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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/07 – September 2007 – Seite 20 ken, welche mit den klassischen DMARDs einen unzureichenden Effekt haben. Bei der Einführung war diese Entscheidung auch medizinisch berechtigt, da klinische Studien nur für solche Patienten vorlagen. Wenn man aber weiß, dass eine frühe effektive Intervention bei dieser Krankheit sehr wichtig ist, muss man sich die Frage stellen, welche Konsequenzen eine solche Entscheidung haben wird. Und warum in einigen Ländern die Biologika oft schon nach Versagen von ein oder zwei DMARDs angewendet werden (z.B. Frankreich, Spanien, auch Skandinavien) und in anderen Ländern erst nach drei oder mehr (z. B. Großbritannien, Deutschland) ist weder aus medizinischen noch ökonomischen Gründen verständlich (Graphik 3, S. 19). Graphik 4: Entwicklung der Arbeitsbeteiligung mit fortschreitender Krankheit 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % % 0 % % < 60 Jahre % Angestellte
gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/07 – September 2007 – Seite 21 so früh wie möglich mit den besten Mitteln behandelt werden. Beides hat mit Prävention zu tun: Präventive Behandlungen müssen oft an große Patientengruppen verabreicht werden, da man die Zielgruppe nicht genau identifizieren kann. Dies ist mit hohen Kosten verbunden, und es ist deshalb vor allem für kostspielige Behandlungen von sehr hoher Wichtigkeit, die Zielgruppe rasch zu erkennen. Frühe Behandlung dieser Gruppe wird dazu beitragen, dass Patienten länger einem normalen Leben nachgehen können, weitgehend schmerzfrei und unbehindert. Ökonomische Auswirkungen hat dies aber vor allem im Arbeitsmarkt. Studien auf dem Gebiet der RA haben ausnahmslos gezeigt, dass der Verlust der Arbeitsfähigkeit und des damit verbundenen gesellschaftlichen Produktivitätsverlustes den weitaus größten Anteil der Kosten darstellt. So machen zum Beispiel indirekte Kosten oder Produktionsausfall bei Patienten im arbeitsfähigen Alter (30 bis 65 Jahre) in Deutschland mehr als zwei Drittel der Gesamtkosten aus [9]. Je nach Land, Arbeitsumgebung und Stichprobe beziehen nach 10 Jahren Krankheit bis zu 50 Prozent der Patienten eine Invalidenrente [10-13]. Im späten Stadium der Krankheit können nur ungefähr 10 Prozent der Patienten im arbeitsfähigen Alter einem Beruf nachgehen [5] (Graphik 4, S. 20). Aber auch kurzfristig, im frühen Krankheitsstadium, sind Arbeitsausfälle häufig [3], auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt keinen Großteil der indirekten Kosten ausmachen. Dass auch diese zum Teil verhindert werden können, hat eine neue Studie gezeigt [14]. Unter TNF-Blocker Behandlung gingen Krankschreibungen um mehr als 40 Prozent zurück. Eine andere Studie aus Deutschland zeigte eine Tendenz zu verringerten indirekten Kosten für RA Patienten im Jahre 2001 verglichen zu 1998 (d.h. bevor die Biologika angewendet wurden) [15]. Wie werden nun solche Daten in ökonomischen Modellen zum Berechnen der Kosteneffektivität von RA Behandlungen angewandt? Vereinfacht dargestellt, versucht man in diesen Modellen den „normalen“ Krankheitsverlauf darzustellen, mit fortschreitender Behinderung und dadurch steigenden Kosten und sinkender Lebensqualität. Aufgrund der klinischen Resultate analysiert man dann, wie sich diese Kosten- und Lebensqualitätskurven, mit einer neuen Behandlung über einen be- stimmten Zeitraum hinweg, verändern werden (Graphik 5, S. 22). Das Resultat zeigt dann, ob die Kosten der neuen Behandlung durch Einsparungen bei den Krankheitskosten kompensiert werden, und wenn nicht, wie viel man für die über Jahre hinweg verbesserte Lebensqualität (QALY) bezahlen muss. Aus dieser Darstellung ist auch klar ersichtlich, dass man ökonomische Betrachtungen in RA, und in speziellen Kosteneffektivitätsanalysen, ausschließlich über einen längeren Zeitraum hinweg betrachten muss. Es ist die Prävention, das Verhindern oder Verlangsamen der Progression der Behinderung, welche die größten Vorteile bringt. Jedes Jahr, ja sogar jeder Monat, um welche die schwereren Krankheitsstadien hinausgeschoben werden, bedeuten eine Kosteneinsparung und einen Gewinn an Lebensqualität. Die Gesamtkosten in Schweden steigen um rund 5.000 Euro pro 0.5 HAQ 2 [3], in Deutschland und Frankreich ungefähr um 6.000 Euro [5, 9]. Daraus ergibt sich, dass sich Kosten durchschnittlich um fast 1.000 Euro erhöhen für jede klinisch signifikante Verschlechterung. Oder anders ausgedrückt, um ungefähr 420 Euro pro Jahr. Im Spiegelbild dazu senkt sich die Lebensqualität um fast 0.15 (oder 15 Prozent) für jeden halben HAQ point [3, 5]. Anders ausgedrückt, RA-Patienten verlieren pro Jahr ungefähr 0.01 QALY 3 , wobei man, wie bereits erwähnt, zusätzlich bedenken muss, dass die Lebensqualität dieser Patienten bereits etwa 20 bis 30 Prozent unter derjenigen der Normalbevölkerung liegt [5]. Die meisten Modellrechnungen haben gezeigt, dass TNF-Blocker – wenn angewandt für die richtigen Patienten – vom gesellschaftlichen Standpunkt gesehen kosteneffektiv sind, das heißt unter dem (inoffiziellen, im europäisch-gesundheitsökonomischen Raum ak- 2 HAQ (Health Assessment Questionnaire) ist ein Standardinstrument, mit welchem sowohl in klinischen Studien als auch in klinischer Praxis die Behinderung von RA-Patienten gemessen wird. Das Instrument misst von 0 (keine Behinderung) bis 3 (schwerste Behinderung). Klinisch gesehen ist eine Veränderung von 0,22 Punkten signifikant. Im Durchschnitt verschlechtern sich Patienten um 0,034 Punkte pro Jahr, wobei es natürlich viele Patienten gibt, bei welchen die Krankheit um vieles schneller fortschreitet. 3 QALY’s werden berechnet durch gewichten der Lebensjahre mit deren Qualität und können somit für alle Krankheiten gleich berechnet und für Entscheidungen über Gesamtbudgets verwendet werden. Dies erklärt, weshalb Resultate von Kosteneffektivitätsanalysen im Allgemeinen als „Kosten/gewonnenem QALY“ berechnet werden.
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