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Kein schöner Land in dieser Zeit. Verlorene ... - Reimar Oltmanns

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Jean-Bédel Bokassa (*1921 +1996) exerzierte schon mit sechzehn Jahren für die<br />

französische Armee. Diese hatte zehn Jahre vorher se<strong>in</strong>en Vater erschossen. Die Familie musste<br />

zusehen. Am Anfang des Jahrhunderts schockten die Franzosen mit ihren Sklaven-Massakern <strong>in</strong><br />

den Niederungen am Ubangi-Fluss die Weltöffentlichkeit. Bokassas Mutter nahm sich nach dem<br />

Tod ihres Mannes das Leben. Vollwaise Jean-Bédel machte Frankreich zu se<strong>in</strong>em Ersatzvaterland.<br />

Für die Franzosen kämpfte er zuerst gegen die Deutschen, dann <strong>in</strong> Vietnam und <strong>in</strong> Algerien. In 23<br />

Dienstjahren brachte er es zum höchst dekorierten schwarzen Soldaten <strong>in</strong> der französischen<br />

Armee. Neunundsiebzig Orden, meist Tapferkeitsauszeichnung vorm Fe<strong>in</strong>d, schmückten schon<br />

damals se<strong>in</strong>e Brust. Als Ubangi-Schari 1960 unabhängig wurde, avancierte Bokassa zum<br />

Armeechef. Sechs Jahre später putschte er gegen se<strong>in</strong>en Vetter David Dacko (*1930 +2003).<br />

Seither zeigt er se<strong>in</strong>er 2,5 Millionen-Bevölkerung, was er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Feldzügen gelernt hat: Mord,<br />

Folter, Terror.<br />

Der "petit maréchal", wie Bokassa herzhaft von den Franzosen genannt wird, machte<br />

erstmals im Jahre 1972 von sich reden. An der Spitze von Kab<strong>in</strong>ett und Generalstab g<strong>in</strong>g er mittags<br />

<strong>in</strong>s Zentralgefängnis von Bangui, um den Dieben des <strong>Land</strong>es e<strong>in</strong>e Lektion zu erteilen. Se<strong>in</strong>e<br />

Soldaten hatten schon alle Vorbereitungen getroffen. In Zweierreihen kauerten vier Dutzende<br />

Diebe auf dem Gefängnishof. Der Präsident trat auf und befahl: "Pro Mann e<strong>in</strong> Dieb." Die<br />

Soldaten schlugen auf die Diebe e<strong>in</strong>. Drei fielen tot um. Die Überlebenden wurden gefesselt auf<br />

den Marktplatz getrieben. Fünf Stunden mussten sie dort <strong>in</strong> glühender Sonne zur Abschreckung<br />

ausharren. Gleichzeitig verfügt der Staatschef: Künftig soll allen Dieben das l<strong>in</strong>ke Ohr<br />

abgeschnitten werden, im Wiederholungfall auch das rechte. Beim dritten Mal wird die Hand<br />

abgehackt. Am nächsten Tag lebte von den Geschundenen ke<strong>in</strong>er mehr. Über Rundfunk teilte<br />

Bokassa mit: "Diese Diebe s<strong>in</strong>d alle ums Leben gekommen. Wir haben ihnen die menschliche<br />

Würde entzogen."<br />

Als UN-Generalsekretär Kurt Waldheim (1986-1992; *1918+2007) Bokassas Grausamkeit<br />

öffentlich tadelte, bekam das Kaiser vor se<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>ister e<strong>in</strong>en Tobsuchtsanfall: "Dieser Ausbeuter<br />

und Zuhälter soll doch das Maul halten." Das müssen sonst nur se<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>ister. Zwei Drittel haben<br />

während se<strong>in</strong>er Amtszeit m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im Gefängnis gesessen. Denn der "Patriarch mit dem<br />

Rohrstock", so das NachrichtenMagaz<strong>in</strong> "Jeune Afrique" duldet ke<strong>in</strong>e Nachlässigkeiten. Wer sich<br />

ihm dennoch widersetzt, dem ergeht es so wie dem früheren Polizeipräsidenten Jean-Baptiste<br />

Mounoumbaye. Zur Folterung hatte der Diktator die ganze Familie zwangsgeladen. Erst wurden<br />

dem Polizeichef die Augen aus den Höhen gerissen, dann die Arme und schließlich die Be<strong>in</strong>e<br />

gebrochen, bevor e<strong>in</strong>e Gewehrsalve dem grausamen Spiel e<strong>in</strong> Ende bereitete. Se<strong>in</strong>en früheren<br />

Freund und Putschgenossen Oberst Alexandre Benza schnitt Bokassa persönlich mit e<strong>in</strong>em<br />

Rasiermesser Monogramme <strong>in</strong> den Oberkörper. Soldaten mussten Banza dann das Rückgrat<br />

brechen und durch die Straßen schleifen.<br />

Ähnlich ergeht es den M<strong>in</strong>istern oder Militärs <strong>in</strong> Äquatorial-Gu<strong>in</strong>ea. Von den M<strong>in</strong>istern,<br />

die 1968 das Kab<strong>in</strong>ett bildeten, lebt heute ke<strong>in</strong>er mehr. Zwei Drittel aller Mitglieder der<br />

Nationalversammlung s<strong>in</strong>d Säuber-ungen zum Opfer gefallen. Präsident Francisco Macías Nguema<br />

(1968-1979; *1924+1979) diente den Spaniern als mittlerer Kolonialbeamter, bevor er 1968 zur<br />

Staatsführung auserkoren wurde. Se<strong>in</strong>en Außenm<strong>in</strong>ister Atan-sio Nkongo zwang er mit<br />

vorgehaltener Pistole, aus dem Fenster zu spr<strong>in</strong>gen. Se<strong>in</strong>en Erziehungsm<strong>in</strong>ister Ochaga erschlugen<br />

Wachposten im Gefängnis von Bata. Von den 400.000 E<strong>in</strong>wohnern s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Viertel nach Nigeria<br />

geflüchtet. Aus Angst vor Tod und Brutalität. 40.000 Intellektuelle hat Macías während se<strong>in</strong>er<br />

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