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Society 365 / 2014

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In Zusammenarbeit<br />

mit dem<br />

BravDa <strong>2014</strong> 1/2 1<br />

KUNST & KULTUR<br />

PORTRÄT<br />

Fotos: Rose Gabriel De La Lyre<br />

schon, indem sie sich quer durch die Geschichte<br />

gefällig und verführerisch kleiden, schminken<br />

und diese, ihre Kunst kostbar und kaum diskutierbar<br />

ist, da alles gesagt wird, auf Wirkung zielt.<br />

In seinem „Lob der Schminke“ stellt der französische<br />

Dichter Charles Baudelaire (1821-1867)<br />

schon im 19. Jahrhundert fest: „die Frau hat sogar<br />

die Pflicht, magisch und übernatürlich zu erscheinen;<br />

sie soll erstaunlich sein und voller Reiz; ein<br />

Götzenbild, muss sie mit Gold sich schmücken,<br />

auf dass sie angebetet werde.“ (s. Anm.)<br />

Dieser Vorgabe entsprechen sowohl die prächtigen<br />

Werke von Ernst Fuchs wie auch jene von Rose<br />

Gabriel De La Lyre, und dies einte sie im Geiste. So<br />

widmen sich sowohl Ernst Fuchs wie auch sie in<br />

akribischer Feinmalerei ihren Sujets.<br />

•<br />

Frauen als Leitfiguren<br />

De La Lyre sucht sich Frauen als Leitfiguren, die<br />

ihren Weg gingen, starke Frauen und solche, die<br />

schicksalhaft scheiterten, wie die überaus begabte<br />

Malerin und Bildhauerin Camille Claudel (1864-<br />

1943), die unglückliche Geliebte und Muse des<br />

Bildhauers Auguste Rodins, den ersten „Glamourstar“,<br />

die Schauspielerin Sarah Bernhardt (1844-<br />

1923), eine Frau, die als überspannt und exzentrisch<br />

galt und zahlreiche Liebhaber, wie z. B. den<br />

Illustrator Gustave Doré, hatte. Weiters beliebt<br />

sie die französische Schauspielerin Isabelle Adjani<br />

(1955) zu nennen, die heute zur französischen<br />

Schauspielerinnen Aristokratie zählt. Diese war es<br />

auch, die als Französin algerischer Abstammung<br />

den Mut hatte, für das Verbot des traditionellen<br />

islamischen Kopftuchs an französischen Bildungseinrichtungen<br />

einzutreten. Rose de La Lyre nennt<br />

aber auch die legendäre Päpstin Johanna, die historisch<br />

nicht nachweisbar ist.<br />

Sie alle entsprechen einer Vorstellung von<br />

„Frau“, die aus der Alltäglichkeit abgehoben ist,<br />

eine überhöhte, phantastische Wesenheit, die in<br />

einer Wunderwelt lebt und zumal schicksalhaft<br />

zerbricht.<br />

Ausgehend von all diesen Überlegungen verschiebt<br />

und steigert auch De La Lyre in ihrer Kunst<br />

die Realität ins Phantastische. Ihre Bilder zeigen<br />

Frauenträume zwischen Ver- und Enthüllung. Sie<br />

steigert in ihrem Werk die Wirklichkeit, lenkt von<br />

der Realität ab und all das Dargestellte entspricht<br />

dem Phantastischen – nichts ist wahr, sondern ist<br />

nur eine geschönte, aber ideale Sicht!<br />

Auch erhebt sie in ihren Arbeiten den Anspruch<br />

auf Metaphysisches und der Zauber ihrer Werke<br />

entspricht der Sentimentalität einer mystisch duftenden<br />

Parfümeriereklame. Sie weckt durch ihre<br />

Darstellung die Neugierde auf jenen Menschen,<br />

der dahinter steckt – sich selbst. Ihr Sein wirkt da<br />

magisch eingefroren und ihr verträumter Blick ist<br />

weit in die Vergangenheit, also auf die mädchenhafte<br />

Zeit vor dem Sündenfall, gerichtet.<br />

Sie produziert Seelenporträts und im Hintergrund<br />

lauert der stille Aufschrei gegen Unterdrückung,<br />

der Wunsch nach Anerkennung und das<br />

Selbstporträt von Rose Gabriel De<br />

La Lyre, 2013<br />

BravDa<br />

Seit 1993<br />

<strong>2014</strong> 1/2<br />

Odeon, seit 1988 das unkonventionellste Avantgardetheater Wiens<br />

Leitung: Ulrike Kaufmann und Erwin Piplits<br />

Szene aus „PaRaDiSo“, einem fulminanten Zauber magischer Bilder Foto: Max Kaufmann<br />

Inhalt:<br />

25 Jahre Odeon Nie Kitsch aus Nikitsch: Über Gerhard Gutruf<br />

Das Serapions-Ensemble Art and Ecology in Community<br />

Von der ewigen Wiederkehr Panta Rhei<br />

Funeral Art, der 5. Abend Eine Pariserin in Wien<br />

Das Licht der Sonne um Mitternacht Karl Renner und der Februaraufstand 1934<br />

Durch den Tod zum Smaragdberg Die 7 Zwerge und die Wirtschaftskrise<br />

Dante und die Templergnosis Die dritte Guckkastengalerie des K.V.S.O.<br />

Dante, Shakespeare, Goethe und die Traditionskette Schnelle Vierzig. Das NÖ Kulturforum<br />

Jakob De Chirico: F.I. Spara sulla Democracia<br />

BravDa - Organ gegen Kulturdiktat und intellektuelle Einebnung<br />

ÜBER BRAVDA<br />

Das satirische Kunstblatt<br />

BravDa (nicht Prawda) von<br />

Prof. Gotthard Fellerer ist<br />

1993 erstmalig erschienen<br />

und fusionierte im Dezember<br />

2000 mit den Kulturzeitschriften<br />

Art-Service<br />

und „707“, einem Kultblatt<br />

der 1970er Jahre. BravDa<br />

erscheint mindestens viermal<br />

im Jahr, durchleuchtet<br />

radiologisch das Geschehende<br />

und ist mehr als nur<br />

brav-da. Im Humor von<br />

BravDa steckt ein Impuls<br />

von notwendiger Nach- und<br />

Umdenklichkeit.<br />

www.bravda.net<br />

Recht auf die weibliche Interpretation von „Sein“.<br />

In ihren Darstellungen stellt sie entweder die abgehobene<br />

ätherische Seelenschönheit, oder die<br />

Dulderin dar, die gegen den Zeitgeist kämpft, aber<br />

zugleich als feministische „femme fatales“ agieren<br />

möchte.<br />

Somit kam es dazu, dass man die Vermutung<br />

hegen könnte, dass die jungen Damen in ihren Bildern<br />

in einer mädchenhaften Cinderella-Schneewittchen-Traumwelt,<br />

heute würde man sagen<br />

„Barbiewelt“, leben.<br />

Dargestellt wird immer die Urfrau Eva, vor<br />

dem Biss in den Apfel, zu dem der naive Adam<br />

überredet, ja verführt wird, um die Welt und die<br />

Frau zu erkennen. Nach dem Biss erkennt er – und<br />

dann ist es so, wie es dann ist.<br />

Diese Art der Malerei, die verführerische, mystische<br />

Keusch- und Reinheit, die Schönung der<br />

Wirklichkeit, begeisterte und begeistert auch heute<br />

noch die Mehrheit der Kunstbetrachter, da weder<br />

analytisches Erkennen und Vergleichen noch<br />

Vorwissen gefragt wird.<br />

Diese Bilder, auch die von Rose Gabriel De La<br />

Lyre, beantworten ungefragt alle Fragen, und das<br />

Gedankengut verwirklicht sich in antikisierenden,<br />

orientalisch anmutenden, hintergründigen<br />

Phantasien. Somit holt sich der Beschauer beim<br />

Betrachten die von der Künstlerin vorfabrizierten<br />

Vorstellungen ab und stimuliert so angenehm<br />

seine eigene Phantasie. Geboten wird die schöne<br />

Oberfläche und im Verborgenen bleibt die Absicht.<br />

Immer schon erweckte das Verbotene, das<br />

Unerreichbare, das ästhetisch abgehobene Schöne<br />

Neugierde und stimulierte die Phantasie. So<br />

durften die Besucher der Albertina in Wien in der<br />

„Langen Nacht der Museen“ die Bilder von Rose<br />

Gabriel De La Lyre schauen und dabei im Geiste<br />

die verfeinert überhöhten, nach Parfüm, Plüsch<br />

und Tabak duftende Pariser Luft der Rose De La<br />

Lyre schnuppern!<br />

•<br />

Dieser Text ist in der Kulturzeitschrift BravDa erstmals<br />

erschienen. Gekürzte Fassung mit freundlicher Genehmigung.<br />

Anmerkung:<br />

Charles Baudelaire, Lob der Schminke, aus:<br />

Baudelaires Werke Bd. IV, Übersetzung Max Bruns,<br />

Verlag J.C.C. Bruns, Abhandlung zur Ästhetik der<br />

Malerei, o.J., Minden/Westfalen, S. 314<br />

Fotoporträt Prof. Ernst<br />

Fuchs von Rose Gabriel De<br />

La Lyre<br />

SOCIETY 1_<strong>2014</strong> | 163

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