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Klinoptikum 2/2011 - LKH-Univ. Klinikum Graz

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3. Eine Einwilligung in eine gravierende medizinische<br />

Behandlung: (vergleichbar einer<br />

schweren Körperverletzung: z.B. Eingriff an<br />

lebenswichtigen Organen, Chemotherapie,<br />

Amputationen, Vollnarkose etc.) hat sowohl der<br />

einsichts- und urteilsfähigen Minderjährigen als<br />

auch sein gesetzlicher Vertreter zu erteilen.<br />

Eine exakte Trennung, welche Eingriffe als<br />

schwerwiegend oder leicht zu qualifizieren<br />

sind, ist eine medizinische Frage und abhängig<br />

von der Schwere des Eingriffs und insbesondere<br />

von den damit verbundenen Risiken.<br />

5. Gefahr im Verzug: ist die Behandlung so dringend<br />

notwendig, dass der mit der Einholung der<br />

Einwilligung oder der Zustimmung verbundene<br />

Aufschub das Leben des Kindes gefährden würde<br />

oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung<br />

der Gesundheit verbunden wäre, ist (im<br />

Extremfall) keine Aufklärung und Einwilligung<br />

(von niemandem) erforderlich.<br />

Checkliste<br />

Gefahr im Verzug?<br />

(im Extremfall)<br />

Behandlung ohne<br />

Aufklärung und<br />

Einwilligung<br />

Problemfälle<br />

RECHT aktuell<br />

Keine unmittelbar drohende Lebensgefahr oder ernste Gesundheitsgefahr<br />

Nicht gravierender<br />

Eingriff<br />

Einwilligung<br />

nur Minderjähriger<br />

Ist der Minderjährige einsichts- und urteilsfähig?<br />

Ja Nein<br />

Gravierender<br />

Eingriff<br />

Einwilligung Minderjähriger und<br />

Einwilligung gesetzlicher Vertreter<br />

Problem I: Der 15jährige Peter wird von seinem<br />

Arzt als einsichts- und urteilsfähig angesehen. Es<br />

soll ein großer Tumor chirurgisch entfernt werden.<br />

Peter verweigert die Zustimmung, seine Eltern wären<br />

mit dem Eingriff einverstanden.<br />

Lösung: Unabhängig von der Schwere des Eingriffs,<br />

hat bei fehlender Einwilligung des Minderjährigen<br />

der Eingriff zu unterbleiben, sofern er<br />

als einsichts- und urteilsfähig angesehen wurde.<br />

Auf die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters<br />

kommt es nicht an.<br />

Erysipel/www.pixelio.de<br />

Ein krankes Kind ist für Eltern immer beunruhigend.<br />

Problem II: Die 17jährige Sandra wird von ihrem<br />

Arzt als einsichts- und urteilsfähig angesehen. Sie<br />

möchte unbedingt eine kosmetische Korrektur ihrer<br />

Nase. Die Mutter ist einverstanden, der Vater<br />

verweigert seine Zustimmung.<br />

Einwilligung<br />

gesetzlicher Vertreter<br />

Lösung: Prinzipiell ist die Einwilligung<br />

eines Elternteils ausreichend.<br />

Geben die (obsorgeberechigten)<br />

Elternteile jedoch<br />

gleichzeitig widersprechende<br />

Er klärungen ab, kommt keine<br />

Einwilligung zustande und die<br />

Behandlung hat zu unterbleiben.<br />

Gefährden die Eltern damit das<br />

Kindeswohl (z.B. Eltern lehnen<br />

medizinisch indizierte Cortisonbehandlung,<br />

Operation etc. ab)<br />

ist das zuständige Gericht zu<br />

verständigen und die Zustimmung der Eltern zu<br />

ersetzen. Im Beispielfall handelt es sich um einen<br />

schwerwiegenden nachhaltigen Eingriff, sodass<br />

sowohl die Zustimmung des Kindes als auch jene<br />

des Erziehungsberechtigten erforderlich wäre. Da<br />

das Kindeswohl durch die fehlende Einwilligung<br />

der Eltern nicht gefährdet wird, hat die Behandlung<br />

zu unterbleiben, ohne dass das Pflegschaftsgericht<br />

anzurufen wäre.<br />

Autorin:<br />

Mag. Andrea Kohlwein<br />

Bereich Recht & Beschwerden<br />

Tel.: 385 /<br />

E-Mail: andrea.kohlwein@klinikum-graz.at<br />

Ausgabe 2/<strong>2011</strong><br />

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