Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/07 – September 2007 – Seite 52<br />
medizinischer Leistungen sind logische Konsequenzen<br />
dieses politisch gewollten Wettbewerbs und führen<br />
in Flächenländern, wie Brandenburg, zu einer<br />
Gefährdung des schnellen Zugangs von Patienten zu<br />
spezialisierter Behandlung und wohnortnaher medizinischer<br />
Modelle der Akutversorgung.<br />
Im Rahmen dieser neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
gilt es jetzt, Modelle neuer Versorgungsstrukturen<br />
zu entwickeln, die diesem Trend entgegenwirken<br />
und eine flächendeckende wohnortnahe medizinische<br />
Versorgung bei gleichzeitiger Erhöhung von<br />
Effizienz und Qualität auch in der Zukunft sicherstellen<br />
können.<br />
So ist zum Beispiel die von Politik und Wissenschaft<br />
viel beschworene und als Allheilmittel für die Probleme<br />
im deutschen Gesundheitssystem deklarierte Integrierte<br />
Versorgung nur dann ein möglicher Lösungsansatz,<br />
wenn die bestehenden Versorgungsstrukturen<br />
einbezogen werden. Das mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz<br />
(GKV-WSG) formulierte gesundheits<strong>politische</strong><br />
Ziel der Integrierten Versorgung,<br />
die Ermöglichung einer bevölkerungsbezogenen und<br />
flächendeckenden Versorgung, kann nur erreicht werden,<br />
wenn die medizinischen Leistungen auch wohnortnah<br />
und bedarfsgerecht angeboten werden können.<br />
Die Konzentration auf wenige Standorte wirkt<br />
diesem Ziel entgegen und ist somit in dieser Hinsicht<br />
kontraproduktiv.<br />
Beim Aufbau neuer Versorgungsmodelle sind insofern<br />
die bereits vorhandenen ambulanten Strukturen wesentlich.<br />
Das Augenmerk muss hierbei auf die flächendeckende,<br />
ambulant-zentrierte, interdisziplinäre,<br />
aber auch sektorenübergreifende Kooperationen gelegt<br />
werden. Hierzu bieten sich regional organisierte<br />
Versorgungsstrukturen unter Einbeziehung niedergelassener<br />
Ärzte, Krankenhäuser und weiterer Leistungserbringer<br />
an.<br />
Gerade bei der Versorgung von Chronikern führen die<br />
aktuellen Entwicklungen einer Konzentration medizinischer<br />
Leistungen an nur wenigen Standorten zu<br />
erheblichen Verschlechterungen im Hinblick auf die<br />
Versorgungsqualität. Patienten mit chronischen Erkrankungen,<br />
wie Rheuma, Diabetes mellitus und<br />
Koronarer Herzkrankheit (KHK) sind auf eine kontinuierliche<br />
fachärztliche Betreuung, gerade auch im<br />
Bezug auf die Akutversorgung in Wohnortnähe angewiesen.<br />
Das Fehlen qualifizierter und vertrauter Ansprechpartner<br />
vor Ort und somit oft weite und zeitraubende<br />
Wege zur nächstmöglichen fachärztlichen Versor-<br />
gung stehen einer rechtzeitigen und fehlerfreien Diagnosestellung,<br />
einer fachgerechten ärztlichen Behandlung<br />
sowie der Aufrechterhaltung eines therapiegerechten<br />
und vertrauensvollen Arzt-Patienten-Verhältnisses<br />
entgegen. Der Aufbau von chronikerbezogenen<br />
Vollversorgungsstrukturen wird durch eine<br />
übermäßige Konzentration von Versorgungsangeboten<br />
behindert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.<br />
Exemplarisch sollen die aufgezeigten Probleme und<br />
diesbezügliche Lösungsansätze im Bereich der<br />
Rheumatologie dargestellt werden.<br />
Folgen für die rheumatologische Behandlung<br />
Gemäß der Aussagen in Fachkreisen sind Krankheiten<br />
des rheumatischen Formenkreises hinsichtlich<br />
der Belastungen der Betroffenen, aber auch<br />
angesichts der Folgekosten eines der wohl wichtigsten<br />
Krankheitsfelder in Deutschland. Der Deutschen<br />
Rheuma-Liga zufolge leiden schätzungsweise<br />
ca. 15 Prozent der Bevölkerung an rheumatischen<br />
Erkrankungen [3], womit die gesundheits- und sozial<strong>politische</strong><br />
Bedeutung dieser Krankheiten nicht zu<br />
unterschätzen ist. Nach einer Studie waren 2004<br />
27,5 Prozent aller Gründe für Arbeitsunfähigkeitstage<br />
und 36 Prozent aller Rehabilitationsmaßnahmen auf<br />
muskuloskelettale Erkrankungen zurückzuführen und<br />
stellen die zweithäufigste Ursache für vorzeitige<br />
Berentung dar.<br />
Dennoch spielten rheumatische Erkrankungen in der<br />
ärztlichen Aus- und Weiterbildung sowie der Forschungsförderung<br />
bis vor wenigen Jahren im Vergleich<br />
zu anderen häufigen Erkrankungen nur eine<br />
geringe Rolle. [4] Gegenwärtig werden hierfür auch<br />
keine DMP-Programme angeboten, was dazu führt,<br />
dass das Interesse vieler gesetzlicher Krankenkassen<br />
(GKV) durch den fehlenden finanziellen Anreiz über<br />
den Risikostrukturausgleich (RSA) faktisch gegen<br />
„Null“ sinken lässt. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie<br />
das Beispiel der Deutschen Angestellten-Krankenkasse<br />
(DAK) zeigt.<br />
Das Versorgungsangebot für Rheumapatienten im<br />
Land Brandenburg ist bisher an zwei stationär angebundenen<br />
Rheumazentren in Mitte/West und Süd/<br />
Ost konzentriert und im bisherigen Landesrheumaplan<br />
manifestiert. Für die Patienten bedeutet diese<br />
Konzentration eine Entfernung und einen entsprechenden<br />
Fahrweg von bis zu 300 km. Der damit verbundene<br />
zeitliche und finanzielle Aufwand, aber besonders<br />
die körperliche Belastung, errichten für die