Download - Freud Lacan Gesellschaft - Psychoanalytische ...
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sehen Reichstag im Jahre 1916 muß in einem einschlägigen Archiv<br />
liegen.<br />
Ossip Mandelstam. Für mich eine Entdeckung. Von April bis<br />
November 1930 ist er mit seiner Frau Nadeschda nach Armenien<br />
gefahren. 1990 erschien die erste unzensierte Mandelstam-Ausgabe<br />
in der Noch-Sowjetunion. "Doch mein Auge, versessen auf alles<br />
Seltsame, Flüchtige und schnell Verfließende, hat auf der Reise nur<br />
das lichtbringende Zittern der Zufalligkeiten, das Pflanzenornament<br />
der Wirklichkeit eingefangen.", wird er schreiben, zurückgekehrt<br />
nach Moskau - "in Muskau gibt es Telephone, Faulbeerbäume. Durch<br />
Hinrichtung berühmt ist jeder Tag." Von seiner Reise bringt er Sätze<br />
mit wie: "Es war die herrlichste Beifallsbezeugung, die ich in meinem<br />
Leben zu hören bekommen habe: Man bejubelte einen Menschen für<br />
die Tatsache, daß er noch kein Leichnam war." Man begegnet Sarjan,<br />
dem Maler, Kegische Tscharenz, "Wer war er? Ein geborener Witwer,<br />
bei noch lebender Ehefrau". Man wird auf dieser Reise Buffon treffen,<br />
Lamark und Linne: "Linne hat bestimmt als Kind im kleinen Uppsala<br />
die Jahrmärkte besucht, hat sich nicht satthören können an den<br />
Erklärungen in der fahrenden Tierschau." Es ist eine - damals wie<br />
heute - neue Prosa. Mandelstam ist ein Rädelsführer nomadisierender<br />
Worthorden. Die Schatztruhe der großen Revolution in dem riesenarmen<br />
Land wird erst jetzt, von ihren Gegnern, geöffnet.<br />
Armenien, Armenien enthält den Reisebericht einschließlich der<br />
dazugehörigen Notizen, die Gedichte, die aus der Reise aufgetaucht<br />
sind. Dunkelfeuchte Klippen aus der zurückweichenden Flut. Ein<br />
Buch, in das man sich lagern kann wie nach einer Brotzeit aus<br />
schwarzen Oliven, herbem Wein und Schafskäse.<br />
Mandelstam starb irgendwann 1933 in einem sowjetischen Ge fangnis.<br />
Genaues weiß man nicht. Eines seiner Gedichte beginnt mit dem<br />
Satz: "Kalt ist der Rose im Schnee ... " und schließt: "Schnee, Schnee<br />
auf Reispapier. Der Berg schwimmt an die Lippen. Ich friere. Bin so<br />
froh ... "<br />
Isaac Babel, der Genosse Mandelstams, erschlagen wie er, schreibt<br />
1920 in seinem Tagebuch: "Wie wir die Freiheit bringen, - schrecklich."<br />
Ossip Mandelstam: Armenien. Armenien. Notizbuch. Gedichte<br />
1930-33. Zürich: Ammann Verlag 1994.<br />
Wo gehen wir denn heute abend hin? Heute ist Kinotag. Wenn wir<br />
Glück haben, finden wir ein Kino, das uns Lisbon Story von Wim<br />
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