PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
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252<br />
Anmerkungen Christian Janecke<br />
jüngsten Kunst, ein Modethema der letzten Jahre geworden ist,<br />
wehrt man sie innerhalb der Service-Kunst ab, denn Theatralität<br />
impliziert stets ein Moment des Nur-Gespielten. Deshalb war es<br />
wahrscheinlich kein Zufall, daß der Katalog zur ambitionierten<br />
Eröffnungsausstellung der Galerie für Zeitgenössische Kunst in<br />
Leipzig, „ONTOM“ 48 , den Begriff der „Theatralität“ gegen<br />
den des – mittlerweile brandaktuellen – „Performativen“ 49<br />
ersetzt hatte, denn das Performative zielt nicht primär auf verkörpernde<br />
Darstellung, sondern auf Vollzug. Vermutlich hätte<br />
man sich und die Künstler mit einem ernstgemeinten Konzept<br />
des Theatralen kompromittiert, weil es die Erläuterung der den<br />
z. T. service-künstlerischen Aktionen innewohnenden Ostentation,<br />
des eben nicht praxisrelevanten So-Tuns-als-ob, des Spielens<br />
mit dem Anschein von Offerierung nahegelegt hätte. Dem<br />
Gaumen gönnte man mithin das Als-ob der Service-Kunst, verdaut<br />
wurden sie nach antitheatralem Muster. Die originäre, im<br />
Falle der Service-Kunst auch das (Schau-)Spielen umfassende,<br />
Verkörperungsleistung hätte aber treffend mit dem Begriff der „The-<br />
48 „ONTOM“ (Angaben s. o.,). vgl. hier die Texte von Jan Winkelmann<br />
und insbesondere Dorothea von Hantelmann „Performative<br />
Ästhetiken in der zeitgenössischen Kunst“ (beide Aufsätze o. S.).<br />
49 Hier seien nur einige neuere Forschungen im Anschluß an Judith<br />
Butler, aber auch aus allgemein theaterwissenschaftlicher sowie die<br />
Gattung „Performance“ mit dem Begriff der „Performativität“ verbindender<br />
Forschung genannt: Erika Fischer-Lichte (Hg.) „Kulturen des<br />
Performativen“, In „Paragrana“ 7 (1998) 1; dies.: „Grenzgänge und<br />
Tauschhandel. Auf dem Weg zu einer performativen Kultur“, in dies./u.<br />
a. (Hg.): „Theater seit den 60er Jahren. Grenzgänge der Neo-Avantgarde“,<br />
Tübingen/Basel 1998; Andrew Parker/Eve Kosovsky Sedgwick<br />
(Hg.): „Performativity and Performance“, New York/London 1995;<br />
Marvin Carlson: „Performance: A Critical Introduction“, London/New<br />
York 1996; Ruth Sonderegger: „Hauptsache Performativ“, in „Texte zur<br />
Kunst“ , März 2000, 10. Jg., Heft 37, (Themenband u. a. zu „Performance“),<br />
S. 219 – 223; Eckhard Schumacher: „Passepartout. Zu Performativität,<br />
Performance, Präsenz“, ebd. S. 95 – 103; Peggy Phelan/Jill<br />
Lane (Hg.): „The Ends of Performance“, New York/London 1998; Elin<br />
Diamond (Hg.): Performance and Cultural Politics“, London/New York<br />
1996; Philip Auslander: „Liveness. Performance in mediatized culture“,<br />
New York/London 1999; Lizbeth Goodman/Jane De Gay (Hg.): „The<br />
Routledge Reader in Politics and Performance“, London 2000.<br />
50 Vgl. hierzu vom Verfasser: „Inszeniertes Als-ob“, S. 35.