PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
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Service-Kunst Anmerkungen<br />
Argument nobilitieren, dadurch blieben diese frei von jenem universalistischen<br />
Geltungsanspruch, gegen den sie doch vorgingen<br />
– nicht ohne jedoch über „Segen und Fluch des Pluralismus“ dort<br />
zu klagen, „wo der ‚unsichtbare‘ Rahmen der Avantgardekultur<br />
ein Territorium eingrenzt, innerhalb dessen die ‚Differenz‘<br />
gestattet, gepflegt und geradezu kultiviert wird. Innerhalb dieses<br />
Rahmens werden Grenzüberschreitungen jeder Art gefördert und<br />
regelmäßig dem Blick der Öffentlichkeit vorgestellt. Der hohen<br />
Kultur ist es erlaubt, ständig ihre eigenen augenscheinlichen Subversionen<br />
zu fabrizieren.“ Joshua Decter, dessen Befürchtungen<br />
um „Vereinnahmung“ hier zu Wort kamen, beschließt denn auch<br />
seinen Essay über „Kulturellen Widerstand“ 62 im vermächtnishaften<br />
Tonfall links-apropriierter Negativer Theologie: „Nein,<br />
ich habe keine Kandidatenliste von Künstlern oder Kritikern für<br />
die nächste Avantgarde des ‚kulturellen Widerstands‘. Ein solches<br />
Manöver wäre nur eine weitere Nachschublieferung für den<br />
bestehenden institutionellen Apparat, der nach der administrativen<br />
und bürokratischen Herrschaft über diese Praktiken strebt,<br />
um sie in ‚zugängliche‘ Informationen zu verwandeln. Statt dessen<br />
ist es dringend nötig, die von jedem neuen Modell in Aussicht<br />
gestellte sofortige Befriedigung aufzuschieben“.<br />
Unbelassen der Frage, ob man es für nötig befindet, in dieser<br />
Diskussion um selbstverordnete (weil als emanzipativ erachtete)<br />
Partikularisierung und um die mithin divergente Peripherie<br />
für oder gegen deren Implikationen Partei zu ergreifen, besteht<br />
faktisch die Tendenz großer Bereiche zeitgenössischer Kunst<br />
– namentlich der sozialaktivistischen, häufig ethnische oder<br />
anderere Minderheiten thematisierenden Praktiken sowie kontextueller<br />
Kunst – sich parallel, teilweise in Verflechtung mit<br />
Populärkultur und exemplarisch der Musikszene, vom aufkläre-<br />
63 Hier im Kantischen Sinne, also (insbesondere) in ästhetischer Hinsicht<br />
als „Idee eines gemeinschaftlichen Sinnes, d. i. eines Beurteilungsvermögens<br />
[…], welches in seiner Reflexion auf die Vorstellungsart jedes<br />
andern in Gedanken (a priori) Rücksicht nimmt, um gleichsam an die<br />
gesamte Menschenvernunft sein Urteil zu halten“. (K. d. U. § 40)<br />
64 „Novaphorm TM Beautystyle“, 2. 7. – 15. 7. 98.<br />
65 Wolfgang Kemp: „Zeitgenössische Kunst und ihre Betrachter. Posi-<br />
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