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Editorial 17 - Zm-online

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52 Medizin<br />

Empfehlungen für die Praxis<br />

■ In der Einstellphase oder bei größeren Dosiskorrekturen der Opioidtherapie muss ein<br />

Fahrverbot ausgesprochen werden, da in solchen Therapiephasen Nebenwirkungen möglich<br />

sind, die auch die sensomotorische Leistungsfähigkeit betreffen.<br />

■ Wenn in Ausnahmefällen, das heißt bei stabiler Einstellung auf Opioide und gutem<br />

Allgemeinzustand des Patienten, von einem generellen Fahrverbot Abstand genommen<br />

werden kann, muss eine sorgfältige Dokumentation gewährleistet sein<br />

(zum Beispiel Patientenausweis).<br />

■ In Zweifelsfällen sollte sich der Patient einer Leistungsüberprüfung beim TÜV unterziehen.<br />

■ Weisen Sie Ihren Patienten auf die besondere Gefahr bei zusätzlichem Alkoholkonsum<br />

hin.<br />

■ Beachten Sie auch die Nebenwirkungen der Begleitmedikation.<br />

■ Die Interaktion mit bestehender Dauermedikation wegen anderer chronischer Erkrankungen<br />

ist zu berücksichtigen (zum Beispiel Hypoglykämien bei Einnahme von Antidiabetika).<br />

darfsmedikation stellen sie für die Verkehrstüchtigkeit<br />

ein Risiko dar, weil bei gleicher<br />

Dosis unterschiedliche psychotrope Reaktionen<br />

möglich sind.<br />

■ Tramadol ist als WHO-Stufe-II-Analgetikum<br />

das weltweit am häufigsten eingesetzte<br />

schwache Opioid. Als Nebenwirkungen<br />

treten „häufig“ Übelkeit und Schwindel<br />

auf, „gelegentlich“ Mundtrockenheit,<br />

Benommenheit, „selten“ Kreislaufreaktionen<br />

und Kollapsneigung [9]. Gefahren für<br />

die Verkehrssicherheit ergeben sich bei gegebener<br />

Verträglichkeit aber eher durch die<br />

Wechselwirkung mit anderen zentral wirksamen<br />

Medikamenten (SRI, MAO-Hemmern,<br />

Carbamazepin und mehr). Laut Beipackzettel<br />

kann das Reaktionsvermögen<br />

beeinträchtigt werden [9].<br />

Zusammenfassung<br />

■ Tilidin hat eine psychotrope Wirkung.<br />

Deshalb sollte – wie beim Tramadol – die Indikation<br />

besonders dann kritisch gesehen<br />

werden, wenn die Gefahr von Alkohol- oder<br />

Arzneimittelmissbrauch besteht. Zentralnervöse<br />

Reaktionen, wie Schwindel und Benommenheit,<br />

kommen „gelegentlich“ vor.<br />

Auch hier kann gemäß der Gebrauchsinformation<br />

das Reaktionsvermögen beeinträchtigt<br />

werden [9].<br />

Starke Opioide<br />

Nach dem Straßenverkehrsgesetz ist seit<br />

1998 ein Fahren unter Einfluss von<br />

■ Cannabis,<br />

■ Heroin,<br />

■ Morphin,<br />

Analgetika können sich besonders im Rahmen von Selbst- und Dauermedikation negativ<br />

auf die Sicherheit im Straßenverkehr auswirken. Dies betrifft nicht nur Lenker eines<br />

Kraftfahrzeuges, sondern auch Fahrradfahrer oder Fußgänger.<br />

Ursächlich spielen psychotrope Wirkungen der Analgetika aller drei WHO-Stufen eine<br />

entscheidende Rolle. Die Beeinträchtigung kann sich zum Beispiel in Form von Müdigkeit,<br />

Sehstörungen, Schwindel, Muskelrelaxation oder Kreislaufreaktionen äußern.<br />

Andererseits stellen auch unbehandelte, starke Schmerzen ein großes Risikopotenzial<br />

dar, da sie ebenfalls die kognitive und psychomotorische Leistung vermindern können.<br />

In der Einstellphase oder bei Dosiskorrekturen einer Opioidtherapie muss der Arzt ein<br />

Fahrverbot aussprechen; besondere Vorsicht ist bei zusätzlicher Einnahme einer Begleit-<br />

oder Dauermedikation sowie einem gesteigerten Alkoholkonsum geboten. Letztlich<br />

bleibt die Analgetikaverordnung eine individuelle Entscheidung zwischen Arzt und<br />

Patient.<br />

■ Kokain,<br />

■ Amphetaminen und<br />

■ Designer-Amphetaminen<br />

eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld<br />

und Fahrverbot zu ahnden ist [12].<br />

Eine Ausnahme stellen diejenigen Patienten<br />

dar, die von einem Arzt ein Medikament<br />

mit einer der oben aufgeführten (sonst verbotenen)<br />

Substanzen für eine konkrete<br />

Krankheit verschrieben bekommen [13].<br />

Damit ist in erster Linie die Schmerztherapie<br />

mit starken Opioiden (WHO-Stufe III) gemeint.<br />

Reaktionszeiten<br />

wie bei Gesunden<br />

In Deutschland wurden 1996 in einer ersten<br />

Untersuchung an einem Fahrsimulator die<br />

Reaktionszeiten von 20 Schmerzpatienten<br />

mit Opioid-Dauertherapie unter anderem<br />

mit Patienten unter Benzodiazepinmedikation<br />

verglichen [16]. Es gab keine signifikanten<br />

Unterschiede; insbesondere die Reaktionszeiten<br />

waren gleich. Eine neuere Untersuchung<br />

mit 30 Patienten, die über mehr<br />

als vier Wochen mit einem Fentanylpflaster<br />

(mittlere Dosis 50 µg/Std.) behandelt wurden<br />

und in den letzten zwölf Tagen der Untersuchung<br />

keine Dosisänderung erfahren<br />

hatten, wurden mit 90 gesunden, gleichaltrigen<br />

Personen aus einer Zufallsstichprobe<br />

verglichen [18]. Dabei zeigten die<br />

Schmerzpatienten keine signifikante Einschränkung<br />

der kognitiven und psychomotorischen<br />

Fähigkeiten. Generell sollten Vorsichtsmaßnahmen<br />

(siehe Fazit) nicht nur<br />

für Schmerzpatienten gelten beziehungsweise<br />

hier besonders betont werden. Zu<br />

Unrecht würde die Behandlung dieser Patienten<br />

sonst mit weiteren unbegründeten<br />

Hindernissen erschwert.<br />

Dr. med. Wolfgang Sohn<br />

Dorfstr. 5 - 7<br />

41366 Schwalmtal<br />

E-Mail: Wolf.Sohn@t-<strong>online</strong>.de<br />

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zm 93, Nr. <strong>17</strong>, 1. 9. 2003, (2096)

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