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03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 7 -schen Überlegungen insbesondere in Bezug auf möglicheReaktionen von Drittstaaten. Bei der Abstimmungüber das Verhandlungsmandat Ende Mai stimmten dieEP-Abgeordneten mehrheitlich dafür. Aber gleichzeitigwurde auf Drängen Frankreichs beschlossen, dassDienste mit kulturellen oder audiovisuellen Inhaltenausdrücklich vom Verhandlungsauftrag an die Kommissionausgenommen werden. Damit soll die kulturelleund sprachliche Vielfalt in der EU geschützt werden.Befremdlich wirkt der straffe Zeitplan: Am 14. Juni entschiedder EU-Rat positiv über das Verhandlungsmandatan die EU-Kommission. Die Gespräche begannenim Juli 2013 und sollen bereits Ende <strong>2014</strong> abgeschlossenwerden. Mit der Mandatserteilung an die EU-Kommission bekommt die Liberalisierung des Welthandelseinen weiteren Schub. Die Erwartungen sind hoch,dadurch auch die Krise im Euroraum leichter zu überwinden.Damit kommt ein nach wie vor großes Vertrauenin die Lenkungskraft deregulierter Märkte zum Ausdruck,die zu einem effizienten Einsatz von Arbeit undKapital führen soll. Durch eine höhere Produktivität sollmehr Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> entstehen (siehe Kasten).Es gibt gute Gründe für eine Beschränkung des ungehindertenAustauschs von Waren und Dienstleistungen.Zum einen, um den unterschiedlichen (Arbeits-, SozialundUmwelt-)Normen und Werten der am Handel beteiligtenGesellschaften gerecht zu werden, aber auch, umIndustrien und damit auch den Beschäftigten in einerfrühen Phase Schutz zu gewähren gegenüber einermöglicherweise weiterentwickelten ausländischen Konkurrenz(„Erziehungszollargument“ – Friedrich List1827, siehe Kasten).2.2 Die Bedeutung der Handels- und Investitionspartnerschaftfür die WeltwirtschaftAbgesehen davon, dass die USA für Deutschland –gemessen am Exportvolumen – der zweitwichtigsteHandelspartner sind, sprechen weitere Fakten für dieaußergewöhnliche Rolle des geplanten Abkommens(Abb. 2.1): Fast 60 Prozent der Bestände an ausländischenDirektinvestitionen (Vermögensanlagen im Auslanddurch inländische Investoren mit einem Anteil anden Unternehmen von mindestens 10 Prozent) und ca.44 Prozent der Weltproduktion in US-Dollar entfielen imJahr 2011 auf die EU und die USA zusammen.Abb. 2.1: Bedeutung des FreihandelsabkommensLiberalisierung oderSchutz der heimischen Produktion?–Kontroversen in der AußenhandelstheorieEin liberalisierter und damit wettbewerbsintensiverinternationaler Handel wurde von den klassischenÖkonomen als Idealzu<strong>stand</strong> beschrieben, da er dieWohlfahrt der am Handel beteiligten Länder erhöht.Die Idee ist dabei ganz simpel: liberalisierter, alsoungehinderter Handel führt dazu, dass die Produktein jenen Ländern hergestellt werden, die sie am kostengünstigstenherstellen können. Durch die Ausnutzungvon absoluten (Adam Smith – 1776) aber auchvon komparativen (David Ricardo – 1817) Kostenvorteilengegenüber anderen Ländern kommt es zu einerSpezialisierung der Produktion. Sollte mehr produziertwerden, als das Inland konsumiert, werden dieProdukte auf dem Weltmarkt mit Produkten getauscht,die in anderen Ländern günstiger hergestelltwerden. Insgesamt erhöht sich somit der Wohl<strong>stand</strong>der spezialisierten und am Handel beteiligten Länder.Das bekannteste Beispiel stammt von David Ricardo.Es beschreibt die vollständige Spezialisierung vonEngland auf Stoffe und Portugal auf Wein, weil Englandgegenüber Portugal einen relativen Kostenvorteilbei der Produktion von Stoffen hatte.Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile können sichauch aufgrund einer unterschiedlichen Faktorausstattungergeben und begründen eine unvollständige undwohl<strong>stand</strong>smehrende Spezialisierung der Länder(Heckscher-Ohlin-Theorem, 1919/1933). Darüber hinausbeeinflusst auch die Nachfrage Richtung undStruktur des Außenhandels und erklärt insbesondereden intraindustriellen Handel (Export und Import gleicherGütergruppen), der insgesamt wohl<strong>stand</strong>sförderndwirkt (Paul Krugman, 1979/1980).Handelsbeschränkungen und damit Schutz der inländischenWirtschaft vor ausländischer Konkurrenzverursachen in diesen Modellen Wohlfahrtsverluste.Protektionismus hat aber auch positive Seiten. Esgibt zahlreiche Beispiele dafür, dass die heutigen Industrieländersich nur deswegen so entwickeln konnten,weil sie durch Zölle vor ausländischer Konkurrenzgeschützt wurden (z.B. Schutz der USA und derdeutschen Staaten gegenüber dem fortschrittlichenEngland Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts, maßgeblichgefordert von Friedrich List 1827: „Erziehungszollargument“).Einig sind sich viele Experten auchdarin, dass der Aufhol- und IndustrialisierungsprozessChinas nur aufgrund massiver Abschottung undRegulierung des heimischen Güter- und Kapitalmarktesmöglich war. Darüber hinaus betont insbesondereDani Rodrik (2011) die Gefahr des Wohlfahrtsverlustsdurch einen demokratisch nicht legitimierten Globalisierungsprozess,der sich auf Kosten regionaler bzw.länderspezifischer Werte und Normen durchsetzt.

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