Download PDF 'Alle Geschichten' - Deutsche Guggenheim
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Name: Viola Malisa Schmidt<br />
Alter: 15 Jahre<br />
Schule: Sophie-Scholl-Oberschule<br />
Men waiting<br />
Trüber Tag, schreckliche Nacht und kein Geld in den Taschen. Meine Line habe ich gestern<br />
schon gezogen, deswegen habe ich heute nichts mehr übrig. Essen haben wir auch nichts<br />
mehr da. Seitdem ich seit Kurzem hier angefangen habe, in dieser einen Straße auf<br />
Arbeitsaufträge zu warten, kann ich mir manchmal sogar eine Schachtel Marlboro gönnen,<br />
doch durch das Geld steigt die Sucht, die Sucht nach mehr und so stehe ich nun hier und<br />
warte auf Arbeit, warte auf Geld, warte auf die nächste Line. H. ist nichts für mich, dafür<br />
zittere ich zu viel. Sind wohl die Nebenwirkungen des S. Ich zähle schon nicht mehr die<br />
Jahre, wie lange ich das Zeug schon ziehe. Manchmal kommt es mir vor als würde ich nichts<br />
anderes kennen als dieses stechende, kribbelnde Verlangen nach mehr. Meine erste Line<br />
hatte ich mit 17, damals hätte ich nicht gedacht, dass ich mit 23 noch immer das Zeug<br />
ziehen würde. Früher war der Stoff aber auch noch viel besser, heute kann man nicht mehr<br />
sicher sein mit, was das alles gestreckt wurde. Viel habe ich auch noch nicht ausprobiert,<br />
eher hatte ich Angst, der Trip würde mich enttäuschen, und somit bleibe ich bei dem einem<br />
Gefühl, diesem einen Gefühl was dich schweben lässt. Meine Hände fangen wieder an zu<br />
zittern. Schnell verstecke ich sie in den Seitentaschen meines verwaschenen Parkas. Wenn<br />
ein Auftrageber mich so zittern sieht, dann kann ich meine Line im Traum heute Nacht<br />
ziehen und die brauche ich jetzt nun wirklich. Fünf Tassen Kaffee habe ich schon intus, nur<br />
damit ich nicht gleich vor Müdigkeit meinem nächsten Chef in die Arme falle. Nicht nur, dass<br />
ich zittere, mir brennen meine Fingerspitzen, denn jeder, der mich kennt, weiß, dass ich,<br />
manchmal sogar unbewusst, an meinen Fingernägeln knabbere. Meistens reiße ich vor<br />
Nervosität auch die Haut um die Nägel ab. Im Moment kann ich nicht knabbern, dass liegt<br />
aber auch nur daran, da sich das ganze Nagelbett sowie die Haut drum rum entzündet hat<br />
und so jede Bewegung zu einer schmerzhaften Tortur für mich wird. Einen Junky erkennst<br />
du daran, wie seine Hände aussehen, wurde mir mal gesagt, in dem Fall bin ich wohl ganz<br />
tief drin. Ich weiß gar nicht wie ich so weit sinken konnte, dieses ganze Verharmlosen durch<br />
den täglichen Umgang und Gebrauch, ja allein die Gedanken, die sich nur noch um die<br />
Beschaffung von Drogen drehen. Manchmal spüre ich einen permanenten Schmerz in<br />
meiner Nase und im Winter, wenn ich mir mal wieder etwas eingefangen habe, ist dieses<br />
Brennen kaum auszuhalten. Doch ich will nicht weiter über meine Probleme nachdenken,<br />
das ist wohl auch der Grund, warum ich noch so gut erhalten bin, das positive Denken, es