Download PDF 'Alle Geschichten' - Deutsche Guggenheim
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Name: Pia Krohs<br />
Alter: 14 Jahre<br />
Schule: Max-Eyth-Oberschule<br />
Die Sekte<br />
Die Stille war erdrückend, und die fehlende Helligkeit trug auch nicht gerade zur Beruhigung<br />
bei. Wäre er doch bloß nicht auf die Idee gekommen, den Gang nach seiner Schwester<br />
Illidan abzusuchen. Schön, sie war vielleicht verrückt, einfach auf der voll befahrenden<br />
Straße abzuhauen, vor allem ohne Grund. Doch auch sie würde sich bestimmt nicht in einer<br />
so engen und zugleich feuchten Gasse verstecken. Oder doch? Er hätte schwören können,<br />
sie hier herein laufen gesehen zu haben. Aber hätte er sie denn nicht schon längst<br />
gefunden? Was wäre, wenn ihr was passiert war? Würde er sich ohne sie nach Hause<br />
trauen? Nein! Schon heute Abend würden sie gemütlich mit heißem Kakao im Wohnzimmer<br />
sitzen und den Tag ausklingen lassen. Er bemühte sich etwas zu hören, ein Trampeln oder<br />
eine Stimme, doch da war nichts außer dem Wind, welcher sich durch die engen Winkel<br />
zwängte und verzweifelt einen Weg aus diesem Labyrinth suchte. Merkwürdig, dass es<br />
überhaupt so etwas wie ein Labyrinth aus Gassen gab, hier in London. "Illidan?! Wo bist du?<br />
Komm mach keinen Scheiß! Mutter wartet sicher schon auf uns,“ rief er in die Dunkelheit<br />
hinein. Für einen kurzen Moment glaubte er, einen Schrei zu hören. Er beschloss zu rennen.<br />
Denn wenn der Schrei von ihr kam, dann hatte er nicht mehr viel Zeit! Er glaubte, hinter<br />
einer Ecke einen Schimmer wahrzunehmen. Da musste sie sein! Als er abbog, stockte ihm<br />
der Atem. Seine Lungen schnürten sich zu als hätte jemand einen unsichtbaren Faden um<br />
seinen Brustkorb gelegt. Er sah sie, die, von denen er bislang geglaubt hatte, sie seien die<br />
Erfindung Nummer 1 der Medien. Man las in der letzten Zeit viel über sie, eine Sekte,<br />
welche sich in den Winkeln Londons versteckt hielt. Wenn er sich recht erinnerte, hießen<br />
sie "Abbadon". Er suchte seine Schwester zwischen den langen Gewändern, die aussahen<br />
als seien sie aus einem schlecht gemachten Harry-Potter-Film. Doch tatsächlich! Er traute<br />
seinen Augen kaum, Illidan befand sich wirklich unter ihnen. Seine kleine Schwester Mitglied<br />
in einer Sekte? In Gedanken versunken merkte er nicht, wie der Gesang langsam<br />
verstummte. Erst jetzt sah er wieder auf. Was er nun erblickte, war schrecklich. Seine<br />
Schwester starrte ihn an und nicht nur sie, auch die anderen Gestalten. Er musste sich<br />
irgendwie weiter bewegt haben und stand nun direkt im Sichtfeld. Er wollte fliehen, doch<br />
sein Verstand sagte etwas anderes als seine Beine. Nun musste er mit ansehen, wie einer<br />
von ihnen, der Anführer, auf ihn zukam. Kurz darauf schaute er in ein altes Gesicht. Schweiß<br />
rann ihm über die Stirn. "Wer bist du,“ der Mundgeruch, der von dem Anführer ausging, war