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1<br />
Ankern: Wer ist da? Was ist da?<br />
36<br />
Zeit muss man mitbr<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong> halbes<br />
Jahr für den E<strong>in</strong>stieg ist realistisch, wenn<br />
man im Quartier nicht nur e<strong>in</strong>e Nebenrolle<br />
spielen will. Solange dürfte die<br />
Schnupperphase dauern, bis die vielfältigsten<br />
Kontakte geknüpft s<strong>in</strong>d und e<strong>in</strong>e<br />
Vertrauensbasis aufgebaut ist, bis man<br />
mit ganz vielen Menschen und Institutionen<br />
an ganz vielen Orten im Stadtteil<br />
geredet hat, die Ohren und Augen weit<br />
aufgemacht hat, um zu hören und zu<br />
schauen: Wer ist hier schon unterwegs?<br />
Was gibt es an Angeboten? Was bewegt<br />
die Menschen? Wie und wo möchten sie<br />
sich e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen? Und die Grundfrage zu<br />
klären: Möchten sie sich überhaupt e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen?<br />
Ja, sie wollen. Aber...<br />
E<strong>in</strong> starkes Eigen<strong>in</strong>teresse am Wohnumfeld,<br />
an den oft noch kaum bekannten<br />
Nachbarn und Nachbar<strong>in</strong>nen und an<br />
mehr Zusammenhalt kann man <strong>in</strong> der<br />
Regel voraussetzen. Verblüffend ist eher,<br />
woran es im Alltag manchmal scheitert<br />
- und vor allem auch diese H<strong>in</strong>dernisse<br />
muss man kennen: Da gibt es beispielsweise<br />
e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>de- und Stadtteilzentrum<br />
<strong>in</strong> Remscheid, das von denen nicht<br />
besucht wird, die glauben, es sei nur für<br />
die evangelischen Geme<strong>in</strong>demitglieder<br />
da. Es gibt Nachbarn, die sich seit Jahren<br />
wechselseitig auf den Balkon schauen,<br />
aber immer wegsehen, wenn es ums<br />
Grüßen geht. Es gibt junge Familien, die<br />
die Alten im Quartier nicht kennen lernen,<br />
weil ihr Leben so vollkommen anders<br />
getaktet ist. Viele Kontakte f<strong>in</strong>den<br />
nicht statt, weil man sich eben nicht von<br />
selbst über den Weg läuft, weil man neu<br />
zugezogen ist und glaubt, die Spielregeln<br />
nicht zu kennen...oder: weil es Orte<br />
und Gelegenheiten leichter machen<br />
würden, aufe<strong>in</strong>ander zuzugehen, diese<br />
aber oft <strong>in</strong> den Quartieren verloren gegangen<br />
s<strong>in</strong>d. Hier setzt WohnQuartier 4<br />
an: Mit vielen Fragen und dem zunächst<br />
offenen Angebot, aus den Antworten<br />
etwas zu machen und moderierend zur<br />
Verfügung zu stehen - und so e<strong>in</strong>e Basis<br />
zu schaffen, auf der die Bewohner<strong>in</strong>nen<br />
und Bewohner aktiv werden können.<br />
Was bewegt die Menschen?<br />
Wer die Vielfalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Quartier erfassen<br />
möchte, muss viele fragen. So <strong>e<strong>in</strong>fach</strong><br />
das kl<strong>in</strong>gt, so selten geschieht es.<br />
Für die geme<strong>in</strong>wesenorientierte Altenarbeit,<br />
deren Rolle <strong>in</strong> jedem Wohnquartier,<br />
das altersgerecht entwickelt werden<br />
soll, idealtypisch besetzt se<strong>in</strong> sollte , aber<br />
ist klar: Es ist unverzichtbar, auf die Bürger<br />
und Bürger<strong>in</strong>nen zu zugehen und<br />
über e<strong>in</strong>e Befragung zu ihren Ideen, ihren<br />
E<strong>in</strong>schätzungen zum Stadtteil und<br />
ihren Vorlieben und Fähigkeiten, das<br />
Quartier kennen zu lernen. So gel<strong>in</strong>gt es<br />
auch, etwas über die Bereitschaft zu erfahren,<br />
selbst etwas für die Entwicklung<br />
des Quartiers zu tun und zur Teilhabe<br />
e<strong>in</strong>zuladen.<br />
Die Bestandsaufnahme ergibt, was<br />
schon da ist am Ort und wer schon unterwegs<br />
ist. Auch hier ist das erste Mittel<br />
„Beteiligung organisieren“ - nicht für<br />
die Menschen, sondern mit ihnen: zum<br />
Beispiel e<strong>in</strong>e Ortsbegehung mit älteren<br />
Menschen machen, möglichst umfassend<br />
das Quartier <strong>in</strong> den Blick nehmen<br />
und möglichst viele erreichen. Mobilisierende<br />
Beteiligungsverfahren s<strong>in</strong>d<br />
zentrale Anker. Es bedeutet, mit vielen<br />
zu sprechen und birgt die Chance, gleich<br />
zu Beg<strong>in</strong>n aus der Bürgerschaft e<strong>in</strong>ige<br />
als Mitstreitende zu gew<strong>in</strong>nen. Denn<br />
unterschätzt wird e<strong>in</strong>es der Kernmotive<br />
von Beteiligung: Gefragt se<strong>in</strong> und gehört<br />
werden. Mit se<strong>in</strong>em Willen ernst ge-<br />
37<br />
Kapitel ZWEI: Wege zur Entwicklung e<strong>in</strong>es Wohnquartiers