40 | Trennendes AufrüttelndesAusgabe 1 | 2013„Paläst<strong>in</strong>a“ ist pleitevon Ulrich W. SahmSalam Fajad, M<strong>in</strong>isterpräsident des „StaatesPaläst<strong>in</strong>a“, steht kurz vor der „totalen Handlungsunfähigkeit“.Er kann nicht mehr dieGehälter se<strong>in</strong>er 50.000 Beamten zahlen.Schuld s<strong>in</strong>d nach Angaben von Fajad nichtnur Israel, sondern die arabischen Geberländer.Die hätten ihre f<strong>in</strong>anziellen Versprechennicht e<strong>in</strong>gelöst. Israel hat derweil 100 MillionenDollar an im Namen der Autonomiebehördee<strong>in</strong>gezogenen Zöllen und Steuern fürdas Begleichen paläst<strong>in</strong>ensischer Stromschuldenverwendet.Fajad beklagt, dass se<strong>in</strong>e Regierung bei derBevölkerung jegliche Sympathien verspiele.Mangels Gehältern werde die Hälfte der Paläst<strong>in</strong>enserunter die Armutsgrenze fallen.Dieses wiederum macht sich die radikalislamischeHamas-Bewegung zunutze. Sie versucht,wieder im Westjordanland Fuß zufassen. Ihre Aktivisten rufen zu e<strong>in</strong>er drittenIntifada auf. Das verh<strong>in</strong>dert Fajads Polizeimit Verhaftungen. Versuche, mit ägyptischerVermittlung e<strong>in</strong>e „Versöhnung“ zwischenFatah und Hamas, Gaza und Ramallah, herbeizuführen,endeten vorerst mit Gewalt.Die Paläst<strong>in</strong>enser verfügen über e<strong>in</strong> großesWirtschaftspotential mit Hightech <strong>in</strong> Ramallah,e<strong>in</strong>er lukrativen Ste<strong>in</strong><strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Bethlehem,1,6 Millionen Touristen pro Jahr,ausgebuchten Hotels, Landwirtschaft undmehr. 70 Prozent der Regierungse<strong>in</strong>nahmenstammen aus Abgaben, die Israel gemäß denOsloer Verträgen im Namen der Autonomiebehördeerhebt und nach Ramallah überweist.Doch fragt man sich, wieso die Autonomiebehördekaum eigene Steuerne<strong>in</strong>zieht.Die Studie „Politische Ökonomie des Westjordanlands“der Konrad-Adenauer-Stiftungergab, dass 21 Prozent des paläst<strong>in</strong>ensischenBrutto<strong>in</strong>landprodukts im Jahr 2008 aus 1,8Milliarden Dollar Hilfsgeldern der USA, derEU und der Arabischen Liga bestanden. DieAutonomiebehörde hat seit ihrer E<strong>in</strong>richtung1994 mehr „Entwicklungshilfe“ erhalten, alsjedes andere Land der Welt. Dennoch kannsie nicht e<strong>in</strong>mal ihre Beamten aus eigenenZum LebenMitteln entlohnen. Straßenlampen <strong>in</strong> Bethlehemf<strong>in</strong>anzierte Japan. Straßen teertUSAID und die Infrastruktur für Wasser zahltder deutsche Steuerzahler.Die wirtschaftliche Misere der Paläst<strong>in</strong>enserist weitgehend hausgemacht. E<strong>in</strong>e legendäreKorruption wurde erst nach Arafats Tod öffentlichangeprangert. Jüngst hat ArafatsWitwe Suha bestätigt, dass ihr Mann die Al-Aksa-Intifada ab September 2000 aus politischenGründen beschlossen habe. Es seike<strong>in</strong>e „israelische Provokation“ gewesen.Mit dem nachfolgenden Terror endete dieFreizügigkeit nach Israel. Über e<strong>in</strong>hunderttausendPaläst<strong>in</strong>enser verloren ihre Jobs.Geme<strong>in</strong>same Industriezentren, etwa imNorden des Gazastreifens, wurden nachTerrorattacken geschlossen. Es folgten derBau des Sperrwalls ab 2003 und die Errichtungvon Straßensperren. Bis 2008 beh<strong>in</strong>dertensie Freizügigkeit und Handel <strong>in</strong>nerhalbder besetzten Gebiete. Touristenblieben aus und der Handel wurde teurer,wegen der Kontrollen und der Notwendigkeit,Waren umzuladen. Der Gazastreifen,halb so groß wie S<strong>in</strong>gapur, aber nur e<strong>in</strong>emDrittel der Bevölkerungsdichte, wurde nachIsraels Rückzug 2005 ke<strong>in</strong> Wirtschaftsparadies,sondern e<strong>in</strong> Kriegsgebiet.Seit 2008 hat sich im Westjordanland danke<strong>in</strong>er neuen Politik Fajads und enger Sicherheitskooperationmit Israel vieles gebessert.In Ramallah entstand e<strong>in</strong> luxuriöses Möwenpick-Hotelsamt Swimm<strong>in</strong>gpools. Villenwurden gebaut und die Autos auf den Straßenwurden immer dicker. Die meistenStraßensperren verschwanden. Täglichwechseln rund 40.000 Paläst<strong>in</strong>enser zurArbeit nach Israel. Fajads politisch motivierteBoykottaufrufe, nicht <strong>in</strong> israelischen Siedlungenzu arbeiten, verpufften bei etwa30.000 Paläst<strong>in</strong>ensern, denen Fajad ke<strong>in</strong>ealternativen Arbeitsplätze bieten konnte.Zugleich gibt es haarsträubende Zustände.Im Dezember hat Fajad die Bewohner derFlüchtl<strong>in</strong>gslager erstmals gezwungen, ihreStromrechnungen zu zahlen, aber ausstehendeSchulden gestundet. Der Bürgermeistervon Ouja bei Jericho hat e<strong>in</strong>gestanden,dass es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>stadt ke<strong>in</strong>e Wasseruhrengebe. Er forderte deshalb die Europäerauf, aus Ramallah geschickte Wasserrechnungen<strong>in</strong> Höhe von hunderttausendenJüngst hat Arafats Witwe Suha bestätigt,dass ihr Mann die Al-Aksa-Intifada abSeptember 2000 aus politischen Gründenbeschlossen habe. Es sei ke<strong>in</strong>e „israelischeProvokation“ gewesen.Schekeln zu begleichen. Zehntausende Angestellteder Autonomiebehörde im Gazastreifensitzen seit dem Putsch der Hamas2007 untätig zuhause, beziehen aber weiterihre Gehälter. Obgleich Israel den Paläst<strong>in</strong>ensernverme<strong>in</strong>tlich Wasser vorenthält,mangelt es nicht an Schwimmbädern,Spr<strong>in</strong>gbrunnen und „Wasserspielen“. InBethlehem wird der Krippenplatz vor derGeburtskirche mit e<strong>in</strong>em üppigen Wasserstrahlaus Hydranten abgespritzt. In Ramallah,Nablus und Djen<strong>in</strong> sprießen Villen undleere Neubauten als Investitionsobjekte ausdem Boden. Der sichtbare Wohlstand unddie behauptete Misere können nur schwerauf e<strong>in</strong>en Nenner gebracht werden.Die Wirtschaftslage ist also auch Produktpaläst<strong>in</strong>ensischer Politik und nicht nur dieFolge israelischer Besatzung. Die mörderischeIntifada, der Raketenbeschuss auf Israelaus dem Gazastreifen, die Boykottaufrufeoder der Gang zur UNO mögen „legitimerWiderstand“ se<strong>in</strong>, haben aber ke<strong>in</strong>en Beitragzur Stärkung der eigenen Wirtschaft geleistet.
Ausgabe 1 | 2013Zeitgeistliches Prophetisches | 41Israelische Elitee<strong>in</strong>heit flog E<strong>in</strong>sätze<strong>in</strong> arabischen Dörfern<strong>in</strong>ternationalen Druck. Er befahl, den Zaunum Baka-Ost wieder abzureißen und mittendurch das Dorf e<strong>in</strong>e Mauer zu errichten.Dabei wurden die Fenster von Häusern aufder Grenzl<strong>in</strong>ie zugemauert, ähnlich wieentlang der Bernauer Straße <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Wegendieser von der <strong>in</strong>ternationalen Geme<strong>in</strong>schaftgeforderten Teilung des Dorfes wurdenHochzeiten abgesagt. Fabriken <strong>in</strong> Baka-Ostmachten pleite, weil sie ihren Markt <strong>in</strong> Israelverloren hatten.von Ulrich W. Sahm, <strong>Jerusalem</strong>Das arabische Dorf Baka el Rarbieh (Bakah-West) wurde von der Elitee<strong>in</strong>heit 669 derIsraelischen Luftwaffe gestürmt. Die FamilieAbed Ali saß wegen Überschwemmungenauf dem Dach ihres Hauses fest, als sie aufdie Idee kam, die israelische Luftwaffe umHilfe zu rufen. E<strong>in</strong>e Stunde lang schwebtee<strong>in</strong> Helikopter vom Typ CH-53 Jasur überdem Haus, bis die gesamte 15-köpfige Familiesicher im Bauch des schweren Hubschraubersaufgenommen war. Die Elitesoldatenfilmten die Aktion mit Kameras an ihrenHelmen. Der Hadera-Fluss war über die Ufergetreten, und so war das isolierte Haus derFamilie Abed Ali völlig von reißenden Flutenumgeben.Ganem Abed Ali, e<strong>in</strong>er der Geretteten, erzählte:„Erst ließen sich die Soldaten an Seilen zuuns herab, und redeten mit uns, um uns zuberuhigen. Dann wurden wir e<strong>in</strong>er nach demanderen zum Hubschrauber hochgehievt.“Die Familie wurde schließlich nach PetachTikva zum Beil<strong>in</strong>son-Hospital geflogen, umärztlich versorgt zu werden. „Gott sei Dank,dass die Luftwaffe uns gerettet hat“, sagteAbed Ali. „Ganz Baka applaudiert.“Zuvor hatten Soldaten der 669 E<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>enBürger des arabischen Dorfes Taibeh vomBaka (Archivbild)Dach se<strong>in</strong>es <strong>in</strong> den Fluten untergehendenAutos mit e<strong>in</strong>em Blackhawk-Helikopter gerettet.Baka-West liegt an der Grenze zum Westjordanlandnördlich von Netanya und Kalkilja.Infolge des Unabhängigkeitskrieges von1948 wurde das Dorf geteilt. Baka el Scharkieh(Baka-Ost) fiel unter jordanische Herrschaft.Nachdem Israel 1967 das jordanisch besetzteWestjordanland erobert hatte, verschwanddie Grenze. Baka konnte wieder zusammenwachsen.Weil dessen Bewohner enge Kontaktezur israelischen wie zur paläst<strong>in</strong>ensischenSeite hatten, blühte es auf. Das g<strong>in</strong>ggut bis 2003, als Israel wegen paläst<strong>in</strong>ensischenTerrors auf Geheiß von Ariel Scharone<strong>in</strong>en Sperrwall errichtete, um das Westjordanlandhermetisch von Israel auszusperren.Aus Rücksicht auf die engen Bande der Familien<strong>in</strong> Baka wurde Baka-Ost mit dem Zaunauf die israelische Seite gezogen, um dasDorf nicht wieder zu spalten.Der Fall kam vor die UNO und die <strong>in</strong>ternationaleGeme<strong>in</strong>schaft erhob lauten Protestgegen diese „illegale Annexion arabischenTerritoriums durch Israel“. Trotz heftigenE<strong>in</strong>spruchs arabisch-israelischer Abgeordneterbeugte sich der „Hardl<strong>in</strong>er“ Scharon demIn Bat Chefer, etwas weiter südlich von Baka,hat e<strong>in</strong>e Flutwelle mit Abwasser aus der paläst<strong>in</strong>ensischenStadt Tulkarem m<strong>in</strong>destenszehn Häuser völlig überflutet und teilweisezerstört. Die Ortschaft liegt im Schatten deretwa acht Meter hohen Schutzmauer zwischenIsrael und den paläst<strong>in</strong>ensischen Gebieten.Trotz d<strong>in</strong>gender Bitten der Anwohnerhatte es das Verteidigungsm<strong>in</strong>isterium versäumt,rechtzeitig Wasserkanäle unter derMauer von Gestrüpp und Müll zu befreien.So entstand h<strong>in</strong>ter der Mauer e<strong>in</strong> Stausee, bise<strong>in</strong> etwa zehn Meter langes Teilstück derMauersegmente dem Druck nicht mehrWegen dieser vonder <strong>in</strong>ternationalenGeme<strong>in</strong>schaft gefordertenTeilungdes Dorfes wurdenHochzeiten abgesagt.standhielt und die Ortschaft Bat Chefer mitKloake überflutete. Miram Aschuach berichteteam Morgen im Rundfunk: „Es st<strong>in</strong>ktschrecklich. Das ganze untere Stockwerk istmit Kloake verseucht. Man hat uns gesagt,nichts anzurühren. Rettungsmannschaftenstehen bereit, uns hier rauszuholen.“