Abteilung - HTL Braunau
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JAHRESBERICHT 2012 Höhere Technische Bundeslehranstalt <strong>Braunau</strong><br />
Martin Lamprecht: 1973–2012<br />
Ein Abschied für immer.<br />
Wir standen am Gang, inmitten des alltäglichen<br />
Schullärms und waren erschüttert:<br />
ein Schüler, dem ich eben erst bestätigen<br />
musste, was er nicht glauben wollte, und<br />
ich. Martin Lamprecht hat uns für immer<br />
verlassen und wir beide, sein Schüler und<br />
ich, seine ehemalige Lehrerin, konnten<br />
und wollten es nicht glauben.<br />
Gerade erst neigte sich sein erstes Schuljahr<br />
als Lehrer an seiner ehemaligen Schule<br />
dem Ende zu, und ich wollte ihn in einem<br />
gemeinsamen Interview als Neulehrer hier<br />
an dieser Stelle vorstellen. Wir hatten unter<br />
Gelächter ausgemacht, er würde sich<br />
richtig schön dafür machen, „noch schöner“,<br />
wie er sagte, und wir würden wunderbare<br />
Fotos dazu machen, auf die, so<br />
versprach ich ihm, noch seine Enkelkinder<br />
stolz sein würden. Alles war ausgemacht.<br />
Der Tod vereitelte unsere Pläne.<br />
Die Schule hat einen Junglehrer verloren,<br />
der es von Anfang an geschafft hat, die<br />
Schülerinnen und Schüler für sich einzunehmen.<br />
Seine so positive Ausstrahlung,<br />
seine liebenswürdige, umgängliche und<br />
verständnisvolle Art, seine Freude an der<br />
Arbeit mit jungen Menschen machten aus<br />
dem pädagogisch noch nicht geschulten<br />
Martin einen Lehrer, wie ihn sich Schülerinnen<br />
und Schüler wünschen.<br />
Nicht nur als seine Kollegin hatte ich unglaublichen<br />
Spaß mit ihm und konnte mit<br />
ihm aus vollem Herzen lachen, auch als er<br />
noch mein Schüler war, gelang es mir nie,<br />
ihm gram zu sein. Nie verletzte er seine<br />
Grenzen, und seine optimistische Grundhaltung<br />
war nach geradezu ansteckend.<br />
Kann es wirklich sein, dass er mir nie mehr<br />
strahlend begegnen wird? So wie im letzten<br />
Herbst, als ich ihn mit seinem jüngsten<br />
Sohn traf, den er mir stolz vorstellte. Wie<br />
liebevoll er mit ihm umging, das spüre ich<br />
heute noch. Mir war von Anfang an klar,<br />
dass Martin, Lampi durfte ich ihn als Schüler<br />
nennen, an unserer Schule am richtigen<br />
Platz und für die Schule ein großer Gewinn<br />
war. Alle Reaktionen sowohl von Schüler/<br />
innen als auch von Kolleginnen und Kollegen<br />
bestätigen diese Sichtweise. Er war<br />
ein Mensch ohne Argwohn, und das ist<br />
heute sehr selten. Die Menschen in seiner<br />
Umgebung spürten, dass er ihnen immer<br />
wohlgesonnen war. Er wollte immer nur<br />
helfen, weil er ein Mensch war, der sich<br />
für die Gesellschaft, in der er lebte, verantwortlich<br />
fühlte.<br />
Sein wohl intensivstes Engagement gehörte<br />
seiner Familie. Wie viel diese ihm<br />
bedeutete, konnte jede/r ermessen, die/<br />
der mit ihm ins Gespräch kam. Die Ernsthaftigkeit,<br />
mit der er über Fragen der Erziehung<br />
und des Zusammenlebens sprach,<br />
zeugte von seiner intensiven Auseinandersetzung<br />
mit den für ihn – und die meisten<br />
Menschen – wohl wichtigsten Fragen des<br />
Daseins.<br />
Inmitten des lauten Alltags, der für viele<br />
Menschen sehr stressig ist, so dass das Hineinfühlen<br />
in andere schier unmöglich ist,<br />
steht eine Familie, für die die Zeit angehalten<br />
zu sein scheint. Nichts ist für seine<br />
Söhne, für seine Lebensgefährtin, für seinen<br />
Vater, für seine Geschwister so, wie es<br />
einmal war. Trost darin zu finden, dass sie<br />
ihn – wenngleich für eine viel zu kurze Zeit<br />
– bei sich hatten, mit ihm leben konnten,<br />
ihn in all seinen Facetten erleben durften,<br />
dass so viele Menschen mit ihnen trauern,<br />
ehrlich trauern, wird wohl erst viel später<br />
Stütze sein können. Wo immer Martin jetzt<br />
ist, er spürt, dass wir an ihn denken, dass<br />
wir um ihn trauern.<br />
In aufrichtiger Anteilnahme<br />
Brigitte Benischke<br />
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