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PDF (2,8 MB) - kunst verlassen

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240<br />

Anmerkungen Christian Janecke<br />

einzugreifen 26 . Die Parallelen zur heutigen Service-Kunst sind<br />

z. T. frappant, und ich möchte nicht entscheiden, ob sich manches<br />

von dieser nur dem Vergessen jener verdankt, oder ob es<br />

uneingestandene Scham der heutigen Kunstkritik ist, die – würde<br />

sie die damalige und heutige Praxis vergleichen – sich als Differentia<br />

spezifica letzterer gerade dasjenige eingestehen müßte,<br />

was offizielle Verlautbarung stets verschweigt: die szenekünstlerische<br />

Ostentation.<br />

Nicht die Bemühung, Kunst in Lebenspraxis zu reintegrieren,<br />

so wie es in historischer Folge Peter Bürgers „Theorie der Avantgarde“<br />

27 rekapituliert hatte, sondern genaugenommen deren<br />

Scheitern war also bereits Ausgangspunkt jener punktuellen oder<br />

projekthaft angelegten Versuche der 70er Jahre. Wahr-scheinlich<br />

wäre es ohne Böswilligkeit möglich, ein Scheitern auch dem späteren<br />

Avantgarde-Teilbereich: „Service-Kunst“ zu attestieren. Und<br />

zwar im Sinne eines zuvorkommenden Scheiterns als einer Strategie<br />

ästhetischen Gelingens. Mit anderen Worten: Indem die Service-<br />

Kunst die letztliche Folgenlosigkeit ihrer Angebote für die Praxis<br />

bereits stillschweigend voraussetzen kann, darf sie es sich gestatten,<br />

am Habitus, an der Attitüde der Praxisrelevanz festzuhalten.<br />

Die Verinnerlichung dieses Scheiterns, die Verinnerlichung auch<br />

des Utopieverlustes, der in den 70er Jahren noch nachwirkte,<br />

indem er nämlich unprätentiöse Formen sozial-künstlerischer<br />

Interaktion als affirmative Resignation hervorbrachte, kehrt sich<br />

in der Service-Kunst der 90er Jahre möglicherweise um in resignative<br />

Affirmation: Marie-Ange Guilleminots Fußmassage für das<br />

Kunstpublikum der „Skulptur.Projekte Münster“ (1997) lieferte<br />

in der Verbergung der Dienstleister bei gleichzeitiger Prominenzsteigerung<br />

der Initiatorin ein unfreiwilliges Symbol für die<br />

ästhetische Fermentierung nachklingender sozialer Ambition.<br />

Resignative Affirmation hat allerdings noch andere Wurzeln, die<br />

in Richtung „Real<strong>kunst</strong>“ 28 weisen, gegen Ende des folgenden<br />

27 Peter Bürger: „Theorie der Avantgarde“, Frankfurt a. M., (4. Aufl.)<br />

1982. Vgl. hierzu die Differenzierung des „Scheiterns“ der Avantgarde-<br />

Bewegungen bei P. Kiwitz: „Lebens<strong>kunst</strong> und Lebenswelt“, bes. S. 30 ff.<br />

u. S. 80.<br />

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