Society 365 / 2014
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KUNST & KULTUR<br />
MONTENEGRO<br />
Fotos: www.montenegro.travel<br />
von den Johannitern nach Rhodos gebracht wurde.<br />
Bis zum Jahre 1523 blieb sie auf der Insel.<br />
Als der türkische Sultan Suleiman, der Große,<br />
Rhodos im Jahre 1523 erobert hat, erlaubte er dem<br />
ritterlichen Orden der Johanniter (den späteren von<br />
Rhodos und von Malta) die Ikone mitzunehmen. Danach<br />
brachten die Johanniter die Ikone nach Italien<br />
und später nach Frankreich.<br />
Im Jahre 1530, als die Ritter ihren neuen Sitz auf<br />
Malta erhielten, wanderte die Ikone dorthin und<br />
blieb auf der Insel bis 1798, also fast 270 Jahre lang.<br />
Auf Malta wurden der Ikone ebenfalls wundertätige<br />
Mächte, insbesondere während kriegerischen Auseinandersetzungen,<br />
zugeschrieben.<br />
Als Napoleon 1798 Malta okkupierte, gelangte<br />
die Ikone über Triest nach Russland (Moskau und St.<br />
Petersburg), wo der russische Zar Paul I. gerade zum<br />
Schutzherrn des Ordens und sein Großmeister (vom<br />
Papst aber nicht anerkannt) geworden war. Dort verkleidete<br />
man die Ikone mit Gold, Diamanten, Rubinen<br />
und Saphiren. Dasselbe geschah auch mit den<br />
anderen zwei Reliquien, der Hand des Johannes des<br />
Täufers und dem Stück des Heiligen Kreuzes.<br />
In Russland blieb die Ikone bis zur Revolution<br />
1917, dann aber wanderte sie über Estland nach Kopenhagen,<br />
wo sie bis 1928 blieb, und dann nach Berlin,<br />
bis sie schließlich als russisches Geschenk 1929<br />
nach Belgrad kommt. Dort wurde die Ikone zusammen<br />
mit den anderen zwei Reliquien am Hof des Königs<br />
Aleksandar Karadjordjevic bis 1941 aufbewahrt.<br />
Als Nazi-Deutschland am 6. April 1941 Belgrad<br />
bombardierte, wurden die Heiligtümer von König<br />
Petar II. Karadjordjevic bei seiner Flucht aus Jugoslawien<br />
dem montenegrinischen Kloster Ostrog<br />
anvertraut. Dort wurden sie fast vier Jahrzehnte<br />
versteckt gehalten, und erst 1978 wurde die Ikone<br />
dem Nationalmuseum in Cetinje übergeben sowie<br />
die anderen zwei Reliquien (die Hand des Johannes<br />
des Täufers und das Stück des Heiligen Kreuzes)<br />
dem Kloster von Cetinje.<br />
Hier sind einige bekannte Orte der langen Reise<br />
der Reliquien der letzten zehn Jahrhunderte<br />
aufgezählt: Rhodos, Italien, Frankreich, Malta,<br />
Moskau, St. Petersburg, Estland, Kopenhagen, Berlin,<br />
Belgrad, das Kloster Ostrog (Montenegro) und<br />
letztlich Cetinje (Montenegro).<br />
•<br />
Das Kloster Ostrog<br />
Das im 17. Jahrhundert in 900 Meter Höhe in den<br />
steilen Felsenwänden erbaute Kloster Ostrog ist der<br />
größte Wallfahrtsort in Montenegro. Das Kloster<br />
dient als Versammlungsort der orthodoxen, islamischen<br />
und katholischen Glaubensgemeinschaft.<br />
In dem Kloster ruhen seit 1671 die Reliquien<br />
des Heiligen Vasilije. Er war ein großer Held, ein<br />
Heiler und Wundertäter. Nachdem man viele Geschichten<br />
über die im Kloster geschehenen Wunder<br />
erzählt bekommt, wird das Kloster Ostrog von<br />
Gläubigen aller Religionen besucht. Man glaubt,<br />
dass die Reliquien des Heiligen Vasilije von Ostrog<br />
Wunder wirken. Das Kloster vermittelt den Besuchern<br />
einen unvergesslichen Eindruck.<br />
•<br />
Malteser-Ritter-Orden<br />
Der ritterliche Orden des Heiligen Johannes<br />
von Spital zu Jerusalem wurde im 11. Jahrhundert<br />
zur Zeit der Kreuzzüge gegründet. Der Orden existiert<br />
heute noch und besteht aus einem evangelischen<br />
Zweig, dem Johanniterorden, und einem<br />
katholischen Zweig, dem Malteserorden. Die Verbindung<br />
zwischen den beiden Ordenszweigen<br />
blieb durch die Jahrhunderte bestehen.<br />
•<br />
Montenegro und der Ritter Orden<br />
Der Souveräne Malteser-Ritter-Orden hat seinen<br />
Sitz in Rom (seit 1834) und genießt dort einen<br />
extraterritorialen Status.<br />
Der Orden unterhält diplomatische Beziehungen<br />
mit über hundert Ländern der Welt, auch mit<br />
Montenegro. Im November 2007 hat der montenegrinische<br />
Außenminister dem Großmeister des<br />
Malteser Ordens einen offiziellen Besuch abgestattet.<br />
Im Jahr 2009 hat der Orden mit Montenegro<br />
ein „Postal Agreement“ unterzeichnet.<br />
Die Ikone „Mutter Gottes von Philermos“ ist<br />
die Schutzherrin des Souveränen Malteser-Ritter-<br />
Ordens. Sie ist ein Grund, warum oft Vertreter des<br />
Ordens die alte montenegrinische Thronstadt Cetinje<br />
aufsuchen um der Ikone, welche hinter sich<br />
eine turbulente, einzigartige und interessante Geschichte<br />
durchgemacht hat, die verdiente Ehre zu<br />
erweisen. Das Nationalmuseum von Montenegro<br />
in Cetinje beherbergt in einem eigens für sie gestalteten<br />
Raum, einer besonderen „Blauen Kapelle“,<br />
die berühmte Ikone der Mutter Gottes von Philermos.<br />
Diese Ikone stellt eines der bedeutsamsten<br />
wundertätigen Heiligtümer der christlichen Welt<br />
dar. In metaphysischem Blau der Blauen Kapelle<br />
hat die Ikone den Frieden ihrer letzten Zufluchtsstätte<br />
gefunden.<br />
•<br />
Die Ikone Mutter Gottes<br />
von Philermos ist die<br />
einstige Schutzherrin<br />
der Insel Rhodos. Seit<br />
dem Zweiten Weltkrieg<br />
wird sie in Montenegro<br />
aufbewahrt.<br />
ÜBER DEN<br />
AUTOR<br />
Botschafter Dr. Ranko<br />
Vujacic studierte Elektrotechnik<br />
in Graz und<br />
Berlin und ist Absolvent der<br />
Diplomatischen Akademie<br />
in Wien. Er war als Direktor<br />
bei der UNIDO (United<br />
Nations Industrial Development<br />
Organization) lange<br />
Zeit in der Wiener UNO-<br />
City tätig. 2011 gründete er<br />
die Diplomatische Akademie<br />
in Montenegro, wo er<br />
bis 2013 als Direktor tätig<br />
war. Botschafter Dr. Vujacic<br />
ist „Special Envoy of the<br />
Minister of Foreign Affairs<br />
and European Integration<br />
of Montenegro to UNIDO“<br />
in Wien.<br />
SOCIETY 1_<strong>2014</strong> | 159