Klinoptikum 2/2011 - LKH-Univ. Klinikum Graz
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Am oberen Tischende thronte der Höllerhansl<br />
und schüttelte mit Kennermiene die Flascherl mit<br />
dem Urin und stellte dann seine Diagnosen, die so<br />
ähnlich gelautet haben, wie sie aus dem Lied bekannt<br />
sind („Gallschleim im Magn mit schlechten<br />
Geblüt“ oder „Lünglkatarrh mit Windfiaba“ usw.).<br />
Dann bekam jeder ein Flasche der „Höllerhansl-<br />
Medizin“. Beim Hinausgehen wurde dafür eifrig<br />
gespendet. Oft schickte der Höllerhansl auch seine<br />
„Patienten“ in die Kapelle hinüber zum Beten und<br />
er konnte sehr böse werden, wenn sich jemand<br />
weigerte.<br />
Zu dieser Zeit verdiente der „Höllerhansl“ sehr<br />
gut. Man erzählt sich, dass der Steuereinnehmer<br />
stets mit einem Rucksack voll von Geldscheinen<br />
Rachling verließ, was man jedoch in Relation zur<br />
Geldentwertung der damaligen Zeit sehen muss.<br />
Der Hansl selbst machte sich wenig aus Geld.<br />
Abb. 6: Wallfahrer in Rachling auf einer Postkarte der 20er Jahre<br />
So war es ganz normal, dass auch viele seine Gastfreundschaft<br />
weidlich ausnützten. Vor allem Kirchenleute,<br />
Pfarrer und Ordensleute waren bei ihm<br />
häufig zu Gast (Abb. 6). Eine besondere Freundschaft<br />
verband ihn mit Pater Philipp, dem Guardian<br />
der Kapuziner zu Schwanberg. So war es nicht<br />
verwunderlich, dass er 1925 zum Ehrenkapuziner<br />
ernannt wurde. 1928 erhielt er zudem von Papst<br />
HISTORISCH<br />
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Pius XI eine Urkunde, wo ihm ein vollkommener<br />
Ablass in der Stunde seines Todes gewährt wurde.<br />
Zu jener Zeit kamen auch berühmte Leute zu ihm.<br />
Die Gewährsleute berichteten von einem indischen<br />
Maharadscha, angeblich von einem Besuch der<br />
Königin von Portugal, vom Besuch reicher Adeliger<br />
und Geschäftsleute, von Schweden, Italienern,<br />
Russen, Türken usw. und von Amerikanern, die<br />
auf ihrem Europabesuch immer gerne zum Höllerhansl<br />
kamen. Einmal kam sogar ein Filmteam zu<br />
ihm und im Jänner sowie im April 1928 kam jedes<br />
Mal eine ägyptische Prinzessin ausschließlich zum<br />
Höllerhansl (Abb. 7). Dies alles kann man in den<br />
damaligen Tageszeitungen nachlesen.<br />
Abb. 7: Wahrscheinlich Höllerhansls letztes Foto, zusammen mit amerikanischen Besuchern<br />
Kurz noch etwas über sein Sterben. Der Höllerhansl<br />
war dem großen Ansturm körperlich und seelisch<br />
nicht gewachsen. Er fand oft kaum Zeit zum<br />
Essen. Als Ersatz griff er zum Alkohol. Oft war<br />
er mittags schon schwer betrunken und ging nur<br />
mehr in seine Kapelle hinüber und betete dort laut.<br />
Das sprach sich auch unter seinen „Patienten“ und<br />
Bewunderern herum und sie blieben mit der Zeit<br />
aus. Was immer es war, der Höllerhansl erkrankte<br />
ernstlich. Es war ein langes Sterben. Liebevoll von<br />
seiner Gattin Cilli gepflegt, verstarb er in Rachling<br />
am 20. Jänner 1935 und wurde in Stainz zur letzten<br />
Ruhe gebettet.<br />
Mehr über den Höllerhansl lesen<br />
Sie im Buch von Dr. Bernd<br />
E. Mader „Der Höllerhansl“,<br />
Steirische Verlagsgesellschaft.<br />
Ausgabe 2/<strong>2011</strong><br />
Autor:<br />
Mag. pharm. Dr. Bernd Mader<br />
E-Mail: bernd_mader@gmx.at<br />
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