WerDer_Charly_1
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Auf dem politischen Parket spielte sich 1946 folgende Szene ab<br />
Am 19. September 1946 nur zwei Tage vor der Hochzeit meiner Eltern zelebrierte Sir Winston Churchill in<br />
Zürich seine beeindruckende Rede. Dabei lieferte er den Medien eine Showeinlage, indem er auf dem Münsterhof<br />
auf seinem Spazierstock seinen Hut balancieren liess. Als man dem britischen Premier ein Glas Champagner<br />
reichte, meinte Churchill: „Bei einem Sieg hat man ihn verdient, bei einer Niederlage braucht man den<br />
Edelschaumwein erst recht." Diese Bilder und Worte gingen damals durch die ganze Weltpresse.<br />
Beide Gesten des britischen Premiers, die Balance mit dem Hut und den Champagner-Spruch, passten im<br />
Nachhinein gesehen zum Leben meiner Eltern. Sie balancierten und meisterten das Eheleben, die Zweisamkeit fast<br />
gekonnt, und sie gründeten ihre eigene Familie, gleichzeitig floss auch ab und zu der Champagner aus dem eigens<br />
angelegten gut bestückten Weinkeller im Untergrund an der KS-7 in Cham.<br />
Diese historischen Bilder entstanden in den Morgenstunden des 21. Septembers 1946 im Café Schultheis in Cham,<br />
bevor die Trauung von Karl und Rosa in der Kirche St. Jakob zelebriert wurde.<br />
Am 21. September 1946, nur gerade zwei Tage nach Churchills Auftritt in Zürich, heirateten meine Eltern.<br />
Karl Werder junior der Zweite führte seine hübsche Rosa Scherer in der Pfarrkirche zu St. Jakob in Cham an den<br />
Traualtar. Begleitet von Lina Scherer, einer der Schwestern meiner Mutter, und Kurt Naunheim, dem Bruder von<br />
Werner Naunheim, als Nebenhochzeiter sowie flankiert durch Hansjörg und Annagret Werder in Funktion von<br />
Blumenkindern.<br />
Für die Taxifahrten verpflichtete das Brautpaar das Autohaus der Firma Reck an der Sinserstrasse, Cham.<br />
Diverse Oldsmobile standen am Hochzeitstag für die Gäste im Einsatz. Gross gefeiert wurde im Restaurant Bären<br />
im ersten Stock. Dort wartete schon dessen Wirtin Rosa Baumgartner-Brandenberg (1895 bis 1958), genannt Bären-<br />
Anna, eine gute Freundin der Familie Werder-Müller, auf das frischgebackene Brautpaar mit dessen Gefolge. Die<br />
hochzeitslustige Rosa trug ein weisses langes Tüllkleid mit aufgestelltem Schleier. Eine aus Gold gefertigte<br />
Halskette, versehen mit einem Kreuz, und ein Strauss weisser Nelken schmückten damals die Braut. Karl der<br />
Zweite, ausgestattet in schwarzer Schale und weisser Krawatte, gefertigt im Schneideratelier der Geschwister<br />
Widmer aus Cham, war an der Seite der schönen Rosa sichtlich stolz. Das Geschehen der Festivitäten hielt Fotograf<br />
Marfurt mit seiner Kleinbildkamera in Schwarz-Weiss fest. Im Anschluss ging es dann auf die Hochzeitsreise nach<br />
St. Moritz und Milano, exakt auf den Pfaden meiner Grosseltern, welche dieselbe Hochzeitsreise in ihrer Erinnerung<br />
mittrugen.<br />
Eine Statistik aus dieser Zeitepoche sagt uns, dass rund 60 Prozent der Bekanntschaften auf Hochzeiten<br />
gemacht würden. Das trifft auch perfekt auf meine Eltern zu. Karl Werder und Rosa Scherer lernten sich anlässlich<br />
der Hochzeit von Willy und Maria Wyss-Scherer (Mutters Schwester) am Donnerstag, 17. Mai 1945, an deren<br />
Festivitäten im benachbarten Steinhausen kennen.<br />
Karl und Rosa wurden damals kurzfristig als Nebenbrautpaar zu dieser Hochzeit aufgeboten.<br />
Mit ziemlicher Sicherheit hat das schwarze Kabinett kurzfristig eine eigene Entscheidung mit der Zielsetzung,<br />
den Karl und die Rosa zu verkuppeln, getroffen. Das behaupteten damals mehrere Zeitgenossen,<br />
die an besagter Hochzeit im Gasthaus Rössli in Steinhausen Gäste waren.<br />
Auch meine Eltern haben mir den nicht durchschaubaren Handel mit ihnen als Menschen bestätigt.<br />
Wer ? der <strong>Charly</strong> Lebenswerk I 81