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Kein schöner Land in dieser Zeit. Verlorene ... - Reimar Oltmanns

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angesehen werden." Und weiter: "Auch diese Grundrechte (müssen) gegenüber e<strong>in</strong>er Gefährdung<br />

der freiheitlich demokratischen Grundordnung zurücktreten."<br />

Fall zwei: E<strong>in</strong> Offizier der Bundeswehr hatte bei e<strong>in</strong>er Diskussion <strong>in</strong> der Schreibstube<br />

gegenüber Kameraden erklärt, <strong>in</strong> Deutschland könne man nicht frei se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung äußern. Als<br />

daraus e<strong>in</strong> Rechtsstreit zwischen Soldat und Staat entstand, entschied letztendgültig das<br />

Verfassungsgericht: "E<strong>in</strong> auf das Pr<strong>in</strong>zip der streitbaren Demokratie begründetes Geme<strong>in</strong>wesen<br />

kann es nicht dulden, dass se<strong>in</strong>e freiheitliche Ordnung bei politischen Diskussionen <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Truppe und während des Dienstes von militärischen Vorgesetzten <strong>in</strong> Frage gestellt wird." Und<br />

weiter heißt es <strong>in</strong> dem Urteilsspruch: "Mit der provozierenden Behauptung, <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />

könne man se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung nicht frei äußern, diffamiert der Beschwerdeführer die freiheitlich<br />

demokratische Ordnung."<br />

E<strong>in</strong>ziger Trost für den Soldaten: Mit diesem Satz haben ihm die Richter den Beweis für<br />

die Richtigkeit se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung geliefert.<br />

Die wenigen kritischen SPD-Abgeordneten, die die verhängnisvolle Entwicklung<br />

erkannten, waren machtlos. Was sollten sie auch tun, wenn der oberste Strafverteidiger der<br />

Republik, Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sie mit den Worten unter Druck setzte: "Wenn<br />

nicht die Überwachung der Verteidiger beschlossen wird, kann ich nicht ausschließen, dass es zu<br />

weiteren Aktionen wie dem Überfall auf die Botschaft <strong>in</strong> Stockholm kommt"?<br />

Typisch für das Verhalten der SPD-L<strong>in</strong>ken war der unbeholfene Protest des Schriftstellers<br />

und Abgeord-neten Dieter Lattmann gegen das Gesetz, das die Befürwortung von Gewalt unter<br />

Strafe stellt. Ursprünglich fest entschlossen, sich nicht dem Fraktionszwang zu beugen und gegen<br />

das Gesetz zu stimmen, kippte Lattmann um, als es am Tag vor der Bundestagssitzung zum<br />

Machtwechsel <strong>in</strong> Niedersachsen kam. Lattmann beließ es bei e<strong>in</strong>er mahnenden Rede: "E<strong>in</strong>e<br />

Bewegung ist <strong>in</strong> Kraft, die Freiräume e<strong>in</strong>engt und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen Weimarer Ausmaße von<br />

Demokratiefe<strong>in</strong>dlichkeit annimmt." Im Kreise von Genossen entschuldigte er sich später: "Hätte<br />

ich doch noch dagegen gestimmt, dann hätte die CDU/CSU behauptet: ' In Hannover hat die SPD<br />

die Regierung verloren und <strong>in</strong> Bonn laufen dem Kanzler die Stimmen weg." Der SPD-L<strong>in</strong>ke Harald<br />

B. Schäfer zeigte Verständnis dafür: "Man muss doch den politischen Druck sehen, unter dem wir<br />

stehen."<br />

Durch ihr ständiges Nachgeben gegenüber Forderungen von rechts haben die<br />

Sozialdemokraten "den geistigen Boden für e<strong>in</strong>e weitere Demontage unseres Rechtsstaates durch<br />

reaktionäre Kräfte geschaffen (Professor Grünwald). Und auch die Rechnung der Genossen, die<br />

glaubten, den Christdemokraten den W<strong>in</strong>d aus den Segeln nehmen zu können, g<strong>in</strong>g nicht auf.<br />

Denn schon haben Politiker von CDU/CSU weitere e<strong>in</strong>schneidende Gesetzesentwürfe<br />

e<strong>in</strong>gebracht, mit denen die Bundes-republik zu e<strong>in</strong>em perfekten Obrigkeitsstaat ausgebaut würde:<br />

• In die Strafprozessordnung soll der Begriff "Verfahrenssabotage" e<strong>in</strong>gefügt und der<br />

Richter mit Polizeigewalt gegenüber se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach aufmüpfigen<br />

Verteidigern, Angeklagten und Zuhörern ausgestattet werden. Gestützt auf diesen<br />

schwammigen Begriff kann er sie zu Geldstrafen bis 2000 Mark oder bis zu e<strong>in</strong>er<br />

Woche Haft verdonnern.<br />

• Nicht nur der Schriftwechsel zwischen Verteidigern und Beklagten soll überwacht<br />

werden dürfen, sondern auch jedes direkte persönliche Gespräch.<br />

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