PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
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Service-Kunst Anmerkungen<br />
sie benutzt.<br />
Neben dem Situationismus sind es natürlich<br />
die im Umfeld der späteren Aktions<strong>kunst</strong> prolongierten Bestrebungen<br />
einer Reintegration von Kunst in Lebenspraxis, die einer<br />
Vorbetrachtung in bezug auf Service-Kunst bedürfen.<br />
In den 70er Jahren zogen manche Künstler Konsequenzen<br />
aus einer als unversöhnlich oder destruktiv und mithin erfolglos<br />
erachteten Praxis des Happenings sowie angrenzender Felder<br />
und versuchten, auf differenziertere und z. T. konstruktive Weise<br />
gesellschaftsverändernd zu wirken. Als am 13. 1. 1978 ein Streitgespräch<br />
zwischen Joseph Beuys und John Latham, einem Vertreter<br />
der „Artist Placement Group“ stattfand25 , konnte es sich<br />
bereits nur noch um eine Rückschau antagonistischer Lager handeln:<br />
Beuys, dessen Sozialaktivismus sich einerseits gegen jegliche<br />
Kollaboration mit bestehenden gesellschaftlichen Organisationen<br />
verwehrte und der die Forderung neuer dagegenstellte, der aber<br />
zugleich seine Aktivitäten im Nachhinein werkhaft oder charismatisch<br />
auf sich bündelte, auf der einen Seite – und auf der anderen<br />
Seite eine Gruppierung, die kollektiv und kooperativ gesinnt<br />
war, die sich dementsprechend von der Einschaltung in bereits<br />
vorhandene soziale Projekte bzw. von der Integration selbstkonzipierter<br />
sozialer Projekte in ermöglichende und bestehende<br />
soziopolitische Strukturen partikulare Reformen versprach. Eher<br />
auf dieser Seite als auf der eines Beuys oder Wolf Vostell standen<br />
denn auch Dolores Pacileos Arbeiten mit behinderten Kindern,<br />
Siegfried Neuenhausens Resozialisierungserleichterungen<br />
für Strafgefangene mittels deren Einbindung in die Gestaltung<br />
einer öffentlichen Grünfläche in Bremen, Lili Fischers „Körperund<br />
Kunstgriffe“ – eine Art Selbstbewußtwerdungs-Service dank<br />
verabreichter Massagen –, oder Charles Simonds Ermutigungen<br />
sozial Marginalisierter, selbst gestalterisch in urbanen Nischen<br />
25 Vgl. Margarethe Jochimsen: „Kunst als soziale Strategie“, In „Kunstforum<br />
International“, Bd. 27, 3/1978 (Themenband: „Kunst als sozialer<br />
Prozeß“), S. 72 – 99, hier S. 81.<br />
26 Vgl. M. Jochimsens Schilderung dieser Aktivitäten, „Kunst als sozialer<br />
Prozeß“, S. 81 – 96.<br />
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