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Download - Freud Lacan Gesellschaft - Psychoanalytische ...

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Nachum Remba, damals Sekretär der jüdischen Gemeinde, hat einen<br />

kurzen Bericht geschrieben, der sich in den geheimen Archiven des<br />

Warschauer Ghettos findet, die von Dr. Emanuel Ringelblum aufgebaut<br />

wurden:<br />

"Dichtgedrängte menschliche Masse, von Peitschen angetrieben.<br />

Plötzlich befahl Herr Szmerling (der jüdische Kommandeur der TransportsteIle),<br />

daß die Waisen vortreten sollen. Korczak war am Kopf der<br />

Prozession. Den Anblick werde ich nie vergessen. Man bestieg nicht<br />

einfach die Lastwagen, es war ein organisierter schweigender Protest<br />

gegen diese Barbarei. Im Gegensatz zu den dichtgedrängten Massen,<br />

die wie Lämmer zum Schlachter gingen, begann nun eine Prozession,<br />

die man vorher noch nie gesehen. Die Kinder hatten Reihen zu viert<br />

gebildet, Korczak an der Spitze, die Augen zum Himmel; er hielt zwei<br />

Kinder an ihren kleinen Händen. Der zweite Zug wurde von Stefania<br />

Wilczynska, der dritte von Broniatowska - ihre Kinder hatten blaue<br />

Rucksäcke - und der vierte von Szternfcld geführt. Selbst die Polizei<br />

stand stramm und salutierte. Als die Deutschen Korczak sahen, fragten<br />

Sie: ,Wer ist dieser Mann?' " Die Fahrt ging nach Treblinka.<br />

"Nicht so sehr der Versuch einer Synthese als vielmehr einem Grabstein<br />

aus Versuchen, Erfahrungen, Fehlern. Vielleicht ist das einmal,<br />

nach fünfzig Jahren,jemandem von Nutzen ... " Es ist eine rücksichtslose<br />

Schrift, ohne Gnade - vom barfüßigen Schreiben in der Hölle.<br />

"Musiek ist in Paris geboren und wurde später dem Vaterland<br />

zurückgegeben; dann vergiftete er drei Jahre lang das Leben von<br />

dreißig Waisenkindern im Kindergarten.<br />

Ich habe in der Speziellen Pädagogik einen Aufsatz über ihn geschrieben<br />

und darin die Auffassung vertreten, daß Strafkolonien notwendig<br />

seien, und ich habe dabei sogar die Todesstrafe erwähnt. Er ist<br />

noch so jung! Noch fünfzig volle Jahre wird er sein Unwesen treiben!<br />

Die verehrte Frau Maria, betroffen lächelnd :<br />

"Sie scherzen wohl?"<br />

"Durchaus nicht. Wieviel menschliches Leid, wieviele Schmerzen,<br />

wieviele Tränen ... "<br />

"Sie glauben also grundsätzlich nicht an eine Besserung?"<br />

"Ich bin kein Adler", antwortete ich barsch.<br />

Mit Frau Dr. Grzegorzewska kann man nicht lange böse sein.<br />

Ein Komprorniß: ich habe die Todesstrafe gestrichen, war also nur<br />

noch für die Besserungsanstalt - aber eigentlich gegen meine Überzeugung.<br />

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