Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/07 – September 2007 – Seite 56<br />
Deutschland ergab (Hülsemann, Mittendorf, Merkesdal<br />
et al. 2005).<br />
Wegen der mit dem Schweregrad ansteigenden Kosten<br />
wird derzeit intensiv nach Faktoren gesucht, die<br />
eine zuverlässige Prädiktion der Krankheitsprognose<br />
für individuelle Patienten ermöglichen könnten. Unterschiedliche<br />
Forschergruppen kommen bei direkten<br />
Kosten zu dem Ergebnis, dass vorrangig die Einschränkung<br />
der Funktionskapazität, der Allgemeinzustand,<br />
die Höhe der Lebensqualität, die Krankheitsaktivität<br />
sowie die Schmerzintensität ein höheres Maß<br />
an zukünftigen direkten Kosten bedingen (Michaud,<br />
Messer, Choi et al. 2003; Verstappen, Verkleij, Bijlsma<br />
et al. 2004).<br />
Bei einer in Deutschland durchgeführten Studie waren<br />
für indirekte Kosten, analog zu den direkten Kosten,<br />
die Krankheitsaktivität, die Krankheitsschwere<br />
und eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit wichtige<br />
Prädiktoren aller Komponenten der Produktivitätskosten.<br />
Zusätzlich konnten ergänzend eine geringere<br />
berufliche Stellung und die Erosivität der Arthritis<br />
identifiziert werden (Merkesdal, Hülsemann, Mittendorf<br />
2006). Hieraus können sich mögliche Interventionsansätze<br />
für die Versorgung ableiten lassen.<br />
Bei einer nicht optimalen frühzeitigen Therapie der<br />
Erkrankung können somit Kosten durch Unterversorgung<br />
entstehen. Wenn die Progression der Krankheit<br />
über eine Basistherapie zumindest verzögert oder<br />
verlangsamt werden kann und die Kosten der Behandlung<br />
mit dem Schweregrad der Behandlung steigen,<br />
könnten die Gesamtkosten langfristig unter Umständen<br />
positiv beeinflusst werden.<br />
Für Nordrhein-Westfalen wird geschätzt, dass bis zu<br />
450 Rheumatologen in der Versorgung fehlen. Durch<br />
die Folgen der Unterversorgung mit Basistherapeutika<br />
werden dadurch über einen Zeitraum von zehn<br />
Jahren eventuell vermeidbare Kosten von 36.000<br />
Euro bis 66.000 Euro pro RA-Patienten geschätzt<br />
(Mau 2004).<br />
Durch die Einführung neuer Wirkstoffe bei der Behandlung<br />
der RA werden nun vor allem positive Auswirkungen<br />
auf die hohen indirekten Kosten der Erkrankung<br />
und auf die erhebliche Einschränkung der<br />
Lebensqualität erwartet. Die indirekten Kosten können<br />
sich zusammensetzen aus vorzeitigen Berentungen,<br />
einem Ausfall an Produktivität durch die Krankheit<br />
oder auch in einer eingeschränkten Produktivität.<br />
Aus Sichtweise der Volkswirtschaft sind diese Kostenbereiche<br />
von hohem Interesse, da durch eine positive<br />
Beeinflussung hierüber eine (Teil-)Finanzierung<br />
von Kosten in anderen Bereichen der Versorgung<br />
geleistet werden könnte. Durch den progressiven<br />
Charakter chronischer degenerativer Erkrankungen<br />
wie der RA steigen diese Kostenbereiche, wie bereits<br />
erwähnt, meist mit zunehmender Schwere und Dauer<br />
der Erkrankung an.<br />
Eine Verlangsamung oder ein Aufhalten der Progression<br />
kann somit unter Berücksichtigung dieser Kosten<br />
auf mittelfristige Sicht zu günstigen Aussagen bezüglich<br />
der Kosten-Nutzen-Relation beitragen. Jüngste<br />
Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass diese<br />
Kostenbereiche unter innovativen Therapien mit Biologika<br />
in Zeitrahmen von drei Jahren entweder positiv<br />
beeinflusst werden können oder zumindest nicht weiter<br />
ansteigen (Mittendorf, Dietz, von der Schulenburg<br />
et al. 2006; Mittendorf, Dietz, Sterz et al. 2007 (Rheumatology).<br />
In Deutschland und Großbritannien können biologische<br />
Wirkstoffe nach aktuellen Richtlinien bei neu<br />
diagnostizierten Patienten beispielsweise nach zwei<br />
gescheiterten Therapieversuchen mit klassischen<br />
Basistherapien, die innerhalb von sechs Monaten<br />
nicht zum Erfolg führen, eingesetzt werden (NICE<br />
2002; Ledingham, Deighton 2005, Manger 2002).<br />
Bei diesen Patientengruppen können durch die Therapie<br />
erhebliche Effekte in der Verlangsamung der<br />
Progression bewirkt werden, was sich in den Ergebnissen<br />
einer Vielzahl durchgeführter Kosten-Effektivitätsstudien<br />
widerspiegelt (Lyseng-Williamson, Plosker<br />
2004; Lyseng-Williamson, Foster 2004; Bansbeck,<br />
Brennan, Ghatnekar 2005; Wong 2004; Emery 2004;<br />
Bansbeck, Regier, Ara et al. 2005)<br />
Kostenbereiche, die erst in jüngerer Zeit in den Fokus<br />
des wissenschaftlichen Interesses gerückt sind, umfassen<br />
z.B. Belastungen von so genannten Caregivern,<br />
also Personen, die sich neben professionellen<br />
Pflegekräften um den erkrankten Menschen kümmern<br />
und dadurch z.B. ihren Arbeitsplatz aufgeben<br />
müssen oder andere Kosten haben (z.B. der Partner<br />
oder Angehörige).<br />
Die Bewertung dieser Last für einzelne Personen und<br />
die Volkswirtschaft insgesamt ist methodisch nicht<br />
einfach, jedoch findet hier eine intensive Forschung<br />
statt, die es in den kommenden Jahren ermöglichen<br />
wird, einen Eindruck von den monetären Implikationen<br />
zu erhalten (van den Berg, Spauwen 2006; van<br />
Exel, Brouwer, van den Berg et al. 2004).<br />
In Langzeitstudien wurde zudem bereits die Übersterblichkeit<br />
dieser Patienten im Krankheitsverlauf,<br />
d.h. eine erhöhte Sterblichkeit im Vergleich mit der