Was unzureichende Bildung kostet - Bertelsmann Stiftung
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1. Einleitung<br />
Wachstumspotential bestimmt. Die sozialen Sicherungssysteme werden durch die anfallenden<br />
Transferleistungen wie das Arbeitslosengeld und durch die ausfallenden Beitragszahlungen stark<br />
belastet. Aufgrund der entgangenen Steuereinnahmen fällt es dem Staat immer schwerer, seine<br />
Aufgaben auszuführen und andere Personengruppen müssen steuerlich stärker belastet werden.<br />
Im <strong>Bildung</strong>ssystem entstehen Folgekosten für Kompensationsmaßnahmen. Unzureichende <strong>Bildung</strong><br />
führt außerdem zu Folgekosten in den Bereichen Gesundheit, Kriminalität, gesellschaftliche<br />
Partizipation und bürgerschaftliches Engagement.<br />
Die vorliegende Studie hat zum Ziel, die volkswirtschaftlichen Kosten der <strong>unzureichende</strong>n <strong>Bildung</strong><br />
für Deutschland insgesamt und für die deutschen Bundesländer zu quantifizieren. Dazu wird eine<br />
makroökonomische Perspektive eingenommen, die die Kosten in Form von entgangenem Wirtschaftswachstum<br />
ausdrückt, also durch den Vergleich der sich im derzeitigen Status quo ergebenden<br />
wirtschaftlichen Entwicklung mit derjenigen, die sich ergeben würde, wenn die <strong>Bildung</strong> nicht<br />
unzureichend wäre. Es wird berechnet, wie viel Wirtschaftsleistung der deutschen Volkswirtschaft<br />
langfristig entgeht, weil ein großer Anteil der Bevölkerung keine ausreichende <strong>Bildung</strong> erhält.<br />
Eine solche Abschätzung der Folgekosten <strong>unzureichende</strong>r <strong>Bildung</strong> soll die finanziellen Auswirkungen<br />
der Defizite unseres <strong>Bildung</strong>ssystems sichtbar machen.<br />
Denn auch wenn die Problematik <strong>unzureichende</strong>r <strong>Bildung</strong> mittlerweile hinlänglich bekannt ist,<br />
scheint dadurch noch nicht genügend Handlungsdruck entstanden zu sein. Seit der ersten PISA-<br />
Erhebung im Jahr 2000 hat sich etwa das Problem der Risikogruppe nur wenig verbessert. In den<br />
Lesekompetenzen, für die sich der Vergleich mit 2000 aufgrund des damaligen Schwerpunkts am<br />
ehesten anstellen lässt, ist der Anteil der Risikoschüler von 22,6 Prozent in 2000 nur auf 20,1<br />
Prozent in 2006 zurückgegangen. 4 Der Rückgang ist aber in den verschiedenen Bundesländern<br />
sehr unterschiedlich ausgeprägt: So konnten Sachsen-Anhalt (Rückgang um 9,3 Prozentpunkte),<br />
Bremen (8,6) und Sachsen (6,8) den Anteil der Risikoschüler erheblich senken, während er sich in<br />
Bayern und Baden-Württemberg sogar leicht erhöht hat.<br />
Unsere Ergebnisse verdeutlichen das immense Ausmaß an volkswirtschaftlichen Kosten, die<br />
Deutschland aufgrund der <strong>unzureichende</strong>n <strong>Bildung</strong> entstehen. Gemäß unserem Basisszenario,<br />
das aufgrund sehr konservativer Annahmen die tatsächlichen Kosten noch deutlich unterschätzen<br />
dürfte, belaufen sich die Kosten <strong>unzureichende</strong>r <strong>Bildung</strong> in Deutschland über die nächsten 80<br />
Jahre auf 2,8 Billionen Euro – mehr als das gesamte derzeitige deutsche Bruttoinlandsprodukt<br />
(BIP) von 2,5 Billionen Euro. Bezogen auf die heutige Bevölkerung entspricht dies einem zusätzlichen<br />
BIP pro Kopf von über 34.000 Euro. Dabei wird berechnet, wie sich eine <strong>Bildung</strong>sreform,<br />
welche die <strong>unzureichende</strong> <strong>Bildung</strong> um 90 Prozent verringert, über den Lebenszeitraum eines<br />
heute geborenen Kindes auf das BIP auswirken würde. Die modellierte <strong>Bildung</strong>sreform würde<br />
4<br />
In Mathematik ist der Anteil der Risikoschüler zwischen 2000 und 2003 von rund 24 Prozent auf 21,6 Prozent zurückgegangen, wobei für die<br />
Testskala in 2003 allerdings eine Re-Normierung vorgenommen werden musste, die eine direkte Vergleichbarkeit nicht gewährleistet. Zwischen<br />
2003 und 2006 sank der Anteil von 21,6 Prozent auf 19,9 Prozent.<br />
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