die<br />
per Überweisung zum Facharzt gelangten,<br />
sei mit 37 Prozent deutlich geringer.<br />
Wenn es um die Frage geht, wie Patienten<br />
die Qualität der medizinischen Versorgung<br />
im Allgemeinen und die Kompetenz ihrer<br />
jeweiligen Ärzte im Speziellen bewerten, so<br />
zeigt sich für Streich eine große Diskrepanz.<br />
Auf der einen Seite falle auf, dass viele von<br />
ihnen eine „Mangelhaftigkeit des Versorgungssystems“<br />
konstatieren; die persönlichen<br />
Erfahrungen, die jeder einzelne Patient<br />
mit „seinem Arzt“ macht, korrespondieren<br />
allerdings kaum mit dieser Auffassung.<br />
Gleiches gilt übrigens auch für die Wahrnehmung<br />
der Zahnärzte, wie eine Allensbach-Umfrage<br />
im vergangenen Jahr zeigte<br />
(siehe zm 18/2002) – demnach sind es nur<br />
13 Prozent der Bevölkerung, die „keine<br />
gute Meinung von den Zahnärzten“ haben.<br />
Zurück zu den Hausärzten: Während zwei<br />
Drittel der medizinischen Laien glauben,<br />
dass „die Qualität der einzelnen Ärzte und<br />
ärztlichen Einrichtungen“ zu unterschiedlich<br />
sei, sind mehr als 80 Prozent davon<br />
Patienten- und<br />
Ärztebefragung<br />
Der „Gesundheitsmonitor“ ist eine Patienten-<br />
und Ärztebefragung, die von<br />
der Bertelsmann Stiftung initiiert und<br />
vom Bremer Zentrum für Sozialpolitik<br />
wissenschaftlich betreut wird. Die Patienten<br />
werden zweimal, die Ärzte einmal<br />
pro Jahr befragt.<br />
Die erste Patientenbefragung gab es im<br />
November und Dezember 2001, eine<br />
zweite im Mai 2002, die bisher letzte<br />
folgte im Oktober 2002. Während die<br />
Patienten einen umfangreichen schriftlichen<br />
Fragebogen (mit jeweils 130 bis<br />
140 Punkten) beantworten, werden die<br />
Ärzte zu zirka 50 Fragen telefonisch interviewt.<br />
Themenschwerpunkte sind zum Beispiel<br />
„Behandlungserfahrungen in der ambulanten<br />
Versorgung“, „Gesundheitsverhalten“<br />
oder „Einstellungen zu gesundheitspolitischen<br />
Fragen“. Mit der Erhebung<br />
der Daten wurde das Institut NFO<br />
Infratest Health in München beauftragt.<br />
Die Auswertung der Ergebnisse und die<br />
Ausarbeitung der Berichte übernimmt<br />
das Zentrum für Sozialpolitik. Im November<br />
erscheint die komplette Studie<br />
für das Jahr 2003.<br />
Die Bertelsmann Stiftung versteht sich<br />
als „neutrale Institution jenseits von<br />
Partikularinteressen“. In ihrem „Gesundheitsmonitor“<br />
will sie den Status Quo der<br />
ambulanten Versorgung erheben, um<br />
eine Einsicht in die Bedürfnisse der Versicherten<br />
und die Belange der Ärzte zu ermöglichen.<br />
■ Weitere Informationen sowie ein<br />
Newsletter zum „Gesundheitsmonitor“<br />
der Bertelsmann Stiftung sind im<br />
Internet zu finden unter:<br />
www.bertelsmann-stiftung.de<br />
überzeugt, ihr Arzt sei bestens „über ihre<br />
gesundheitliche Entwicklung in den vergangenen<br />
Jahren beziehungsweise über<br />
ihre Krankengeschichte“ informiert. Nur<br />
rund fünf Prozent haben Zweifel an seiner<br />
ärztlichen Kompetenz. Für Streich ist in diesem<br />
Zusammenhang bemerkenswert, dass<br />
zm 93, Nr. <strong>17</strong>, 1. 9. 2003, (2077)