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PDF (2,8 MB) - kunst verlassen

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Service-Kunst Anmerkungen<br />

„ablenken“, „verleiten“) eine von der Rezeption geforderte Flexibilität<br />

zwischen Affirmation und Negation, eine im Abwartenkönnen<br />

sich bewährende Unentschiedenheit des Betrachters<br />

expliziert. „Vorgeblichkeitstoleranz“ wäre analog eine Haltung, die<br />

sich zwischen Gegebenem (im Werk) und Projektiertem (werkextern)<br />

bewegt. Werner Hofmanns in anderem Zusammenhang<br />

geäußertes bissiges Wort über den Betrachter als einem „Veranstalteten“<br />

74 hätte in dieser – vorgeblichkeitstoleranten – Perspektive<br />

seine Polemik gänzlich abgestreift.<br />

Um noch einmal auf die populäre aber ungeliebte<br />

Stiefschwester der sämtlich tiefernsten Als-ob-Angebote<br />

und Service-Künste, das Chindogu zurückzukommen, so bezeugt<br />

es noch durch seine freiwillige Beschränkung auf ein Reservat<br />

außerkünstlerischer wie praxisferner Spielwiese die Internalisierung<br />

antitheatralen Realitätszwanges – mehr als deutlich in seinen<br />

typischen thematischen Schnittstellen zu den durchorganisierten<br />

Bereichen der japanischen Berufswelt und des Alltagslebens, während<br />

die Service-Kunst und Als-ob-Angebote der Plastik noch<br />

diesseits jener in Humor gekleideten Resignation stehen. Indem 269<br />

lens im Happening: „Mit dem Ästhetizismus teilt das Happening die<br />

Verachtung des Publikums. Zwar wird dieses benötigt, doch muß es<br />

sich den Spielregeln unterwerfen, es darf nicht mitspielen, sondern muß<br />

„mitmachen“. [… Der Besucher] ist kein Mitwirkender, er ist ein Unternommener,<br />

er wird veranstaltet.“ (S. 280 f.).<br />

Hofmanns Polemik wirkt sicherlich korrigierend gegenüber der unausgesprochenen<br />

Diskrepanz zwischen damaliger programmatischer<br />

Umarmung des Publikums, dessen vermeintlich gleichberechtigter<br />

Partizipation und seiner tatsächlichen Rolle als Klatschvieh. Freilich<br />

verbirgt sich – aus einer das Theatral(isch)e rehabilitierenden Perspektive<br />

betrachtet – dahinter die typische linksintellektuelle Wachsamkeit<br />

gegen Täuschung, gegen als unästhetisch und unfair (!) empfundenes<br />

Als-Ob in der Kunst. Daß der Betrachter damaliger Happenings auch in<br />

der wider den offiziellen Anspruch resultierenden, eher kontemplativen<br />

als partizipativen Haltung nicht düpiert wurde, sondern eben Publikum<br />

war, spricht nicht gegen diese Formen der Aktions<strong>kunst</strong> – zumal unter<br />

dem Blick heutiger Performance-Kunst, bei der eine allgemein akzeptierte<br />

Aufführungssituation mit klarer Trennung rezeptiver und agierender<br />

Sphäre sich etabliert hat. Vgl. Werner Hofmann: „Die Pseudowirklichkeit<br />

des ‚Happening‘“, in ders.: „Gegenstimmen. Aufsätze zur Kunst<br />

des 20. Jahrhunderts“, Frankfurt a. M. 1979, S. 277 – 281.<br />

75 In der Vortragsdiskussion auf dem Leipziger Symposium wurde im

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