antriebstechnik 3/2018
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PREDICTIVE MAINTENANCE I SPECIAL<br />
„Spannende<br />
Zukunft“<br />
Quo vadis Predictive Maintenance? –<br />
Ein Kommentar von Prof. Dr. Georg Jacobs<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Georg Jacobs ist Leiter<br />
des Instituts für Maschinenelemente und<br />
Systementwicklung an der RWTH Aachen<br />
ie vorausschauende Instandhaltungsplanung<br />
auf Basis des prädiktierten<br />
D<br />
Komponentenzustands wird meist kurz als<br />
Predictive Maintenance bezeichnet. Sie soll<br />
die Instandhaltungskosten gegenüber der<br />
leistungs- oder zeitgesteuerten, vorbeugenden<br />
Instandhaltung senken. Obwohl sich<br />
Industrie und Forschung seit vielen Jahren<br />
bemühen, Condition-Monitoring-Systeme<br />
zu entwickeln, ist die Vorhersage des aktuellen<br />
Zustandes der relevanten Bauteile<br />
einer Ma schine immer noch eine technische<br />
Herausforderung. Geeignete Messsignale<br />
müssen früh genug auf mögliche<br />
Schäden hinweisen, eine Lokalisierung des<br />
geschädigten Bauteils erlauben und trotz<br />
Fertigungs- und Montagestreuung bei<br />
gleichzeitig veränderlichen Betriebsbedingungen<br />
der Maschinen eindeutige Aussagen<br />
liefern. Meist kommt Sensorik zur Messung<br />
von Schwingungen und Geräuschen,<br />
Schmierstoffzuständen und Temperaturen<br />
zum Einsatz. Beispiels weise kann der Zustand<br />
der Laufflächen von Wälzlagern bereits<br />
heute durch marktgängige Condition-Monitoring-Systeme<br />
zuverlässig bewertet werden.<br />
Zunehmend wird versucht, die Aussagekraft<br />
der Signale der CM-Sensorik durch<br />
Fusion mit anderen auf der Maschine verfügbaren<br />
Signalen zu verbessern. Dazu<br />
werden Verfahren der Mustererkennung<br />
angewandt, deren Training jedoch oft<br />
durch die Anzahl verwertbarer Schadensfälle<br />
limitiert ist. Zum Teil werden große<br />
Datenmengen (Big Data) gesamter Maschinenflotten<br />
betrachtet, um durch Machine-<br />
Learning-Algorithmen systematische Konstruktions-<br />
und Fertigungs fehler und folglich<br />
drohende Reparaturen zu identifizieren.<br />
Neue, oft preisgünstige Sensoren, erweiterte<br />
Auswerteverfahren (Edge Computing) und<br />
vereinfachte Datenübertragung eröffnen<br />
neue Möglichkeiten für Zustands- und<br />
Schadensanalysen. Beispielsweise wird<br />
aktuell die Identifikation der Rissentstehung<br />
unterhalb der Werkstoffoberflächen bei<br />
Ermüdungsfrühausfällen an Wälzlagern<br />
durch Schallemission untersucht. Obwohl<br />
die prinzipielle Funktion nachgewiesen ist,<br />
bestehen hinsichtlich der Aussagesicherheit<br />
noch offene Fragen.<br />
Ein vergleichsweiser frischer, grundlegend<br />
anderer Ansatz ergibt sich aus der Berechnung<br />
verbleibender Restlebensdauern.<br />
Dabei macht man sich zu Nutze, dass im<br />
Zuge von Industrie 4.0 immer mehr Informationen<br />
zur tatsächlichen Lasthistorie<br />
einer Maschine vorliegen. Die Nachrüstung<br />
von Maschinen mit geeigneten, oft<br />
schon kabellosen Lastsensoren nimmt<br />
„Individuelle modell- und betriebsdatenbasierte<br />
Verfügbarkeitssicherung wird zum Wettbewerbsvorteil.“<br />
stetig zu. Durch Einspeisung weniger Lastdaten<br />
in leistungsfähige Simulationsmodelle<br />
ganzer Maschinensysteme können,<br />
unter Extra polation der Lasthistorie,<br />
die tatsächlich verbleibenden Bauteillebensdauern<br />
rechnerisch ermittelt werden.<br />
Es ist vielfach belegt, dass das individuelle<br />
Gebrauchsdauerverhalten der<br />
Maschinen oft deutlich anders ist, als das<br />
bei der Produktentwicklung – mit oft verallgemeinerten<br />
und tendenziell hohen<br />
Lastanforderungen – berechnete. Entsprechend<br />
groß ist das Potenzial für<br />
Predictive Maintenance!<br />
Es bedarf keiner besonderen Prädiktions-<br />
Künste um der Predictive Maintenance eine<br />
spannende Zukunft im Kontext von Industrie<br />
4.0 und zunehmend modellbasierter<br />
Produktentwicklung vorherzusagen. z<br />
46 <strong>antriebstechnik</strong> 3/<strong>2018</strong>