Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/07 – September 2007 – Seite 12<br />
tis am häufigsten mit einem mittleren Berentungsalter<br />
von 51 Jahren bei den häufiger betroffenen Frauen,<br />
bzw. 52 Jahren bei den Männern (Deutsche Rentenversicherung<br />
Bund 2006). Die Spondylitis ankylosans<br />
ist bei den Männern die zweithäufigste Frühberentungsdiagnose<br />
unter den entzündlich-rheumatischen<br />
Krankheiten mit Rentenbeginn im mittleren Alter von<br />
49 Jahren. Dagegen ist bei den Frauen die zweithäufigste<br />
Berentungsursache in dieser Krankheitsgruppe<br />
der systemische Lupus erythematodes schon im<br />
Durchschnittsalter von 43 Jahren.<br />
Untersuchungen zum Beginn der Erwerbsminderung<br />
im Krankheitsverlauf von ambulanten und stationären<br />
Patienten aus Kliniken zeigten eine bereits in den<br />
ersten drei Krankheitsjahren besonders rasch zunehmende<br />
Erwerbsunfähigkeit von 20 Prozent (Bräuer et<br />
al., 2002; Mau et al., 1996 a).<br />
Etwas günstigere Daten ergeben sich bei Berücksichtigung<br />
von ausschließlich ambulant betreuten Patienten,<br />
die neben den Kranken aus Klinikambulanzen<br />
Patienten der niedergelassenen Rheumatologen einbeziehen.<br />
Danach sind 12 Prozent der Patienten mit<br />
einer weniger als 5 Jahre dauernden Rheumatoiden<br />
Arthritis erwerbsgemindert, nach 5 bis 10 Jahren 22<br />
Prozent und nach mehr als 10 Jahren 40 Prozent<br />
(Huscher et al., 2006).<br />
Auffällig gering sind die Anteile der Teilrenten und der<br />
Teilzeittätigkeit bei Rheumakranken, die nicht über<br />
dem Bundesdurchschnitt liegen (Huscher et al., 2006;<br />
Mau et al., 2005). Das Ziel, auch Kranke mit gewandeltem<br />
Leistungsvermögen durch die teilweise Erwerbsminderungsrente<br />
im Erwerbsleben zu halten,<br />
ist in Deutschland bisher schwer zu erreichen. Vor<br />
dem Hintergrund des weitgehend verschlossenen<br />
(Teilzeit-)Arbeitsmarktes führt die Bewilligung einer<br />
teilweisen Erwerbsminderung in zahlreichen Fällen<br />
konkret in die Arbeitslosigkeit mit erheblichen finanziellen<br />
Folgen (Arbeitslosengeld II).<br />
Die ursprünglich positive Absicht, mit der Teilrente die<br />
Erwerbstätigkeit zu sichern, wird somit in der Praxis<br />
nicht selten in das Gegenteil verwandelt. Deshalb wird<br />
zum Teil ein regional verschlossener Teilzeitarbeitsmarkt<br />
berücksichtigt und eine volle Erwerbsminderung<br />
bewilligt.<br />
Durch den Vergleich der Kerndokumentationsdaten<br />
der Rheumazentren mit Bevölkerungsdaten werden<br />
die Einflüsse der Erkrankung (Diagnose und Dauer),<br />
des regionalen Arbeitsmarktes, der Schulbildung und<br />
des Geschlechts auf die Beschäftigung von Rheuma-<br />
kranken quantifizierbar. Gegenüber der ohnehin niedrigen<br />
Beschäftigungsquote vergleichbarer Frauen mit<br />
geringer Schulbildung in den neuen Bundesländern<br />
haben dort lebende Frauen durch eine Rheumatoide<br />
Arthritis, einen systemischen Lupus erythematodes<br />
oder eine systemische Sclerose eine um 45 bis 61<br />
Prozent reduzierte Chance der Erwerbstätigkeit (Mau<br />
et al., 2005).<br />
Während diese demografischen Faktoren kaum beeinflussbar<br />
sind, ist die große Bedeutung der grundsätzlich<br />
therapeutisch modifizierbaren oder kompensierbaren<br />
Behinderung im Alltag hervorzuheben: Bei<br />
weniger als 50 Prozent Funktionskapazität nach dem<br />
Funktionsfragebogen Hannover beziehen rund die<br />
Hälfte der Patienten mit rheumatoider Arthritis, ankylosierender<br />
Arthritis oder systemischem Lupus erythematodes<br />
und zwei Drittel der Patienten mit Psoriasisarthritis<br />
eine Erwerbsminderungsrente im Gegensatz<br />
zu nur 7 bis 17 Prozent bei besserer Funktion<br />
(mehr als 70 Prozent Funktionskapazität) (Huscher et<br />
al., 2006).<br />
Indirekte Krankheitskosten<br />
Bereits innerhalb der ersten drei Jahre entstehen bei<br />
erwerbstätigen Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis<br />
hohe indirekte Kosten durch Produktivitätsausfall<br />
(Merkesdal et al., 2001). Dabei ist zunächst der<br />
größte Kostenfaktor die frühe Arbeitsunfähigkeit mit<br />
durchschnittlich 8.400 Euro pro Jahr innerhalb der<br />
ersten zwei Krankheitsjahre. Die Arbeitsunfähigkeitskosten<br />
vermindern sich im Folgejahr, während Kosten<br />
durch Aufgabe der Erwerbstätigkeit in geringerem<br />
Ausmaß ansteigen.<br />
Nach durchschnittlich acht Jahren Krankheitsdauer<br />
wurden bei noch im Erwerbsleben verbliebenen Patienten<br />
mit einer rheumatoiden Arthritis jährliche<br />
Kosten der Arbeitsunfähigkeit von durchschnittlich<br />
2.800 Euro ermittelt (Ruof et al., 2003). Bei den erwerbsunfähig<br />
Berenteten betrugen die indirekten<br />
Kosten im Mittel rund 8.400 Euro.<br />
Entsprechend den Daten der Kerndokumentation<br />
steigen die indirekten Kosten bei der rheumatoiden<br />
Arthritis mit der der Krankheitsdauer auf bis zu 15.700<br />
Euro nach mehr als 10-jähriger Krankheitsdauer (Huscher<br />
et al., 2006). Die Kosten bei ankylosierender<br />
Arthritis, Psoriasisarthritis oder systemischem Lupus<br />
erythematodes liegen in einer ähnlichen Größenordnung.