Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/07 – September 2007 – Seite 7<br />
unter Bevölkerungsniveau. Besonders ungünstig sind<br />
die Beschäftigungschancen für Rheumakranke, die<br />
einen niedrigen Bildungsstand aufweisen und/oder in<br />
einem neuen Bundesland wohnen (6).<br />
Von den noch erwerbstätigen Personen mit Rheumatoider<br />
Arthritis sind rund ein Drittel mindestens einmal<br />
pro Jahr wegen der Erkrankung arbeitsunfähig mit<br />
einer mittleren Dauer von rund 50 Tagen (7). Ein<br />
ähnliches Bild zeigt die Kerndokumentation auch für<br />
die ankylosierende Spondylitis und den SLE.<br />
Die mittleren jährlichen Kosten für medizinische Behandlung<br />
(Arztbesuche, Medikamentenkosten, ergänzende<br />
Therapien, Krankenhausaufenthalte, Rehabilitationsmaßnahmen)<br />
betragen bei den einzelnen<br />
Krankheitsbildern zwischen 3.100 Euro (Psoriasis-<br />
Arthritis) und 4.700 Euro (Rheumatoide Arthritis) pro<br />
Jahr.<br />
Hinzu kommen mittlere Kosten durch Produktivitätsausfälle<br />
(Arbeitsunfähigkeit und vorzeitige Berentung)<br />
in Höhe von 8.000 bis 11.000 Euro je nach Krankheitsbild.<br />
Wie wichtig Bemühungen um einen möglichst<br />
vollständigen Funktionserhalt sind, zeigen die<br />
bei schlechtem Funktionsstatus um 3- bis 4-fach höheren<br />
Kosten (8).<br />
4. Struktur der rheumatologischen Versorgung<br />
4.1 Versorgungsbedarf<br />
In Deutschland kann die Gebietsbezeichnung Rheumatologie<br />
durch Fachärzte der Inneren Medizin oder<br />
Orthopädie erworben werden. Ihre Aufgaben sind jedoch<br />
deutlich unterschiedlich: Während die Aufgaben<br />
des orthopädischen Rheumatologen vorrangig auf<br />
den Gebieten der Überwachung des Funktionszustandes,<br />
der gezielten Verordnung von Physiotherapie<br />
und Hilfsmitteln sowie der Indikationsstellung zu<br />
operativen Eingriffen liegen, obliegen dem internistischen<br />
Rheumatologen die (Früh-)Diagnose, Einleitung<br />
und Überwachung der Therapie und Bewältigung<br />
von Therapiekomplikationen sowie die Krankheitsbegleitung<br />
in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt.<br />
Die Berechnungen von Anhaltszahlen für eine angemessene<br />
rheumatologische Versorgung beziehen<br />
sich daher auf die internistischen Rheumatologen als<br />
Hauptansprechpartner.<br />
Bereits das Memorandum der Deutschen Gesellschaft<br />
für Rheumatologie von 1994 (9) stellte bei<br />
genauer Berechnung der von einem internistischen<br />
Rheumatologen maximal leistbaren Versorgung einen<br />
Bedarf von mindestens zwei internistischen<br />
Rheumatologen je 100.000 Einwohner fest. Als ideal<br />
wurde eine Versorgung mit drei Rheumatologen je<br />
100.000 Einwohner angesehen. Angesichts der damals<br />
noch deutlich schlechteren Versorgungssituation<br />
wurde als Minimalforderung eine Versorgung mit<br />
einem Rheumatologen je 150.000 Einwohner angenommen.<br />
Diese „Mindestversorgung“ haben wir heute erreicht.<br />
Von einer ausreichenden oder gar optimalen Versorgung<br />
sind wir jedoch noch immer weit entfernt.<br />
4.2 Aktuelle Versorgungsstruktur<br />
Das Arztregister der Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />
(KBV) nennt mit Stand vom 31. Dezember 2006<br />
674 berufstätige Internisten mit Schwerpunkt oder<br />
Teilgebiet Rheumatologie und 534 berufstätige Orthopäden<br />
mit Schwerpunkt/Teilgebiet Rheumatologie.<br />
Hiervon sind 426 internistische und 476 orthopädische<br />
Rheumatologen als Vertragsärzte tätig, 153<br />
internistische und 106 orthopädische Rheumatologen<br />
sind an Kliniken zur ambulanten Behandlung<br />
ermächtigt.<br />
Dies ergibt für die gesamte Bundesrepublik eine Zahl<br />
von 0,86 internistischen und 0,79 orthopädischen<br />
Rheumatologen je 100.000 erwachsene Einwohner<br />
oder einen internistischen Rheumatologen je 116.000<br />
erwachsene Einwohner. Die Tabelle (S. 8) gibt die<br />
regionale Verteilung der internistischen Rheumatologen<br />
wieder. Die Zahlen je 100.000 Erwachsene variieren<br />
in den einzelnen Bundesländern zwischen 0,57 im<br />
Saarland und 1,4 in Bremen. Insgesamt haben die<br />
Stadtstaaten eine höhere Dichte an internistischen<br />
Rheumatologen.<br />
5. Prozesse und Prozessqualität der<br />
rheumatologischen Versorgung<br />
Die erste Anlaufstelle bei neu auftretenden muskuloskelettalen<br />
Beschwerden sind in aller Regel Hausärzte<br />
oder Orthopäden. Ihre Aufgabe ist es, Patienten mit<br />
rheumatologischem Versorgungsbedarf früh zu erkennen<br />
und zu überweisen. Dies erfolgt heute deutlich<br />
schneller als noch vor 15 Jahren: Nach den Daten der<br />
rheumatologischen Kerndokumentation hat sich seit<br />
1993 die Zeit bis zur Überweisung bei allen Krankheitsbildern<br />
außer der ankylosierenden Spondylitis<br />
halbiert.<br />
Eine Rheumatoide Arthritis wird heute im Mittel nach<br />
1,1 Jahren überwiesen (7). Rund die Hälfte der im<br />
Jahr 2004 neu zum Rheumatologen zugewiesenen<br />
RA-Patienten hatten nicht länger als sechs Monate<br />
Beschwerden.