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PDF (2,8 MB) - kunst verlassen

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Service-Kunst Anmerkungen<br />

atralität“ erfaßt werden müssen. Das mangelnde Eingeständnis<br />

des Scheins verriet das Fehlen von „Vorgeblichkeitstoleranz“ 50 .<br />

Mag sein, daß sich heute das Blatt wieder wendet und intellektueller<br />

Hedonismus in neuerlich deregulierter Gesellschaft ein<br />

ungeniertes <strong>kunst</strong>kritisches Bekenntnis zum Nicht-so-Gemeinten,<br />

zum fröhlichen Spiel begünstigt – Mitte der 90er Jahre, als<br />

Service-Kunst reüssierte, hätten deren Verfechter das Theatrale<br />

als unseriös von sich gewiesen – unbeschadet ihrer wirklichen<br />

Praxis.<br />

Helmuth Plessner 51 , der den Schauspieler als Repräsentant<br />

menschlicher Würde begriff, die u. a. „in dem mit der Abständigkeit<br />

zu sich gegebenen Abstand zu ihm“ gründe, konnte im<br />

Schauspielenden noch die „exzentrischer“ Weise menschlichen<br />

Daseins musterbeispielhaft verwirklicht sehen: Er „macht sich<br />

diese Situation selber durchsichtig, stellt sie vor und löst sich<br />

von ihr, im Bilde freilich nur und imaginativ: auf dem Wege des<br />

Schauspiels. Er gibt der Sich-Präsenz die Form und den Sinn der<br />

Trägerschaft der Rolle, der Repräsentation, welche den Träger<br />

und Darsteller aus der zufälligen Einheit mit sich in die künstliche<br />

Einheit mit dem Dargestellten bringt und im Spiel spielend<br />

bewahrt.“ Plessners anthropologische Deutung entwarf im Schauspielenden<br />

ein Paradigma für die mögliche Bedeutung des Theatralen<br />

schlechthin – eine Deutung, von deren Unbekümmertheit<br />

um historische Entwicklungen sich Richard Sennetts Perspektive<br />

zwar durch die Rekonstruktion des Theatralen als einer Verfallsgeschichte<br />

abhebt, aber der Stoßrichtung nach mit Plessner ver-<br />

51 Helmuth Plessner: „Zur Anthropologie des Schauspielers“, In Uri<br />

Rapp: „Rolle, Interaktion, Spiel: Eine Einführung in die Theatersoziologie“,<br />

Wien 1993, S. 136 – 148, zit. S. 146 u. 147.<br />

52 Richard Sennett: „Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die<br />

Tyrannei der Intimität“, Frankfurt a. M. 1983, bes. Kap. 11. Meine<br />

Ausführungen zu Sennett folgen dem Grundgedanken seiner Studie.<br />

Zu einer weiteren möglichen Bedeutung von Sennetts Analyse für die<br />

Kunstwissenschaft vgl. C. Janecke: „Zivilisiertheit und Malerei. Versuch,<br />

heutige Marginalisierungen eines Mediums neu zu überdenken“,<br />

In: „Bildwechsel. Positionen zeitgenössischer Malerei aus Sachsen und<br />

Thüringen“, Kat. Städtisches Museum Zwickau/Kunstsammlungen<br />

Gera – Orangerie, (Weidle-Verlag) Bonn 2000, S. 16 – 21.<br />

53 Jonas A. Barish: „The Antitheatrical Prejudice“, London/Berkeley/<br />

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