PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
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Service-Kunst Anmerkungen<br />
gen nur in sich bewegte Geschäftigkeit (als Darstellung von<br />
Geschäft) – je nach Art des anvisierten „Gewerbes“ natürlich,<br />
und exakt für die Dauer des Projektes. Vielleicht sollte man also<br />
nicht bloß von „Aufführung“, sondern zugespitzer vom „Tableau<br />
vivant“ sprechen. Es stellt dann die Dienstleistungssituation oder<br />
-infrastruktur nach, so wie es das Tableau vivant mit dem Vorbild<br />
zumeist älterer Malerei tat.<br />
Natürlich wird man schnell Widerspruch anmelden, insofern<br />
es sich bei der Service-Kunst ja nicht um reglos verharrende, sondern<br />
offensichtlich um agierende Künstler handelt. Um diesem<br />
Widerspruch zu entgehen, um aber auch nicht zum Euphemismus<br />
der „Aufführung“ zurückkehren zu müssen, schiene es korrekter,<br />
nicht von einem „Tableau vivant“, sondern vom „Tableauvivant-haften“<br />
zu sprechen – ein Wortmonstrum, zugegeben; noch<br />
korrekter wäre daher der Hinweis auf die Ersetzung des reglosen<br />
Bildes im Tableau vivant durch ein stroboskopisches Bild bei der<br />
Service-Kunst. Ein stroboskopischer Effekt entsteht z. B., wenn<br />
das Rad einer fahrenden Kutsche im Film sich zwar offensichtlich<br />
dreht, aber für den Filmbetrachter stillzustehen scheint,<br />
dann nämlich, wenn bei 25 Bildern pro Sekunde auch ungefähr<br />
25 Speichen des Rades einen angenommenen Fixpunkt passieren.<br />
Der physikalisch-technologische Begriff des „Stroboskopischen“<br />
ist freilich auch nicht buchstäblich anzuwenden, er bündelt aber<br />
metaphorisch prägnant jenen Stillstand im Ganzen bei mannigfaltigen,<br />
aber relativ repetitiven Bewegungen im Einzelnen.<br />
Beim Tableau vivant 76 handelt es sich um eine mehr oder<br />
weniger vergangene Gattung, heute spielt sie eher in Revuen<br />
als auf dem Theater eine Rolle, auch als Medium bürgerlicher<br />
Unterhaltung hat sie ausgedient. Allerdings gibt es eigensinnige<br />
Bezugnahmen im Film 77 , beispielsweise bei Derek Jarman oder<br />
bei Peter Greenaway, aber auch in der Kunst, wobei ich weniger<br />
perliche Nachahmung von Kunstwerken in der Goethezeit“, (Diss. Uni<br />
München 1998), Berlin 1999<br />
77 Weiterführende Angaben zu Film und Kunst im summarischen Ausblick<br />
bei Jooss, (letztes Kapitel).<br />
78 Tadeusz Kantor führte 1969 in der Galerie Foksal (Warschau) ein<br />
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