Was unzureichende Bildung kostet - Bertelsmann Stiftung
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2. Der analytische Rahmen: <strong>Bildung</strong> und Wirtschaftswachstum<br />
In die einfachste Spezifikation des Wachstumsmodells gehen dabei neben den <strong>Bildung</strong>sleistungen<br />
als weitere Erklärungsfaktoren lediglich die Ausgangsniveaus des Pro-Kopf-Einkommens sowie die<br />
in Jahren gemessene durchschnittliche <strong>Bildung</strong>sdauer der erwachsenen Bevölkerung ein. Ohne<br />
Berücksichtigung der Schülertestleistungen kann dieses Modell nur ein Viertel der langfristigen<br />
Wachstumsunterschiede zwischen den Ländern erklären. Die Berücksichtigung der <strong>Bildung</strong>sleistungen<br />
erhöht die Erklärungskraft schlagartig auf drei Viertel der gesamten internationalen<br />
Wachstumsunterschiede. Sobald das Maß der kognitiven Leistungen berücksichtigt wird, verschwindet<br />
auch jeglicher Effekt der Anzahl der <strong>Bildung</strong>sjahre. Anders ausgedrückt: Schulbildung<br />
wirkt sich nur in dem Maße wirtschaftlich aus, wie sie auch tatsächlich kognitive Kompetenzen<br />
vermittelt. Diese Befunde legen nahe, dass <strong>unzureichende</strong> <strong>Bildung</strong> unbedingt auf Indikatoren der<br />
<strong>Bildung</strong>squalität – wie den in PISA gemessenen kognitiven Fähigkeiten – und nicht auf Indikatoren<br />
der <strong>Bildung</strong>squantität (z.B. Anzahl der <strong>Bildung</strong>sjahre) basieren sollte.<br />
Der Wachstumseffekt der <strong>Bildung</strong>skompetenzen erweist sich als überaus robust. Er findet sich<br />
in der Gruppe der entwickelten wie auch in der der Entwicklungsländer und für verschiedenste<br />
Abwandlungen des Testmaßes. Auch wenn man die Effekte weiterer möglicher Wachstumsdeterminanten<br />
wie Sicherheit der Eigentumsrechte, Offenheit der Volkswirtschaft, Fertilität oder geographische<br />
Lage herausrechnet, bleibt der Effekt der <strong>Bildung</strong>sleistungen hoch signifikant. Neben<br />
dem Ausgangsniveau des Pro-Kopf-Einkommens und den institutionellen Rahmenbedingungen<br />
gehören die in PISA und ähnlichen Tests gemessenen kognitiven Kompetenzen zu den wichtigsten<br />
Determinanten volkswirtschaftlichen Wachstums überhaupt. Da der Effekt auf gesamtwirtschaftlicher<br />
und nicht auf individueller Ebene geschätzt wird, dürfte die Analyse letztlich alle<br />
volkswirtschaftlich wirksamen Effekte der <strong>Bildung</strong>skompetenzen quantifizieren. Damit umfasst<br />
sie beispielsweise sowohl die Innovationseffekte der <strong>Bildung</strong> als auch Wirkungen von <strong>Bildung</strong><br />
etwa im Gesundheitssystem oder beim kriminellen Verhalten, insofern diese volkswirtschaftlich<br />
wirksam werden.<br />
Konkret lässt sich die Stärke des Effekts der <strong>Bildung</strong>skompetenzen auf das Wirtschaftswachstum<br />
anhand des Schätzkoeffizienten im Regressionsmodell angeben. Dieser Koeffizient besagt, wie<br />
stark – unter Berücksichtigung anderer Wachstumsdeterminanten – die Durchschnittskompetenzen<br />
in der Bevölkerung mit dem langfristigen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf<br />
zusammenhängen. 8 Der in der vorliegenden Studie verwendete Wachstumskoeffizient (1,265)<br />
stammt aus einem Wachstumsmodell, das neben den kognitiven Leistungen als weitere Erklärungsfaktoren<br />
die Ausgangsniveaus des Pro-Kopf-Einkommens, die in Schuljahren gemessene<br />
<strong>Bildung</strong>squantität, die Sicherheit der Eigentumsrechte und die Offenheit der Volkswirtschaft<br />
berücksichtigt (vgl. Tabelle A.1 im Anhang A.1). Dieser Koeffizient besagt, dass 100 zusätzliche<br />
8<br />
Aus Gründen der Datenverfügbarkeit über die kognitiven Kompetenzen der Bevölkerungen kommen hierzu nur internationale Vergleiche langfristiger<br />
wirtschaftlicher Wachstumspfade in Frage. Beispielsweise gibt es für die Jahre vor 2000 keine Kompetenzwerte für die einzelnen Bundesländer,<br />
sondern nur für Gesamtdeutschland. Die Berechnungen der Folgekosten <strong>unzureichende</strong>r <strong>Bildung</strong> basieren deshalb auf der Annahme, dass<br />
die im internationalen Kontext gefundenen Zusammenhänge zwischen kognitiven Fähigkeiten und langfristigem Wirtschaftswachstum auch für<br />
Deutschland und die einzelnen Bundesländer gelten.<br />
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