Download - Freud Lacan Gesellschaft - Psychoanalytische ...
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Verästelungen des Wahrnehmungsapparates und weiter ins neuronale<br />
Netz des Bewußtseins und da hindurch in die Morphologien des<br />
Transpersonalen und weiter und weiter und weiter. Das im besten Fall.<br />
In diesem neuen Verhältnis ist das Andere, das Stumme nicht mehr<br />
vorhanden, es wird zu einem Rest der alten Ordnung, es hat schlichtweg<br />
aufgehört zu sein, in uns. So tragen wir es auf dem Rücken.<br />
Die alte Ordnung - wir sehen ihre Bruchstücke an unserem Körper<br />
entlanggleiten - ihre noch handwarme Vertrautheit perforiert kurz das<br />
Herz-, sie drehen sich und schimmern ein letztes Mal in der Leere und<br />
sinken langsam weg. Manchmal fUrchte ich, daß wir plötzlich wie Gas<br />
aus lecken Druckflaschen aus unsern Körpern zischen, weil wir das<br />
Andere und unser Stummes zu der alten Ordnung schlagen und aus<br />
uns streichen.<br />
Es folgen die drei Geschichten.<br />
1. GESClllCIlTE: NIRV ANA<br />
Eine große Liebe hatte abrupt geendet. Nach den ersten Wochen<br />
verflüssigte sich der Schmerz nicht mehr in Rotz und Tränen. Er zog<br />
sich nach innen zurück und lag dort unzugänglich, steif und sperrig<br />
wie eine umgestürzte Schaufensterpuppe, eine geschlechtslose Blöße<br />
unter Glas. Da war in mir etwas Zweites, Fremdes, und ich mochte es<br />
nicht und nahm Zuflucht zu alten Betäubungsritualen im Hause<br />
meiner Eltern. Im Lauf der Jahre hatte sich gezeigt, daß diese Rituale<br />
manchmal an ihrem Ende eine heitere, wissenlose Durchsicht und<br />
Versöhnung der Umstände bewirken konnten - davor aber erhoffte<br />
ich mir eine erneute Verflüssigung des Schmerzes.<br />
Gegen halb Elf - das Haus ist bereits still und dunkel - setze ich<br />
mich ins Fernsehzimmer und beginne durch das endlose Maisfeld der<br />
Geschichten zu rudern und zu stolpern. Die Geschichten stehen hoch<br />
und gilb und rascheln dürr, die ganze Nacht. Es laufen viele Linien,<br />
manchmal bleibe ich lange, manchmal nur kurz in einer, zwänge mich<br />
in die nächste weiter, und so geht es lange die Tastatur der Fernbedienung<br />
auf und ab, bis in dic kleinen Stunden. Es sitzt nur noch Fleisch<br />
und Skelett, das Übrige ist von diesem neurologischen Rammbock aus<br />
weißer gekörnter Strahlung zerblasen, die Gehirnwellen zerbrochen,<br />
die wortbesetzten Verstandesschichten pulverisiert. Eine zweite wortlose<br />
Art des Verstehens bietet sich jetzt an. Ich ging durch das große<br />
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