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Kein schöner Land in dieser Zeit. Verlorene ... - Reimar Oltmanns

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das Grundrecht glaubte auch der Arbeitersohn Dieter Feser. Doch se<strong>in</strong>e Gewissensgründe<br />

<strong>in</strong>teressieren den Vorsitzenden Bendrien nicht. Fesers Verhandlung begann am 27. Februar 1975<br />

morgens um 11 Uhr. Gegen 13 Uhr war er durchgefallen, Um 14 Uhr saß "der Versager" zu Hause<br />

an Mutters Küchentisch und schrieb aus dem Gedächtnis nieder, wie ihn Bendrien traktiert hatte.<br />

Hier die wichtigsten Auszüge aus dem Verhör:<br />

Frage: Warum s<strong>in</strong>d Sie <strong>in</strong> der Schule eigentlich sitzen geblieben?<br />

Antwort: <strong>Ke<strong>in</strong></strong>e<br />

Frage: Können Sie denn dazu nichts sagen? Waren Sie denn immer e<strong>in</strong> schlechter Schüler?<br />

Antwort: <strong>Ke<strong>in</strong></strong>e<br />

Frage: Hören Sie, Herr Feser, <strong>in</strong> Ihrem Beruf müssen Sie doch auch Intelligenz mitbr<strong>in</strong>gen<br />

und reden können.<br />

Antwort: Ja, das stimmt. - Ich habe e<strong>in</strong>mal dieselbe Klasse wiederholt. Und das mit 13/14<br />

Jahren. Aber das ist doch schon lange her. Was hat das mit heute zu tun?(... )<br />

Frage: Aus Ihren Unterlagen geht davor, dass Sie der Kirche gegenüber negativ e<strong>in</strong>gestellt<br />

s<strong>in</strong>d. Hängt Ihre, sagen wir mal, kritische Haltung zur Kirche nicht damit zusammen, dass Sie <strong>in</strong><br />

Wirklichkeit unsere Staatsform ablehnen?<br />

Antwort: Ne<strong>in</strong>, ich wollte damit ja nur sagen, dass ...<br />

Frage: ... Herr Feser , ist Ihnen denn nicht bekannt, dass zum Beispiel Willy Brandt gesagt<br />

hat: "Wer für den Frieden ist, muss auch Verteidigung haben"?<br />

Antwort: Ja, aber ich wollte doch nur sagen, dass ich <strong>in</strong> Oerlenbach als Messdiener gesehen<br />

habe, wie die Geistlichen sich <strong>in</strong> der Sakristei benahmen, und dann, wie sie sich im Gottesdienst<br />

verhielten. Da zog ich so me<strong>in</strong>e immer me<strong>in</strong>e Vergleiche. Es waren me<strong>in</strong>e ersten Denkanstöße<br />

über den Glauben. Uns hat man doch immer gesagt, wir sollen den Nächsten lieben. Dann fragte<br />

ich me<strong>in</strong>e Eltern über Glaubensfragen aus. Sie antworteten, wie ich so etwas überhaupt fragen<br />

könne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Dorfgeme<strong>in</strong>schaft, wo viele am Sonntag <strong>in</strong> die Kirche gehen, frägt man nicht nach<br />

D<strong>in</strong>gen, die die festen Grundsätze überschreiten. (...)<br />

Frage: Sie redeten von e<strong>in</strong>er Schlägerei, die Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Tanzlokal aus nächster Nähe<br />

miterlebt haben. Ist Ihnen denn nicht spätestens dort klar geworden, dass man sich verteidigen<br />

muss?<br />

Antwort: Ja, ich b<strong>in</strong> es doch gewesen, der Hilfe holte. Wir legten dann den<br />

Zusammengeschlagenen auf e<strong>in</strong>e Decke und riefen die Polizei und Krankenwagen. Selbst hier noch<br />

schimpften die Leute. Wir sollten ihn e<strong>in</strong>fach liegen lassen. Und, wieso wir e<strong>in</strong>fach dazu kämen, die<br />

Polizei anzurufen. Ich wollte dann mit den Leuten reden, wie man nur so brutal se<strong>in</strong> kann. Aber da<br />

drohten sie mir auch Prügel an. (... )<br />

Frage: Und wenn Sie nun tatsächlich angegriffen worden wären? Hätten Sie sich dann<br />

nicht gewehrt? Es wäre doch Notwehr gewesen.<br />

Antwort: Ich habe doch niemandem etwas getan ... Für mich s<strong>in</strong>d Schlägereien undenkbar.<br />

Ich könnte nie auf Menschen schießen oder auch nur auf e<strong>in</strong>en Papp-Kameraden zielen. Das kann<br />

ich nicht ... Das Gewissen sagt, das ist nicht gut, es ist Unrecht. (... )<br />

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