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Jerusalem in Weiß - Sächsische Israelfreunde eV

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46 |Ausgabe 1 | 2013des Propheten Hesekiel gefunden: Die Visionvon der Erneuerung des Volkes Israel und derAuferweckung des Feldes der Totengebe<strong>in</strong>e.Und die hebräische Version des apokryphenBuches Jesus Sirach, das bis dah<strong>in</strong> nur <strong>in</strong>griechischer Übersetzung vorgelegen hatte.„Jad<strong>in</strong> zeigte es me<strong>in</strong>em Onkel Salman Schasar“– dem späteren Präsidenten des StaatesIsrael –, er<strong>in</strong>nert sich Schmuel Nissan.1942 meldet er sich als Freiwilliger bei derbritischen Armee – und kommt <strong>in</strong> den darauffolgenden vier Jahren als Soldat der JüdischenBrigade über Nordafrika und Italien bis nachÖsterreich. Besonders e<strong>in</strong>geprägt haben sichdem jungen Juden aus dem britischen Paläst<strong>in</strong>adie Begegnungen mit den Überlebendender deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager,mit jüdischen Hafenarbeitern ausSaloniki, deren Aufgabe es gewesen war, dieLeichen aus den Gaskammern zu räumen –und dann die Frage, warum Briten oderAmerikaner nicht die Bahnl<strong>in</strong>ien nach Auschwitzbombardiert haben, um dem Völkermordder Nazis E<strong>in</strong>halt zu gebieten.„Von Dr. Mord<strong>in</strong>er, dem Direktor me<strong>in</strong>erSchule, hatte ich zum Abitur e<strong>in</strong>e Bibel bekommen“,knüpft Professor Nissan nochHand fängt der alte Mann an zu erzählen:„Die hat mich begleitet durch den ganzenKrieg <strong>in</strong> der Wüste bis nach Italien. In Romb<strong>in</strong> ich mit dieser Bibel unter dem Titusbogendurch gegangen, auf dem die Niederlageme<strong>in</strong>es Volks dargestellt ist. Ich mussteBibel <strong>in</strong> der Fototaschedenken: Und jetzt stehen wir hier, jüdischeSoldaten <strong>in</strong> der britischen Armee unter demDavidsstern… Der Kreis hat sich geschlossen.Wir s<strong>in</strong>d zurückgekehrt, nach Rom undnach <strong>Jerusalem</strong>, mit der Bibel, von derenWorten ke<strong>in</strong>es h<strong>in</strong>fällt.“ Die Jüdische Geme<strong>in</strong>de<strong>in</strong> Rom hatte e<strong>in</strong>en Club für jüdischeSoldaten eröffnet und Buchzeichen aus SeideUnd jetzt stehen wir hier, jüdische Soldaten<strong>in</strong> der britischen Armee unter dem Davidsstern…Der Kreis hat sich geschlossen. Wirs<strong>in</strong>d zurückgekehrt, nach Rom und nach<strong>Jerusalem</strong>, mit der Bibel, von deren Wortenke<strong>in</strong>es h<strong>in</strong>fällt.Studium fortzusetzen. Doch schon bald kehrter über Italien auf abenteuerlichen Wegen <strong>in</strong>die Heimat zurück, um feststellen zu müssen,dass se<strong>in</strong> Elternhaus <strong>in</strong> <strong>Jerusalem</strong> zerstört ist,„von zwei Granaten – die e<strong>in</strong>e aus RamatRachel, die andere aus Nabi Samuel – diee<strong>in</strong>e jordanisch, die andere ägyptisch.“In die Zeit unmittelbar vor der Gründung desStaates Israel fällt e<strong>in</strong> Ereignis, das fürSchmuel Nissan persönlich besonders traumatischwar: Am 13. April 1948 werden beie<strong>in</strong>em arabischen Angriff auf e<strong>in</strong>en Konvoydes Hadassah-Krankenhauses <strong>in</strong> ScheichDscharah unmittelbar unterhalb des Skopusberges<strong>in</strong> <strong>Jerusalem</strong> 79 jüdische Ärzte undKrankenschwestern ermordet.Nissan kannte mehrere der Ermordetenpersönlich, besonders gut aber e<strong>in</strong>e Student<strong>in</strong>namens Ester Birnbaum, von allen nur„Emmi“ genannt. Ihr Großvater hatte sie mitder Jugend-Aliya von Wien nach <strong>Jerusalem</strong>geschickt, wo sie noch jahrelang auf ihr<strong>eV</strong>erwandten wartete. „Doch Emmis ganzeFamilie blieb <strong>in</strong> Auschwitz. Sie hatte <strong>in</strong> TelAviv das Gymnasium besucht und studierteMediz<strong>in</strong>. In allen Fachbereichen hatte sieAuszeichnungen bekommen und war auchdie beste Schwimmer<strong>in</strong> im Land“, er<strong>in</strong>nertsich Nissan. „In sie hatte ich mich verliebt.Wir wollten im Sommer heiraten.“Als die Nachricht von dem Massaker dieRunde macht, fragt Nissan: „Gab es Gefangene?“Während des Erzählens, steht deralte Mann wieder auf, geht ans Regal, ziehte<strong>in</strong>en vergilbten Ordner heraus, blätterte<strong>in</strong>mal an die Bibel Orde W<strong>in</strong>gates und dasBibelflugzeug se<strong>in</strong>er Frau Lorna an. „Als ichdann <strong>in</strong> die Armee kam, sagte man mir, dassvon derlei D<strong>in</strong>gen nichts übrigbleiben würde.Deshalb g<strong>in</strong>g ich <strong>in</strong> Ismailia <strong>in</strong> Ägypten<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fotoladen und verlangte e<strong>in</strong>e Fototasche.“„Was kostet die?“, fragte ich denarabischen Händler. „Zehn Gu<strong>in</strong>een!“ wardie Antwort, worauf ich konterte: „Schämstdu dich nicht! Das ist e<strong>in</strong> heiliges Buch!“Sofort lenkte er e<strong>in</strong>: „Gu<strong>in</strong>ea wachad“ – „Gibmir e<strong>in</strong>e Gu<strong>in</strong>ea!“ Nissan erhebt sich undholt das alte, ihm so teure Buch: „Sieh, wiees <strong>in</strong> die Hülle passt, wie angegossen. Die istaus Ismailia, von 1942.“ Mit der Bibel <strong>in</strong> dergemacht. Nissan schlägt das Buch auf undzeigt das Buchzeichen mit e<strong>in</strong>er Menorah,e<strong>in</strong>em siebenarmigen Leuchter, darauf. „DieseBibel war dabei <strong>in</strong> den Alpen, als wir dieÜberlebenden des Holocaust befreit haben…“Er blättert dar<strong>in</strong>: „Sieh hier steht‚Schmuel Katznelson von Dr. Mol<strong>in</strong>er‘… Dashabe ich alles noch… Ich lese <strong>in</strong> dieser Bibel,bis heute!“Nach der Entlassung aus der britischen Armee1946 kehrt Schmuel Nissan <strong>in</strong> se<strong>in</strong>Heimatland zurück, das immer mehr imBürgerkrieg zwischen Juden, Arabern undBriten vers<strong>in</strong>kt. E<strong>in</strong> Jahr lang studiert erMediz<strong>in</strong>, fliegt <strong>in</strong> die Schweiz, um dort se<strong>in</strong>durch die Dokumente: „Sieh hier, das istEster, hier ist ihr Diploma… hier e<strong>in</strong> Gedichtüber sie von Avner Tre<strong>in</strong><strong>in</strong>g: ‚Warum hatEster gelacht?!‘…“ Schmuel brachte Bilderse<strong>in</strong>er Verlobten bis zum Vertreter der arabischenSeite beim Internationalen RotenKreuz, Musa Husse<strong>in</strong>i, um dann nach zweiWochen die Nachricht zu erhalten: Auf arabischerSeite wurden ke<strong>in</strong>e Gefangenen ge-

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