PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
PDF (2,8 MB) - kunst verlassen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
256<br />
Anmerkungen Christian Janecke<br />
hafte“. Die Nachahmung weist, wie Plessner schreibt, „auf eine<br />
Bildbedingtheit der Äußerungsmöglichkeiten, welche den Nachahmenden<br />
innerlich mit umformen“. 55 Das spielerische Nachahmen<br />
verdoppelt nicht Vorhandenes, sondern es formt – besonders<br />
dort, wo nicht etwa ein Bild, sondern der Künstler selbst in<br />
schauspielerisch-theatraler Hinsicht Medium der Nachahmung<br />
ist – den Nachahmenden innerlich mit um, öffnet ihm neue<br />
Blickrichtungen. Man hätte also, wenn man schon den Topos<br />
„Praxisrelevanz“ partout nicht aufgeben will, eher bei den dienstleistenden<br />
Künstlern statt in der Sphäre ihrer Kunden, alias ihres<br />
Publikums, nach außerkünstlerischer „Veränderung“ zu suchen!<br />
Die Service-Künstler verstehen sich zwar<br />
nicht als Performance-Künstler, aber es gibt einen aufschlußreichen<br />
Zusammenhang, den ich herausarbeiten will.<br />
Zunächst könnte man einen Reflex des bisher besprochenen<br />
Antitheatralen sogar noch in der diesbezüglich unverdächtig<br />
scheinenden Gattung der Performance – jünger als andere<br />
Formen der Aktions<strong>kunst</strong> – aufspüren: dort wo sie Authentizität<br />
gerade durch die performance-typische Kongruenz von Darstellung<br />
und tatsächlicher Befindlichkeit des Performers erheischen<br />
will. Zwar betont Performance originäre, meist textabstinente<br />
Verkörperung via Leib und drängt insofern – in Relation zu konventionellem<br />
Theater – zu einem eher theatralischen Theater 56 ;<br />
indem aber Darstellen und Sichbefinden anschaulich als kongruent<br />
vorgeführt werden, bestätigt Performance den antitheatralen<br />
Realitätszwang, ohne doch zugleich auf mystifizierte Kompensation<br />
des im Lebensalltag verlorenen Ineins von Darstellen und<br />
Sichbefinden überhaupt verzichten zu wollen.<br />
theater, den akademischen Realismus und die Milieuschilderungen des<br />
Naturalismus wandten. Sinngem. in M. Brauneck/G. Schneilin (Hg.):<br />
„Theaterlexikon. Begriffe und Epochen, Bühnen und Ensembles“, (3.<br />
überarb. Neuaufl.), Hamburg 1992, S. 1032; vgl. neuerdings Hans<br />
Thies Lehmann: „Postdramatisches Theater“, Frankfurt a. M. 1999, wo<br />
das Erbe entsprechender Bestrebungen für die 80er und 90er Jahre ausgebreitet<br />
wird.<br />
57 Vgl. vom Verf.: „Dienstleistungstheater. Schlingensief grüßt die Service-Kunst“.