Heft 18 /2010 - Deutsche Gesellschaft für Logotherapie und ...
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Rezensionen<br />
ten der Zeit vollziehen muss“ (S. 14). Das ist sein theologischer Ausgangspunkt<br />
in der Dissertation. János Vik skizziert aber auch seinen psychologischen Standort,<br />
bewegt sich doch seine Arbeit an der Grenze zwischen Psychotherapie<br />
(im weitesten Sinn) <strong>und</strong> Theologie (im christlichen Sinne des Begriffes). So<br />
stellt er fest, sich dabei auf reichliche, gut recherchierte <strong>und</strong> ausgewertete<br />
Fachliteratur beziehend, dass unsere Zeit „das Zeitalter der Therapien“ sei;<br />
dass das Religiöse durch therapeutisches Denken verdrängt worden sei <strong>und</strong><br />
dass auch die Religion selbst „zunehmend auf ihren therapeutischen Wert<br />
hin befragt“ werde, nämlich: Was nützt mir Religion, wenn es um meine individuelle<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> mein individuelles Glück geht?<br />
Der Autor erkennt hier eine Dissoziation (<strong>und</strong> Dissonanz), die seiner Ansicht<br />
nach – durchaus richtig – zwischen religiösem Heils- <strong>und</strong> therapeutischem<br />
Glücksbegriff besteht. Darum lehnt er dezidiert ab, die Psychotherapie<br />
(im weitesten Sinne) nur als metaphysiklose <strong>und</strong> rein kurative Interventionsmöglichkeit<br />
anzusehen, ohne deshalb die Relevanz der intersubjektiven<br />
Überprüfbarkeit der Psychotherapie in Frage zu stellen. Er plädiert da<strong>für</strong>,<br />
einen mehrstufigen Erkenntnisaufbau in der Psychologie vorzuziehen <strong>und</strong><br />
dabei auch dem „anthropologischen Apriori“ [Formulierung des Rezensenten]<br />
Aufmerksamkeit zu schenken. Gemeint ist damit, so János Vik, „die geistige<br />
Problematik der Psychotherapie“ (Frankl) <strong>und</strong> damit das Einbeziehen der<br />
Weltanschauung <strong>und</strong> der Wertung in das psychotherapeutische Handeln (S.<br />
22). Von hier aus stellt Dr. Vik seine These auf (abgekürzt zitiert):<br />
Glück <strong>und</strong> Heil betreffen das menschliche Leben, sowohl punktuell als auch in<br />
seinem Ganzsein. Sie lassen sich einander sinnvoll zuordnen, wobei einerseits eine<br />
letzte Unverfügbarkeit (d.h. der bleibende Geschenkcharakter) erfüllten Lebens bewahrt<br />
bleiben muss, andererseits aber auch die unabwälzbare menschliche [individuelle]<br />
Verantwortung <strong>und</strong> das spezifisch humane Werk [das schöpferische Tun]<br />
an der Erfüllung des eigenen Lebens hervorgehoben <strong>und</strong> betont werden muss (S.<br />
24).<br />
Mit dieser brillant formulierten These ist schon in der Einleitung die Tür<br />
zur Existenzanalyse <strong>und</strong> <strong>Logotherapie</strong> geöffnet, weil sie eine einzigartige „integrierende<br />
Kraft“ ausüben kann, wenn scheinbar so – vom Zeitgeist her geprägte<br />
– disparate Begriffe wie Glück <strong>und</strong> Heil wieder zueinander finden<br />
sollen. Unter dem Postulat des Willens zum Sinn (Frankl) kann ein jeder<br />
Mensch – der Atheist wie der konfessionell Gläubige – in den Blick genommen<br />
werden, behauptet János Vik, <strong>und</strong> er hat in dieser Sache recht.<br />
In den Kapiteln 2 bis 5 bietet (S. 26 bis 240) der Verfasser einen kulturgeschichtlichen<br />
Überblick über abendländische Glücks- <strong>und</strong> Heilvorstellungen,<br />
geht auf den neuzeitlichen Antagonismus zwischen Glück <strong>und</strong> Heil ein <strong>und</strong>