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lassen. Die Lebensmittel hatten so lange dort gelegen, bis sie so stanken, dass man hätte<br />

umfallen können. Eines Tages hatte er sich gedacht, dass es so nicht weiter gehen konnte.<br />

Sollte er so sein ganzes Leben verbringen? Nein! Alle seine Träume und Vorstellungen vom<br />

Leben wurden täglich unterdrückt. Er wollte sich wohl fühlen. Er hätte mal wieder neue<br />

Farben an den Wänden gebrauchen können. Eine Grundreinigung wäre auch alles andere als<br />

unnötig. Der Kühlraum wollte strahlen und Spaß haben. Er wollte den Menschen Freude<br />

machen, ihnen behilflich sein und dafür gelobt werden. Das waren seine Vorstellungen von<br />

wahrem Leben. Aber irgendwann erreicht auch ein Kühlraum seine Grenzen und rastet aus.<br />

Nur auf seine Art. Dann lässt er kühle Lüfte durch sich hindurch jagen. Der Mensch, den sie<br />

streichen, denkt dann, dass ihn jemand berührt hat. So treiben sie ihn schließlich in den<br />

Wahnsinn. Das hatte der Kühlraum schließlich auch bei Jean geschafft.<br />

Doch seine Wünsche waren nicht so schnell in Erfüllung gegangen. Er hatte zwar Jean<br />

vertreiben können, aber das war nicht die Lösung seiner Probleme, denn erst einmal stand<br />

er sehr lange leer. Es schien ihm, als ob er eine Ewigkeit lang König der Seufzer gewesen<br />

wäre. Bis ein Unbekannter den Kühlraum kaufte. Es war Robin, und wie sich herausstellte,<br />

gaben sie zusammen ein perfektes Arbeitsteam ab.<br />

Begründung der Jury:<br />

Die Geschichte führt uns von Jeff Walls Fotografie sehr weit weg. Der bedrückende<br />

Ort wird schnell verlassen, um uns auf phantasievolle Weise zu verkünden, dass<br />

Menschen und Kühlräume auch gute Teams bilden können: Wer ein gutes<br />

Steak Tatar verspeisen will, ist auf die konstruktive Mitarbeit des diese Speise<br />

umgebenden Aufbewahrungsraumes angewiesen. Der gewählte Erzählstrang entwickelt<br />

einen völlig anderen atmosphärischen Hintergrund als man es bei Betrachtung von Jeff<br />

Walls Fotografie erwartet. Ob dies der mutigen Entscheidung entspringt, die<br />

diesbezüglichen Erwartungen nicht zu befriedigen oder mehr das Ergebnis unbändiger<br />

Phantasie ist, ist hier nicht zu ergründen. Entscheidend ist vielmehr die erfrischende und<br />

unterhaltsame Weise, in der wir durch die sprachlich und inhaltlich recht homogene<br />

Kurzgeschichte geführt werden.<br />

Sabine Triebel, Mitglied der Jury

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