PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
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Anmerkungen Christian Janecke<br />
lerische Botschaft sich überhaupt noch an prinzipiell Jeden und<br />
Jede richte, ob es nicht ein „Interesse an differenten Szenarien“<br />
gebe, „die partout nicht verflochten und hegemonial organisiert<br />
werden wollen“. Das Subjekt solcher Aktivität werde, so Andreas<br />
Spiegl 60 , durch das „Ex-ject“ abgelöst. Es „hat den Gesellschaftsvertrag<br />
des Subjekts aufgekündigt und an dessen Stelle ein Pasticcio<br />
aus temporären und partikulären Sozialisationen gesetzt.“<br />
Für die postmodern geschulte, kulturkritische Linke ein heikles<br />
Thema, weil die Beschäftigung mit Positionen der Alterität und<br />
der vorzugsweise im Gruppenzusammenschluß von Künstlern<br />
praktizierte Versuch, Sand ins Getriebe zu streuen, sich genau am<br />
Anspruch des Partikularen kompromittieren könnten, wenn nämlich<br />
die Sandkörner sich zum Brocken zusammenklumpen müssen,<br />
damit überhaupt Aufmerksamkeit und Wirkung resultieren.<br />
Ein illustres Beispiel für dieses Dilemma gibt Stefan Römer mit<br />
seinem Versuch, über Grundsätze heute legitimer Gruppenbildungen<br />
von Künstlern aufzuklären: In Anbetracht japanischer<br />
Unternehmen, die bereits das Gruppenarbeitsmodell erfolgreich<br />
zur Effektivitätssteigerung eingesetzt haben, verordnet er den<br />
Künstlern vier Seiten lang diskursive Selbstreinigung, Wachsamkeit<br />
vor Hierarchiebildung und karrieristischer Absonderung<br />
Einzelner. Und für den Fall, daß doch einmal „Vereinnahmung“<br />
drohe: „Eine selbstorganisierte Gruppe kann sich dagegen [im<br />
Gegensatz zu den ‚hegemonialen‘ Bestrebungen von etablierten<br />
Kräften in der Kunstwelt (C. J.)] auflösen.“ 61 Daß Erfolgsinteresse<br />
vielleicht dasjenige sein könnte, was zunächst eine Gruppe<br />
zusammenbringt, wird zur Quantité négligeable.<br />
Es läßt sich die recht eingeschränkte Rezeption künstlerisch-aktivistischer<br />
und mithin partikularer Initiativen mit dem<br />
Neologismus „Ex-ject“ alliterativ zu Rem Koolhaas’ „Ex-City“, einem<br />
urbanistischen Konzept flexiblen Wachstums, steter Erneuerung und<br />
permanenten Identitätswechsels. (Ebd.)<br />
61 Vgl. Stefan Römer: „Die Autonomie der Kunst oder die Kunst der<br />
Autonomen“, S. 90 – 95. Differenzierter hierzu argumentiert Juliane<br />
Rebentisch: „Zum Zusammenhang“ (im gleichen Band), S. 177 – 185.<br />
62 Joshua Decter: „Kultureller Widerstand“, In Marius Babias: „Im<br />
Zentrum der Peripherie“, S. 29 – 51. zit. S. 30 u. 51.